Essen-Bergerhausen. Jugendliche von der Elsa-Brändström-Realschule in Essen erleben deutsche Geschichte in Polen. Was sie besonders bewegt und berührt hat.
„Es ist sehr bedrückend, an einem Ort zu sein, an dem tausende Menschen getötet wurden. Das, was wir dort gesehen haben, wird im Kopf bleiben.“ Der 16-jährige Dean wirkt nachdenklich, als er sich an das Erlebte erinnert. Gemeinsam mit 15 weiteren Schülerinnen und Schülern der Jahrgänge 9 und 10 der Elsa-Brändström-Realschule in Essen hat er vor den Sommerferien die Gedenkstätte des ehemaligen deutschen Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau in Polen besucht.
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Im Rahmen der „Stolpersteine AG“ hatten Eva Groth, Lehrerin für Religion und Deutsch, und Daniel Kauffeldt, Lehrer für Geschichte und Deutsch, die Schülerinnen und Schüler auf die Gedenkstättenfahrt vorbereitet. Es sei die erste Fahrt dieser Art an der Schule gewesen: „Mit einer klassischen Klassenfahrt ist das nicht zu vergleichen. Es sollten gezielt Unterrichtsinhalte veranschaulicht werden“, so Kauffeldt und Groth ergänzt: „Den Ort zu besuchen, über den man im Unterricht gesprochen hat, macht die Thematik viel greifbarer. Auf diese Weise kann man Dinge erleben und verstehen, die im Unterricht nicht vollständig vermittelt werden können.“
Konzentrationslager mitten in der Zivilisation
Er habe vorher schon viel über das Konzentrationslager in Auschwitz gewusst, sei dann vor Ort jedoch an vielen Stellen über die Zustände erschüttert gewesen, in denen die Menschen leben mussten, sagt Dean: „Es war erschreckend, wie die Juden untergebracht waren. Sie mussten auf engstem Raum schlafen, neben ihren Fäkalien. In den Betten gab es keine Matratzen oder Decken. Außerdem mussten die Menschen im schwerkranken, abgemagerten Zustand arbeiten. In unserer heutigen Zeit ist es unvorstellbar, so zu leben.“
Sthephany (15) und Hailey (15) waren zudem von der Lage der Gedenkstätte überrascht, hatten sie zuvor doch die Vorstellung gehabt, die Gedenkstätte läge fernab der Zivilisation. „Wir dachten, dass das KZ irgendwo ganz versteckt und abgeschieden im Wald liegt. Dabei befindet es sich heute mitten im Geschehen, und drumherum ist alles so modern. Das hatten wir so nicht erwartet.“
Entsetzt habe die Schüler auch die Tatsache, dass die Menschen in Auschwitz nicht nur, wie vielen zuvor bekannt war, vergast wurden, erzählt Dean: „Dass Juden dort auch erschossen wurden und durch Strom umgebracht wurden, wusste ich vorher nicht. Schrecklich und schockierend ist außerdem, dass auch viele Kinder dort waren.“ Ein besonders beklemmendes Gefühl hätten die persönlichen Dinge der getöteten Menschen ausgelöst – Schuhe, Brillen, Koffer –, die sich noch im Konzentrationslager befinden, erzählt Sthephany.
Essener Schüler reflektieren KZ-Besuch gemeinsam
Lehrerin Groth hat die bedrückte Stimmung bei den Schülerinnen und Schülern ebenfalls wahrgenommen: „Auf dem Weg zur Gedenkstätte führten wir Gespräche miteinander, die jedoch mit dem Betreten des Geländes sofort verstummten. Wir alle mussten nach dem Besuch viel verarbeiten. Am Abend war eine ausführliche, gemeinsame Reflexion nötig.“
Geschichtslehrer Kauffeldt war selbst ebenfalls zum ersten Mal in Auschwitz und ist nachhaltig beeindruckt: „Auch wir Lehrer brauchten nach dem Besuch ein paar Tage, um das, was wir dort gesehen haben, zu verarbeiten.“
Auch wenn es für die Schülerinnen und Schüler „heftige Eindrücke“ gewesen seien, die sie aus Polen mitgenommen haben, sei eine Erinnerungskultur enorm wichtig, betont Groth. Holocaust-Leugner kann Dean seit seinem Besuch der Gedenkstätte noch viel weniger verstehen als zuvor: „Ich kenne Leute, die glauben, dass es den Holocaust nicht gegeben hat. Diesen Leuten kann ich nur raten, sich das KZ in Auschwitz einmal anzusehen und ihre Sichtweise dringend zu überdenken.“
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