Essen-Stoppenberg. Auf eine Parzelle im Stoppenberger Kleingarten muss man lange warten. Wer einmal eine bekommen hat, gibt sie deshalb so schnell nicht wieder her.
Gepflegte Hecken – natürlich nicht zu hoch! –, ordentlich angelegte Wege, Obstbäumchen, hübsche Sträucher, Gemüsebeete und üppig blühende Blumen: Willkommen in der Stoppenberger Kleingartenanlage. Viele wünschen sich hier (oder in einem anderen Verein) ein Gärtchen – doch die Warteliste ist lang. Denn wer einmal eine Parzelle ergattern konnte, gibt sie in der Regel so schnell nicht wieder her. So wie Günter Smolinski.
„Man wird ja nie fertig“, sagt er. Und weiß, wovon er da spricht. Fertig wird er nämlich schon seit 43 Jahren nicht. So lange ist es her, dass er seine Parzelle bekam, damals, als die Anlage, die heute aus 256 Gärten besteht, gerade entstand. So ein Kleingarten habe ihn erst gar nicht interessiert, erzählt der 80-Jährige: „Ich hatte genug Arbeit mit dem Garten von meinem Vater, in der Zechenkolonie, wo wir gewohnt haben.“
Erste Kleingärtner in Essen-Stoppenberg kämpften mit Lehm, Schutt und Kies
Dann aber half er einem Kollegen dabei, seinen Kleingarten anzulegen, und irgendwie packte es ihn auch: 1977 trat er in den Stoppenberger Kleingärtnerverein ein, 1980 bekam er einen eigenen Garten. Zuerst baute er eine Terrasse, überdachte sie mit einer Plane, die er später durch ein stabileres Plastikdach ersetzte. Als 1981 die erste Gartenparty anstand, „mit dem Kegelclub“, pflanzte er „ein paar Blümchen, um es gemütlicher zu machen: Man konnte ja nicht im Lehm sitzen“.
„Hau mal ruhig rein, Hauptsache Grün!“
Denn ganze „Lehmberge“ waren es, aus denen Günter Smolinski und andere damals ihre Gartenflächen herausarbeiteten. Neben Kies und Lehm vom Aushub der U-Bahn-Strecke sei auf dem Gelände in den 1960er Jahren auch Schutt vom Abriss des alten Rathauses angekippt worden, erzählt Smolinski. Ein altes Foto zeigt ihn auf seiner Parzelle: Es sieht aus, als habe jemand Gartenlauben auf einen umgepflügten Acker gesetzt.
Doch schnell machte Smolinski aus dem Stück Acker eine kleine Oase. Auf dem Gelände des heutigen Lidl-Supermarktes sei ein „Grüner Markt“ gewesen, erzählt er. Dort hätten sie, die Kleingarten-Pioniere, alle eingekauft. „Die haben uns auch Tannen aus dem Urlaub mitgebracht.“ Dass ein Waldbaum neben dem Gemüsebeet mehr schadet als nutzt, darüber habe man sich dann erst später Gedanken gemacht. Die Devise unter den Garten-Enthusiasten: „Hau mal ruhig rein, Hauptsache Grün!“
Essener Kleingärtner baut im Garten in Stoppenberg auch Spargel an
Bis heute hat Günter Smolinski seinen Garten dreimal komplett umgestaltet: Auf der 320 Quadratmeter großen Parzelle, gelegen am Kumpelweg Nummer 229, wachsen Erdbeeren, Kartoffeln, Kohlrabi, Rhabarber und Obstbäume, im Gewächshaus gibt es Tomaten und Gurken, sogar eigenen Spargel hat er. „Die Pflanze ist aber schon 20 Jahre alt“, sagt Smolinski, der Spargel werde jedes Jahr ein bisschen kleiner. In diesem Jahr hat er ihn einfach wachsen lassen: „Ich bin etwas im Rückstand mit der Gartenarbeit“, erklärt er bedauernd. „Die Laube könnte auch mal wieder einen Anstrich gebrauchen.“ Er werde eben älter, so einfach sei das alles nicht mehr, der Körper mache ja auch nicht mehr so mit wie früher.
Sechsundreißigeinhalb Jahre hat Günter Smolinski unter Tage gearbeitet, erst als Bergmann auf Zollverein, dann als Ausbilder. Sein Vater war Bergmann, der Bruder auch. „Nach der Schicht wurde schnell was gegessen, dann ging es sofort in den Garten: Unkraut jäten und so weiter.“ Jeden Tag.
Sein Kleingarten-Nachbar Marc Büker handhabt es ganz ähnlich – mit dem Unterschied, dass er seine Arbeit als EDV-Experte sogar direkt im Garten erledigen kann. Homeoffice sei Dank. So ändern sich die Dinge.
Was sich hingegen nicht geändert hat: die Sache mit den Regeln. Schon in den 1980er Jahren habe der Verein eine Satzung mit allerlei Vorgaben gehabt, „die ja auch ihren Sinn haben“, wie der Vorsitzende Heiner Engels erklärt. Beispiel Hecke: Die Gärten müssten untereinander erreichbar bleiben, für Notfälle, für technische Probleme, für Situationen eben, in denen von außen eingegriffen werden müsse. Ist die Hecke höher als erlaubt, könne das zum Problem werden.
„Wir rennen jetzt nicht mit dem Zollstock herum“, sagt Engels. Aber es müsse sich eben alles im Rahmen halten. Wie auch bei der Drittel-Regelung: Ein Drittel Grünfläche, ein Drittel Ziergarten, ein Drittel Gemüse. Das sei per Gerichtsurteil so vorgeschrieben. Und gilt auch für einen altgedienten Kleingärtner wie Günter Smolinski, sollte er seinen Garten mal wieder umgestalten. Doch Smolinski winkt ab: ein viertes Mal ist nicht geplant. Ist auch so genug zu tun im Garten.
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