Essen. Der Fall einer Krankenschwester, die einem Patienten eine Überdosis gab, ist verstörend. Laut Uniklinik ist die Medikamentengabe streng geregelt.
Zu drei Jahren und drei Monaten Gefängnis ist jetzt (3. Juli) eine Krankenschwester verurteilt worden, weil sie einem Krebspatienten an der Uniklinik Essen absichtlich eine viel zu hohe Dosis eines Medikaments verabreicht hatte. Der 65-Jährige konnte nur durch die sofortige Gabe eines Gegenmittels gerettet werden. Der Fall, der sich bereits vor zwei Jahren abspielte, ist verstörend und beunruhigt Patienten. Wir haben mit dem Uniklinikum Essen daher darüber gesprochen, wie die Medikamentengabe organisiert wird. Dazu gibt es strenge Regeln.
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Diese waren auch der Krankenschwester bekannt. Doch sie ärgerte sich, dass in der elektronischen Patientenakte eine Dosis von 40 Millilitern angegeben war, obwohl es 40 Tropfen hätten sein müssen. Der Fehler war schon am Vorabend aufgefallen und thematisiert worden. Eine Korrektur war jedoch zunächst offenbar nicht möglich, da gerade ein EDV-Update lief. Darum war die korrekte Dosierung wohl nur mündlich über die Krankenschwestern weitergegeben worden.
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„Ein Organisationsverschulden hat sicherlich zum Teil auch vorgelegen“, folgerte die Richterin am Essener Landgericht. Ausschlaggebend war jedoch, dass die Krankenschwester „den Ärzten einen Denkzettel verpassen“ wollte. „Um das zu erreichen, hat sie kaltblütig den Tod eines unschuldigen Patienten in Kauf genommen.“ Die Uniklinik zeigte die Mitarbeiterin an, so kam der Prozess ins Rollen. Im November 2022 hatte sich die Krankenschwester vor dem Arbeitsgericht Essen noch vergeblich gegen ihre Kündigung gewehrt.
So ist die Gabe von Medikamenten an der Uniklinik Essen organisiert
Gegen Kaltblütigkeit und Vorsatz kann sich naturgemäß kein Krankenhaus hundertprozentig absichern; Schlamperei und fehlerhafte Anordnungen können jedoch lebensgefährlich sein und sollten daher zwingend auffallen. Grundsätzlich gilt die Medikamentengabe als sensibler und streng kontrollierter Aufgabenbereich. Auf Nachfrage hat uns die Uniklinik Essen erklärt, wie diese organisiert ist.
Wer ist in der Uniklinik für das Verordnen von Medikamenten verantwortlich? Und wie werden diese Anordnungen weitergegeben?
Für das Verordnen von Medikamenten sind Ärztinnen und Ärzte verantwortlich. Das Anordnen erfolgt entweder handschriftlich oder digital. Sollte im Einzelfall eine mündliche Anordnung erforderlich sein, wird diese vom Pflegedienst verschriftlicht und beim nächsten Zeitpunkt durch Unterschrift des ärztlichen Dienstes quittiert.
Die verordneten Medikamente müssen für jeden Patienten sorgfältig zusammengestellt und pünktlich verabreicht werden. Wer ist für Stellen, Verabreichen, Dokumentieren der Medikamente verantwortlich? Welche Standards gelten dabei. Dürfen das auch Auszubildende machen?
Das Stellen, Verabreichen und Dokumentieren der Medikamente übernimmt der Pflegedienst. Die Regeln sind in der Verfahrensanweisung zur Arzneimittelsicherheit niedergelegt: richtiger Patient, richtiges Arzneimittel, richtige Dosierung, richtige Verabreichungsform, richtiger Zeitpunkt und richtige ärztliche Verordnung.
Auszubildende zur Pflegefachfrau/zum Pflegefachmann dürfen je nach Ausbildungsstand unter Anleitung Medikamente stellen, verabreichen und dokumentieren. Dies gilt nicht für das Stellen von Chemotherapeutika und intravenösen Medikationen.
Nur Ärzte und Ärztinnen dürfen Schmerzmittelpumpen bedienen
Gibt es Kontrollmechanismen, um mögliche Fehler in der Anordnung zu bemerken?
Die Arzneimittel sind dreimal vor Verabreichung auf Richtigkeit zu überprüfen. Am Anordnungs- und Verabreichungsprozess sind mit Arzt oder Ärztin und dem Pflegedienst zwei Berufsgruppen beteiligt. Elektronische Anordnungssysteme können zudem Hinweise auf mögliche Abweichungen geben.
Gibt es Medikamente, die ohne vorherige ärztliche Anordnung von Pflegekräften verabreicht werden können?
Nein.
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In dem nun vor Gericht verhandelten Fall, hatte die Krankenschwester dem Patienten eine Überdosis Polamidon verabreicht. Dabei handelt es sich um ein Opioid. Werden auch andere Opioide und starke Schmerzmittel, die potenziell süchtig machen, von Pflegekräften verabreicht oder gibt es Medikamente, die ausschließlich von Ärzten verabreicht werden dürfen? Wer ist zum Beispiel für das Verabreichen über Schmerzmittelpumpen verantwortlich, und sind solche Pumpen gesichert?
Pflegefachpersonen dürfen auch Opioide verabreichen. Verantwortlich für das Verabreichen von Medikamenten über eine Schmerzmittelpumpe ist der Facharzt des Akutschmerzdienstes. Solche Pumpen sind vor Überdosierung gesichert.
Keine zivilrechtlichen Ansprüche gegen die Uniklinik geltend gemacht
Das Uniklinikum hat die Krankenschwester angezeigt, die dem Patienten im Juli 2022 absichtlich eine Überdosis gegeben hat. Ist der Patient zivilrechtlich gegen die Uniklinik vorgegangen?
Gegen das UK Essen wurde zivilgerichtlich nicht vorgegangen.
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