Essen/Mülheim. Die „Schutzgemeinschaft gegen Fluglärm Essen und Mülheim“ kritisiert die Wende pro Flughafen – und findet deutliche Worte.

Mit einer Mischung aus Wut und Fassungslosigkeit reagiert die „Schutzgemeinschaft gegen Fluglärm Essen und Mülheim“ auf die jüngste politische Wendung in Sachen Flughafen Essen/Mülheim. CDU und Grüne wollen den Landeplatz auf den Ruhrhöhen, wie berichtet, über das Jahr 2034 hinaus erhalten. Der erstmals 1990 vom Rat der Stadt gefasste Ausstiegsbeschluss wäre damit hinfällig.

Auf Unverständnis stößt bei der Schutzgemeinschaft dabei insbesondere die Haltung der Grünen, die mit einem Ja zum Flughafen eine radikale Wende vollziehen. „Die Grünen haben jahrzehntelang an unserer Seite für die Schließung des Flughafens gekämpft. Nun, wo es an die Schließung geht, machen sie das Gegenteil“, kritisiert Thomas Haffner, 1. Vorsitzender der Schutzgemeinschaft. „Diese Partei hat ihren Kompass völlig verloren.“

In Essen und Mülheim stehen Ratsbeschlüsse zum Fortbestand des Flughafens an

In der Tat schien es lange Zeit ausgemachte Sache, dass der Flughafen aufgegeben wird, wenn 2034 die verbrieften Rechte der Sportflieger des Aero-Club auslaufen. Essen und Mülheim wären als Eigentümer des Flughafens dann nicht länger verpflichtet, den Flugbetrieb aufrechtzuerhalten. Von dem politischen Kurs rückte zunächst die CDU ab, der die Grünen nun folgen. Auch die schwarz-grüne Mehrheit will für den Fortbestand des Flughafens votieren. Entsprechende Ratsbeschlüsse stehen in beiden Stadträten an.

Damit nicht genug: Auch Starts und Landungen von Düsenflugzeugen sollen nach dem Willen von CDU und Grünen in Essen/Mülheim in Zukunft möglich sein, was eine neue Betriebsgenehmigung erforderlich macht. Ein Instrumentenlandesystem, das Starts und Landungen auch bei schlechten Witterungen möglich macht, soll „so schnell wie möglich“ installiert werden; so formulierte es jüngst Fabian Schrumpf, Vorsitzender der Essener CDU-Ratsfraktion im Gespräch mit der Presse. Es wäre die Abkehr von einem Tabu. Bislang sind Jets auf dem Verkehrslandeplatz nur in medizinischen Notfällen zugelassen, etwa für den Transport lebenswichtiger Organe.

Nur ein kleiner Teil des Flughafengeländes soll nach dem Willen von CDU und Grünen für die Ansiedlung von Gewerbebetrieben genutzt werden.
Nur ein kleiner Teil des Flughafengeländes soll nach dem Willen von CDU und Grünen für die Ansiedlung von Gewerbebetrieben genutzt werden. © www.blossey.eu / FUNKE Foto Services | Hans Blossey

Pläne, den Flughafen durch Gewerbe und Wohnen zu ersetzen, sind passé

Ihren Kurswechsel begründet die schwarz-grüne Mehrheit mit Planungssicherheit, die eine wirtschaftliche Entwicklung des Flughafens möglich mache. Entwürfe, weite Teile des 131 Hektar großen Flughafen-Areals für Wohnen und Gewerbe zu nutzen, mit denen sich Vertreter beider Städte in diversen Workshops beschäftigt hatten, dürften damit in den Akten verschwinden. Nur zwölf Hektar des Geländes sollen noch für die Ansiedlung von Gewerbebetrieben genutzt werden.

  • Die Lokalredaktion Essen ist auch bei WhatsApp! Abonnieren Sie hier unseren kostenlosen Kanal: direkt zum Channel!

Beim Flugbetrieb setzen CDU und Grüne auf die Entwicklung emissionsarmer Flugzeuge, etwa durch Elektroantrieb. Die Zahl der Flugbewegungen soll auf den heutigen Stand von rund 60.000 pro Jahr beschränkt werden. Rote Zahlen soll der Flughafen aber nicht mehr schreiben; zuletzt lag das Minus bei 600.000 Euro pro Jahr.

Die Schutzgemeinschaft sieht im Fortbestand des Flughafens kein öffentliches Interesse

Thomas Haffner spricht von „Nebelkerzen“. Der Flughafen habe eine Betriebspflicht und deshalb auf die Zahl der Flugbewegungen keinen Einfluss, betont er. Die Entwicklung von Elektro-Flugzeugen sei bislang über Prototypen nicht hinausgekommen. Auch, weil es keine Lösung für das enorme Gewicht der Batterien gebe, das die Maschinen tragen müssten. Es bleibe dabei: Fliegen sei die klimaschädlichste Art der Fortbewegung.

Eine Fortführung des Flugbetriebes über 2034 hinaus liege nicht im öffentlichen Interesse, betont Haffner einmal mehr. Davon profitieren würde in erster Linie eine sehr kleine Minderheit, die sich Fliegen als Hobby leisten könne. Zahlen, die ein wirtschaftliches Potenzial des Flughafens belegen sollen, nennt der Sprecher der Schutzgemeinschaft nicht belastbar. Das finanzielle Risiko, das beide Städte eingingen, sollten sie am Flughafen festhalten, sei hingegen absehbar. Dies betreffe nicht nur das erwartbare Defizit, das es aus auszugleichen gelte, sondern notwendige Investitionen in die Infrastruktur. Die Betreibergesellschaft des Flughafens FEM beziffert diese auf zwölf Millionen Euro. Die Schutzgemeinschaft geht davon aus, dass dies nicht reichen dürfte.

Der gemeinsame Ratsantrag von CDU und Grünen sei schlicht unseriös, resümiert Haffner. „Mich wundert, dass sie glauben, sie könnten damit durchkommen.“ Denn eine Verlängerung des Flugbetriebes und dessen Ausweitung auf Strahlflugzeuge mache ein langwieriges Planfeststellungsverfahren und damit eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich. Die Öffentlichkeit wäre an einem solchen Verfahren zu beteiligen. „Da kommen wir ins Spiel“, sagt Haffner für die Schutzgemeinschaft, die seinen Worten nach regen Zuspruch erhält, seit CDU und Grüne ihre Pläne für einen Fortbestand des Flughafens öffentlich gemacht haben. Haffner: „Viele sind jetzt wach geworden.“

[Essen-Newsletter hier gratis abonnieren | Folgen Sie uns auch auf Facebook, Instagram & WhatsApp | Auf einen Blick: Polizei- und Feuerwehr-Artikel + Innenstadt-Schwerpunkt + Rot-Weiss Essen + Lokalsport | Nachrichten aus: Süd + Rüttenscheid + Nord + Ost + Kettwig und Werden + Borbeck und West | Alle Artikel aus Essen]