Essen. Kanzler Jens Meinen war neu an der Uni, dann kam Corona, danach der Hacker-Angriff. Was dem Verwaltungs-Chef der Uni gelungen ist und was nicht.

Uni-Kanzler Jens Andreas Meinen (55) verlässt im Sommer die Uni Duisburg-Essen vorzeitig und wird Kanzler der Universität Heidelberg. Diese Nachricht kam im März ziemlich überraschend. Der noch amtierende Verwaltungs-Chef der Hochschule war zuvor in verschiedenen Verwaltungsfunktionen tätig gewesen in Osnabrück, Bremen und Münster. Im August 2019 trat er im Ruhrgebiet an, zog mit seiner Partnerin nach Rüttenscheid. Jetzt verlässt er die Region und sprach mit uns über seine Gründe und die Eindrücke, die er in den letzten fünf Jahren gewonnen hat.

Herr Meinen, Sie wurden für zehn Jahre zum Kanzler der Uni Duisburg-Essen gewählt und gehen jetzt nach fünf Jahren. Warum?

Sagen wir so: Ich konnte nicht widerstehen. Ich habe eine Anfrage aus Heidelberg erhalten, ohne mich aktiv darum zu bemühen. Ich habe zugesagt, obwohl ich hier im Ruhrgebiet eine wirklich aufregende, aber auch gute Zeit hatte. Ich habe lange überlegt und dann mit meiner Partnerin, die übrigens aus Heidelberg kommt, mich schweren Herzens entschieden, meine Amtszeit früher als geplant aufzugeben. Wir gehen mit einem lachenden und einen weinenden Auge.

Warum bezeichnen Sie die Zeit an der Uni Duisburg-Essen als aufregend?

Ich kam 2019, kurz vor Corona. Die Pandemie brach aus, als ich mitten in meinen Antrittsbesuchen war. Manche Antrittsbesuche habe ich dann erst 2021 beenden können. Es war nicht immer leicht, eine Uni-Verwaltung aus dem Home Office heraus zu leiten, vor allem dann, wenn man viele Beteiligte noch gar nicht kennt. Als Corona dann einigermaßen vorüber war, kam der Hacker-Angriff im November 2022. Dieser Angriff steckt vielen von uns heute noch in den Knochen. Es war ein ungeheuer frustrierendes Erlebnis, weil wir Opfer von vollkommen sinnloser Sabotage und Zerstörung wurden.

Wie haben Sie diese schwierigen Lagen bewältigt?

Mich macht stolz, dass wir als Uni nach dem Hacker-Angriff trotzdem wenige Wochen später 120.000 Prüfungen abhalten konnten. Mich hat beeindruckt, wie die Menschen im Ruhrgebiet Herausforderungen angehen: Da wird nicht lange palavert, sondern einfach gemacht. Auch deshalb, wegen der besonderen Mentalität der Menschen im Ruhrgebiet, fällt mir der Abschied durchaus nicht leicht.

Was hat Sie am meisten überrascht, als sie 2019 aus Münster kamen?

Wie viel beachtliche Kultur es im Ruhrgebiet gibt. Andere Städte würden mit ihren Museen und Konzerthallen noch viel mehr hausieren gehen. Ich finde, dass das Ruhrgebiet sich weiter unter Wert verkauft. An der Uni Duisburg-Essen, glaube ich, machen wir auch in dieser Frage derzeit gute Fortschritte.

Was meinen Sie damit?

Die Hochschullandschaft im Ruhrgebiet ist außerordentlich und hat sehr viel vorzuweisen. Die Universitäten haben mit der Bildung der Universitätsallian Ruhr und anderen Forschungsverbünden angefangen, dieses Selbstbewusstsein stärker wirklich zu leben. Auch die Uni Duisburg-Essen kann und wird noch viel attraktiver werden, bundesweit, für interessierte Studienanfänger. Dass die Uni Duisburg-Essen sich positioniert als Hochschule, die für einen Bildungsaufstieg steht, weil viele der Studierenden die ersten in ihren Familien sind, die akademische Laufbahnen einschlagen, finde ich richtig. Aber die Uni Duisburg-Essen ist auch in der Forschung in vielen Bereichen hervorragend, und auch im Exzellenzwettbewerb sind wir eine Runde weitergekommen. Das muss und wird sich noch weiter herumsprechen, da bin ich ganz sicher.

Konkret: Was ist Ihnen gelungen?

Wir haben einen Masterplan für die bauliche Entwicklung der Hochschule entwickelt für die nächsten 15 Jahre. Das klingt nüchtern, ist aber ein Meilenstein. In Essen wird auf dem Gelände des abrissreifen Parkhauses ein Lehr- und Lernzentrum entstehen, das viel mehr ist als nur eine Bibliothek. An der Schützenbahn entsteht eine Chemie-Didaktik, die Maßstäbe setzen wird. In Duisburg bin ich zuversichtlich, dass in absehbarer Zeit der Neubau des Ingenieur-Campus kommt.

Und was ist Ihnen nicht gelungen?

Wir hätten, besonders in baulichen Angelegenheiten, an vielen Stellen schneller sein können, und ich wäre gerne weiter gewesen. Doch das haben Corona, der Hackerangriff und auch der Ukraine-Krieg mit seinen Folgen auf den Märkten verhindert. Allein durch den Cyber-Angriff, so nüchtern muss man es sagen, haben wir leider in wichtigen Entwicklungsfragen etwa ein Dreivierteljahr verloren.

Was wünschen Sie der Uni Duisburg-Essen?

Ich bin sicher, dass sie weiterhin sehr erfolgreich sein wird und dass sie, ebenso wie die anderen Hochschulen im Ruhrgebiet, künftig noch selbstbewusster an die Stärke der Wissenschaft glaubt. Die Region hat hier, habe ich in den fünf Jahren beobachtet, noch Nachholbedarf.

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