Essen. Eine 12-Jährige aus Syrien wird nach Essen geschickt, nach islamischem Recht verheiratet. Sie erlebt schwere Gewalt. Nun ist ihr Mann angeklagt.
Das kleine Mädchen aus Syrien war angeblich erst zwölf, als es nach Deutschland kam. Die Familie hatte es einem Cousin der Mutter versprochen. Wer der Mann ist, wusste das Kind nicht. Die beiden hatten sich nie getroffen. Die Verlobung fand am Telefon statt. Jetzt steht der 22-Jährige in Essen vor Gericht. Die Anklage hat es in sich.
Mädchen kam aus Syrien zur Heirat nach Essen
Es war im Dezember 2021, als das Mädchen auf die weite Reise nach Essen geschickt wurde. Die Hochzeitsfeier war bereits vorbereitet, die Ehe wurde nach islamischem Recht geschlossen. Das neue Zuhause der Zwölfjährigen war nun eine Wohnung im Essener Stadtteil Altendorf – an der Seite eines ihr völlig unbekannten Mannes.
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Schon die Hochzeitsnacht muss laut Anklage schlimm gewesen sein. Doch der Albtraum soll angeblich immer weitergegangen sein. Im Prozess geht es um schwerste Missbrauchstaten, um Drohungen und Gewalt.
Mann soll gedroht haben: „Ich bringe Dich um.“
„Ich bring‘ Dich zurück nach Syrien, wenn du nein sagst.“ So oder so ähnlich soll der Angeklagte seine junge Ehefrau schon einen Tag nach der Hochzeit unter Druck gesetzt haben. Wenn sie weinte und flehte, raunzte er sie angeblich an: „Du hast das nicht zu entscheiden. Ich will das.“
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Auch von Schlägen ist in der Anklage die Rede. Einmal soll der heute 22-Jährige der Zwölfjährigen sogar ein Kabel um den Hals gelegt und so lange zugezogen haben, bis sie keine Luft mehr bekam. Ein anderes Mal soll er ihr eine Scherbe an den Hals gehalten und sie ins Schlafzimmer gezogen haben. Dabei fielen laut Anklage diese Worte: „Ich bringe dich um.“
Der Angeklagte schweigt
Zum Prozessauftakt am Essener Landgericht hat sich der Angeklagte nach Rücksprache mit seinem Verteidiger Andreas Kabut noch nicht zu den Vorwürfen geäußert. Auch zwei seiner Brüder sitzen inzwischen in Untersuchungshaft. Sie sollen damals nach Syrien gereist sein, um die Kinder-Ehe zu arrangieren.
Die Bedenken des Vaters, seine Tochter sei doch noch zu jung, wurden angeblich ignoriert. Warum die Eltern die Hochzeit überhaupt zugelassen haben, ist unklar.
Geburtsdatum gefälscht
Nach der Einreise in Deutschland hatte der Angeklagte dem Jugendamt Essen eine Heiratsurkunde vorgelegt. Dort war als Geburtsdatum der 1. Januar 2005 angegeben. Danach wäre das Mädchen damals schon knapp 17 gewesen. Die Staatsanwaltschaft geht allerdings davon aus, dass die Urkunde gefälscht und das Geburtsdatum frei erfunden war.
Weil das Mädchen aber in jedem Fall noch nicht volljährig war, wurde ihm damals eine Betreuerin an die Seite gestellt. Genau dieser Frau soll sie sich später offenbart haben.
Besondere Sicherheitsmaßnahmen
Der syrische Angeklagte sitzt inzwischen seit einem halben Jahr in Untersuchungshaft. Er lebt seit seiner Jugend in Deutschland, hat hier auch seinen Schulabschluss gemacht.
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Im Vorfeld des Prozesses soll es sogar zu Bedrohungen gekommen sein. Für das Strafverfahren gelten deshalb besondere Sicherheitsvorkehrungen. Der gesamte Bereich vor dem Sitzungssaal war zum Prozessauftakt von den Wachtmeistern abgesperrt worden.
Mädchen muss aussagen
Die Staatsanwaltschaft hatte sogar beantragt, die Öffentlichkeit für die gesamte Dauer des Prozesses auszuschließen, um das Mädchen nicht zu gefährden. Das haben die Richter der 5. Strafkammer aus rechtlichen Gründen abgelehnt.
Die laut Anklage inzwischen 14-Jährige soll am nächsten Verhandlungstag als Zeugin aussagen. Neben der Öffentlichkeit wird dann wohl auch der Angeklagte den Sitzungssaal während der Vernehmung verlassen müssen. Mit einem Urteil ist voraussichtlich Anfang Juli zu rechnen.
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