Essen. Kaiser Wilhelm regiert das Land aus Berlin, aber in Essen wird bestimmt, wo es wirtschaftlich langgeht: vom Imperium der Krupps.

Sie gilt als die erste Gartenstadt Deutschlands und war ein Muster für familienfreundliches Wohnen von Arbeitern im damals aufblühenden Ruhrgebiet. Noch heute ist die Margarethenhöhe im Essener Südwesten ein begehrtes Viertel, in dem viele Menschen sicher gerne leben möchten. In der historischen Siedlung allerdings ein Häuschen zur Miete zu ergattern ist fast so schwierig, wie einen Sechser im Lotto zu landen. Die Idee zur Siedlung zwischen Stadt und Wald hatte vor über 100 Jahren die Frau des seinerzeit wichtigsten Industriellen Deutschlands.

Krupp traut seiner Frau Firmenführung nicht zu

Als ihr Mann Friedrich, Sohn des Firmengründers Alfred, 1902 stirbt, verfällt Margarethe Krupp nicht ewig in Trauer. Für die aus adligem Hause stammende Witwe des Essener Stahlbarons ist es nichts, nur das angenehme Leben auf dem Hügel im Essener Süden zu genießen. Sie braucht eine Aufgabe, in der Arbeitswelt allerdings ist die Zeit für Frauen noch nicht gekommen. In seinem Testament hält Friedrich Krupp, der die letzten Jahre vor seinem etwas mysteriösen Ableben auf der italienischen Insel Capri verbringt und über den Gerüchte über eine Vorliebe für Männern kursieren, seine gebildete und blitzgescheite Gattin sogar kurz. Das Krupp-Imperium soll so lange von den Direktoren geführt werden, bis die älteste Tochter Bertha, die Firmenerbin, volljährig und somit geschäftsfähig ist.

Die Wohnsiedlung Margarethenhöhe bot den Arbeitern von Krupp, aber auch anderen Menschen aus Essen, eine neue, komfortable Art zu wohnen.
Die Wohnsiedlung Margarethenhöhe bot den Arbeitern von Krupp, aber auch anderen Menschen aus Essen, eine neue, komfortable Art zu wohnen. © www.blossey.eu / FUNKE Foto Services | Hans Blossey

Margarethe Krupp weiß um ihre Rolle in der Gesellschaft, was nicht bedeutet, dass sie sich darin still fügt. „Frau Geheimrätin“, wie sie von den Männern in den Führungspositionen bei Krupp angesprochen wird, lässt sich nicht nur über die Firmengeschäfte am Laufenden halten, sondern schmiedet alsbald eigene Pläne.

Margarethenhöhe feierlich eingeweiht

Ihr Interesse gilt der Architektur, insgesondere Gartenstädte nach englischem Vorbild haben es ihr angetan. Krupp tut viel für seine Arbeiter, wer Geldnöte oder andere Sorgen hat, kann immer in die regelmäßige Sprechstunde der Witwe kommen. Es dauert bis 1906, ehe sie endlich auch ihre persönlichen Vorstellungen verwirklichen kann. Zur Hochzeit ihrer Tochter Bertha stiftet Margarethe Krupp der Stadt Essen über 100 ha Land in der Nähe des schönen Mühlbachtals. Und dann baut Georg Metzendorf, ein junger Architekt aus Heppenheim in Südhessen, „ihren eigenen Hügel“. Kurz nachdem die ersten Häuser fertig sind, erhält die Siedlung, zu der auch ein Einkaufsladen und ein Marktplatz gehören, in einer feierlichen Zeremonie der Stadt Essen unter Oberbürgermeister Wilhelm Holle sogar ihren Namen: „Margarethenhöhe“.

Der Hülsmannshof im Mühlbachtal stand schon, bevor die Wohnsiedlung Margarethenhöheg ebaut wurde.
Der Hülsmannshof im Mühlbachtal stand schon, bevor die Wohnsiedlung Margarethenhöheg ebaut wurde. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Die in Hagen aufgewachsene Autorin Birgit Ebbert erzählt in „Die Königin von der Ruhr“ die Geschichte von Margarethe Krupp - einer Frau, die vor mehr als einem Jahrhundert ihrer Zeit voraus war und in der Ruhrmetropole Essen heute immer noch präsent ist. 1938 weitestgehend fertiggestellt und im zweiten Weltkrieg nahezu vollständig zerstört, wurde die Margarethenhöhe ab 1946 in ihrer historischen Bauweise wieder hergestellt und 1948 zum eigenständigen Stadteil Essens. Das Erbe von Stifterin Margarethe Krupp wirkt auf „ihrem Hügel“ aber bis heute - nachzuverfolgen in einem lesenswerten Roman.

Autorin Birgit Ebbert hat Margarethe Krupp, der „Königin von der Ruhr“, ein würdiges, fast 500 Seiten starkes Porträt gewidmet.
Autorin Birgit Ebbert hat Margarethe Krupp, der „Königin von der Ruhr“, ein würdiges, fast 500 Seiten starkes Porträt gewidmet. © NRZ

Verlosung

Birgit Ebbert: „Die Königin von der Ruhr“. Margarethe Krupp und die Gründung der Margarethenhöhe. Bastei Lübbe, Paperback, ISBN: 978-3-7577-0008-9, 493 Seiten, 15,- Euro. Hier verlosen wir drei Exemplare.