Essen. Julian Sproßmann ist Queen-Fan von Kindheit an. Bei einer spektakulären Auktion in London hat der Essener eine besondere Erinnerung ergattert.
Wenn es sich Familie Sproßmann im Wohnzimmer gemütlich macht, dann ist ein Teil von Freddie Mercury immer mit im Raum. Denn auch 32 Jahre nach seinem Tod hat der Sänger der Kultband Queen seinen Fans immer noch viel zu geben. Die grandiose Musik sowieso. Aber auch sein beträchtlicher Nachlass hat in den vergangenen Wochen für eine der spektakulärsten Auktionen gesorgt, die Sotheby‘s wohl je erlebt hat.
Mehr als 1400 persönliche Erinnerungsstücke – vom legendären Königsmantel bis zum bekritzelten Song-Manuskript – wurden in London versteigert. Dass es einer dieser heiß umworbenen Gegenstände auch nach Essen geschafft hat, kann Queen-Fan Julian Sproßmann manchmal selbst noch nicht fassen. „Da sind schon viele glückliche Zufälle zusammengekommen.“
Der junge Essener Unternehmensberater sitzt an diesem Vormittag im elterlichen Wohnzimmer und schenkt Kaffee aus. „Auch eine Tasse?“ Den dazu gereichten Untersetzer benutzt man gerne. Denn die zwei schwarz lackierten Beistelltischchen, die seit ein paar Wochen im Wohnzimmer von Familie Sproßmann stehen, gehörten einst – Freddie Mercury.
Die Sammlung reicht von Kimonos bis zu Katzenfigürchen
Rückblende: Als der exzentrische Rocksänger am 24. November 1991 stirbt, hinterlässt er nicht nur ein gigantisches musikalisches Œuvre, sondern auch eine riesige Sammlung : Kostbares Mobiliar, Kimonos und Katzenfigürchen, Porzellan, Bilder, Originalpartituren, der Flügel undundund. In seinem letzten Zuhause, der Garden Lodge im Londoner Stadtteil Kensington, ist diese Mischung aus Privatmuseum und Wunderkammer lange untergebracht. Bis sich Mercurys langjährige Vertraute Mary Austin entscheidet, dieses riesige Konvolut zugunsten von Freddie Mercurys Stiftung und der Elton John Aids Foundation zu versteigern. Als Julian Sproßmann davon hört, ist er elektrisiert: „Ich habe alle Hebel in Bewegung gesetzt, um dabei zu sein!“
Dabei ist der Essener noch nicht mal auf der Welt, als Mercury begraben wird. Doch mit der Musik von Queen wird Julian Sproßmann groß. Mama Andrea lässt die Greatest Hits nicht nur laufen, wenn sie den Sohn zum Sport oder zur Schule fährt. Beim Karaoke an der Uni sind die Queen-Songs ein Muss. Auch auf den jüngeren Bruder färbt die Queen-Begeisterung ab. „Nur mein Vater ist eher Rolling Stones-Fan“, lächelt der 28-jährige Essener und streicht in Erinnerung an die legendäre Versteigerung ein paar Flusen vom Tisch.
Es ist September, als sich Mutter und Sohn auf den Weg nach London machen, um sich dieses einzigartige Ereignis nicht entgehen zu lassen. Sie sind nicht allein. 2000 Bieter aus 76 Ländern sind angereist, wissen die Sproßmanns. Selbst Mercurys Film-Alter Ego Rami Malek schaut vorbei.
Während die Interessenten ihre Angebote in den ersten zwei Tagen auch online abgeben können, wollen die Essener die letztmals an einen Ort versammelten Dinge auch sehen. Doch die Ausstellung ist schon geschlossen. Ein freundlicher Mensch schließt trotzdem auf und zeigt auf Wunsch gleich noch mal eines der Exponate, die Krone, die Mercury auf der letzten Queen-Tour 1986 als Bühnenoutfit getragen hat. Unerschwinglich. Sogar der silberne Schnurrbartkamm geht später für eine sechsstellige Summe weg.
Aber selbst wer in der Auktion nicht auf Gold und Silber setzt, muss viel blechen. 40 Millionen Pfund spielt die Auktion am Ende ein. Und sogar der Serviettenring, den die Sproßmanns zunächst noch für erschwinglich halten, geht für ein Hundertfaches des Schätzpreises weg. Mutter und Sohn sind schon wieder mit ein wenig Ernüchterung im Gepäck in Essen angekommen, als sich am letzten Auktionstag doch noch die einmalige Chance bietet. Da stehen die beiden schwarz lackierten Tischchen plötzlich im Netz. Und – verrückt genug – keiner bietet mehr mit. „Es war eines der letzten Stücke und Freitagnachmittag. Womöglich hat es keiner so richtig mitgekriegt“, fasst Julian Sproßmann die Verwunderung zusammen. Ein paar Tage später setzt er sich ins Auto und packt die zwei Ecktischen auf den Rücksitz, die auch noch prima zum Sofa passen und nun ganz selbstverständlich zur Einrichtung dazugehören.
Manche Sammler wollen sich ein eigenes kleines Mercury-Museum aufbauen
Eine Abstellgelegenheit mit leichten Gebrauchsspuren, an der jetzt viele Erinnerungen hängen. An Freddie Mercury, aber auch an diese Auktions-Atmosphäre, wo man sich zwar leidenschaftlich überbietet, aber doch wie eine große, fast familiäre Gemeinschaft begegnet. Auch ein brasilianischer Geschäftsmann gehört dazu, der sich in der Heimat nun ein eigenes kleines Mercury-Museum aufbauen will. Traurig sei es ja schon, dass die gesamte persönliche Habe des Weltstars nun in alle Winde verstreut sei, findet Andrea Sproßmann. Und am Ende doch nicht alle Stücke bei eingeschworenen Mercury-Liebhabern, sondern hier und da auch als Spekulationsobjekte auch auf Ebay gelandet sind.
Für Julian Sproßmann kommt das nicht infrage. Ein Stück Hausrat von Freddie Mercury gehört nun zum eigenen Leben dazu. Und immer, wenn die Musik von Queen erklingt, „hört man sie jetzt ein bisschen anders“, findet der 28-Jährige, der zum Jahreswechsel ganz im Sinne seines Vorbesitzers vielleicht sogar mal ein Gläschen Champagner auf den neuen Tischchen abstellt.
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