Essen. Nach Tragödie mit zwei Toten in Essen: Betrüger nutzen die Einsamkeit von Männern und Frauen aus. So läuft der Heiratsschwindel übers Internet.

Betrüger nutzen schon seit jeher die Einsamkeit von Menschen aus. Was früher der klassische „Heiratsschwindler“ war, ist wegen der Vernetzung durchs Internet längst ein globales Phänomen international operierender Banden geworden. Seit Jahren warnen Polizei und Opferschutz-Organisationen wie der „Weiße Ring“ vor dem Phänomen „Love Scamming“ oder „Romance Scamming“.

Aktuell warnt die Polizei Essen vor solchen Maschen, nachdem sie öffentlich machte, dass ein Vater (55) seine Tochter (19) getötet und sich danach selbst umgebracht hatte – offenbar weil er Opfer einer ghanaischen „Love Scamming“-Bande geworden war und erpresst wurde.

„Love Scamming“: Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema

In einem Satz: „Love Scamming“ – was ist das?

„Der Begriff beschreibt die Betrugsmasche, wenn Personen mittels gefälschter Profile in sozialen Netzwerken Kontakt zu Liebesuchenden aufnehmen, um diese finanziell zu schädigen“, heißt es auf einer Informations-Seite der Opferschutzorganisation „Weißer Ring“.

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Lernen sich Täter und Opfer im Laufe des Betrugs tatsächlich kennen?

Nein. Über Chat-Programme, E-Mails und möglicherweise auch Telefonate wird den Opfern Sympathie, Wertschätzung und wahre Liebe vorgespielt. Mittlerweile spielen Übersetzungsprogramme im Internet eine große Rolle, die digitale Dialoge (Chats) simultan übersetzen. So entsteht der Eindruck, die Männer und Frauen am anderen Ende der Leitung sprechen Deutsch.

Wer ist Opfer?

Sowohl Männer als auch Frauen. In der Regel wird mit gekauften oder gestohlenen Fotos gearbeitet, die angeblich jene Menschen zeigen, die sich für den anderen interessieren. „Den Opfern wird Sympathie und Wertschätzung entgegengebracht und schließlich die große Liebe vorgespielt. Die Opfer fassen Vertrauen, erwidern die Zuneigung und kommen den finanziellen Forderungen der Betrüger nach, obwohl sie die Täter niemals persönlich kennengelernt haben“, teilt der Weiße Ring mit.

Wie groß ist der Schaden?

Oft geben die Opfer ihr gesamtes Erspartes her oder nehmen Kredite auf – die Schadenssummen liegen häufig im fünfstelligen Bereich.

Wie oft kommen solche Fälle vor?

Die Polizei erfährt längst nicht alle Vorgänge, weil sich viele Opfer aus Scham nicht melden. Das sind zwei bedeutendere Fälle aus der jüngsten Vergangenheit:
Eine Frau (56) aus Mülheim hatte in einem Dating-Portal „Hans Schmidt“ kennengelernt, der sich als 60-Jähriger ausgab. Seine Lügengeschichte: Er wohne seit seiner Kindheit in Großbritannien, habe dort bei einem Unfall Frau und Kind verloren und müsse demnächst nach China, um medizinische Artikel einzukaufen. Die Versicherung habe er nicht komplett bezahlen können – ob sie, seine Bekanntschaft aus Mülheim, aushelfen könne? Über einen angeblichen Anwalt wurde die Zusendung des Geldes in zwei Tranchen vereinbart. Irgendwann meldete sich „Hans Schmidt“ nicht mehr, erst dann wurde die 56-Jährige misstrauisch.

„Die Betrüger schaffen es erstaunlich schnell, die umgarnte Person emotional abhängig zu machen“, konstatiert die Polizei.

Noch ein Fall: In Essen-Borbeck brachte ein unbekannter Betrüger eine 64-Jährige um ihr gesamtes Erspartes, es geht um eine Euro-Summe im hohen, fünfstelligen Bereich. Der Mann hatte die Frau im Internet kennengelernt, textete auch über WhatsApp mit ihr. Seine Story: Er sei Bauingenieur aus Duisburg mit deutsch-amerikanischer Staatsangehörigkeit. Er sei für Tunnel-Arbeiten im Ausland. Mehrfach bat er die Borbeckerin, ihm finanziell auszuhelfen, weil er angeblich im Ausland keine Überweisungen tätigen könne.

Was kann man tun?

Niemals Geld überweisen an jemanden, den Sie persönlich gar nicht kennen. Falls Sie Verdacht schöpfen und den Kontakt zum Betrüger abbrechen wollen: Im Zweifel neue Handy-SIM-Karte zulegen, Kontakt rigoros abbrechen. Sammeln Sie Daten – also E-Mails, Fotos, Chatverläufe und so weiter auf einem externen Datenträger und übergeben Sie ihn gegebenenfalls der Polizei. Melden Sie das Profil beim Seitenbetreiber, falls es noch nicht gelöscht wurde. Damit können Sie andere vor diesem Trickbetrüger bewahren. Erstatten Sie außerdem Anzeige bei der Polizei.

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