Essen-Altenessen. Sie spielte unter anderem bei „Mitten im Leben“ mit, jetzt geht Janine Reinholz das Thema Büdchensterben an – und öffnet in Essen einen Kiosk.
Betreiberin ist die 28-jährige Janine Reinholz, und sie verspricht neben der klassischen gemischten Tüte vor allem guten Kaffee, hohe Qualität und – wenn alles gut läuft – sogar deutsche Küche.
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„Ich habe die Chance gesehen und zugegriffen“, erklärt Reinholz die Wahl des Standortes. „Der Laden war ziemlich runtergekommen, und ich habe gewusst: Da geht viel mehr.“ Jetzt will sie allen – von den Nachbarn in Altenessen bis zur Stadtverwaltung – beweisen, dass es auch anders geht, hat den alten Kiosk innen erstmal renoviert und einige hochwertige Geräte angeschafft, vor allem Kühlschränke und „eine vernünftige Kaffeemaschine“.
Büdchen-Konzept soll anderes Altenessener Klientel ansprechen
Denn ansprechen möchte die 28-Jährige auch eine andere Klientel als bislang. „Letzte Woche saßen hier noch, sagen wir mal: etwas seltsame Gestalten rum, haben viel Bier getrunken und guckten die Leute, die hier kurz anhalten und sich eine Fanta kaufen wollten, schräg an.“ Auch das sei Kundschaft, klar. Doch letztlich zähle auch der Gesamteindruck, wenn ein Büdchen Erfolg haben wolle. „Man kennt doch dieses typische Bild: Da ist eine junge Frau, die will mal eben aussteigen und etwas zu trinken kaufen. Dann sieht sie eine Traube von Männern, durch die sie sich durcharbeiten müsste. Da fährt sie lieber weiter. Dabei wäre ihr Geld eigentlich hier geblieben.“
Die Stühle vor dem Kiosk sind daher als erstes verschwunden. „Der Unterschied zur Optik in der vergangenen Woche ist riesig. Das ist jetzt viel gepflegter mit den Stehtischen.“ Sie hat außerdem Luftballons aufgehängt, damit potenzielle Kunden schon von weitem sehen können: Hier ist alles neu.
Essenerin spielte bei „Mitten im Leben“ und „Köln 50667“ mit
Aufgewachsen in Mülheim, arbeitete Reinholz schon früh in der Gastronomie, wagte zwischenzeitlich gar den Schritt in die Schauspielerei. „Ich habe in den ,X-Diaries‘ mitgespielt, bei ,Mitten im Leben‘ und ,Köln 50667‘“, erzählt sie. Jetzt geht sie ein neues Abenteuer an, macht sich mit ihrem ersten eigenen Kiosk selbstständig und ist damit zumindest teilweise wieder zurück im gastronomischen Feld. Arbeit, sagt sie, scheue sie nicht. Und Arbeit in einem Kiosk ist nicht von Pappe. Immerhin soll er an sieben Tagen der Woche geöffnet sein: montags bis freitags jeweils von 7 bis 21 Uhr, samstags von 8 bis 21 Uhr und sonn- und feiertags von 9 bis 21 Uhr.
Natürlich hat sie Hilfe, etwa von der Familie, doch sie selbst will möglichst die ganze Zeit hinter der Theke stehen. Wie sie das schafft? „Disziplin“, antwortet sie und fügt hinzu: „Ich war schon immer ein disziplinierter Mensch. Außerdem kann ich sowieso nicht früh schlafen gehen. Wenn die Augenringe kommen, dann mache ich eben eine Peeling-Maske. Aber am nächsten Tag will ich um 6.30 Uhr wieder hier sein, damit der Kaffee fertig ist, wenn ich um 7 Uhr öffne.“
Antrag für deutschen Mittagstisch am Kiosk läuft bereits
Apropos Kaffee – da sind wir beim Thema Qualität, einem Grundpfeiler ihres Konzepts. „Mein Vorgänger hatte hier eine Maschine mit Kaffee-Pads. Das ist für mich kein Kaffee. Hier gibt es Filterkaffee, und zwar nicht den billigen, sondern den guten. Der kostet dann halt nicht einen Euro, sondern 1,20, aber das ist Kaffee und kein Muckefuck, wie man im Ruhrgebiet sagt.“ Für die besonders Anspruchsvollen ist übrigens auch noch ein Vollautomat im Einsatz – für Cappuccino, Latte macchiato und andere Spezialitäten.
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Ein weiteres Projekt, erzählt sie, sei noch „in der Mache, da brauche ich noch die Genehmigung der Stadt Essen“: Es soll mindestens einmal pro Woche, vielleicht auch häufiger, einen gutbürgerlichen Mittagstisch geben. „Dönerbuden gibt es hier überall. Was fehlt, ist ein guter deutscher Imbiss.“ Kochen kann sie nämlich auch. „Es soll jeweils ein Gericht geben: mal Rinderrouladen oder Kohlrouladen oder auch mal Grünkohl.“
Aufgespritzte Lippen und viel Schminke: Essenerin kennt die Vorbehalte
Die Zielgruppen hat Reinholz fest im Blick, die 28-Jährige hat sich die Umgebung genau angesehen, bevor sie den Kiosk übernahm: Die Nachbarschaft ist groß, der nächste Supermarkt und die nächste Tankstelle sind weit weg. Gleich nebenan ist eine Turnhalle – wer da rauskommt, dürfte durstig sein. Und der Kiosk ist zugleich Paketshop – so kommt man mit den Nachbarn schnell ins Gespräch.
Und doch bleibt da das Thema Optik. Nicht die des Kiosk, sondern die der Betreiberin. Denn dass ihr eigenes Aussehen durchaus ein Knackpunkt in Sachen Kundengewinnung sein könnte, ist Reinholz durchaus bewusst. „Keine Frage: Aufgespritzte Lippen, Tattoos im Gesicht, dick geschminkt und manchmal extrem lange, künstliche Wimpern auf den Augen – da gehen viele erstmal auf Abwehr. Aber die Leute werden schnell merken: Mit mir kann man Pferde stehlen.“ Und vor allem: Bei ihr kann man einkaufen.