Essen-Stadtwald. Eigentlich soll die Politik im Mai über eine Erhaltungssatzung für die Eyhof-Siedlung in Essen-Stadtwald abstimmen. Doch es gibt Hindernisse.

  • Seit Jahren kämpfen Bürger um den vollständigen Erhalt der Eyhof-Siedlung in Stadtwald.
  • Jetzt soll die Politik über eine Erhaltungssatzung entscheiden.
  • Weitere Verzögerungen sind aber nicht ausgeschlossen.

Ob die von vielen Seiten geforderte Erhaltungssatzung für die historische Eyhof-Siedlung in Essen-Stadtwald im Mai tatsächlich beschlossen wird, scheint fraglich. Zwar steht die Entscheidung über die Satzung, die Eingriffe in die Siedlungsstruktur erschweren würde, auf der Tagesordnung des Stadtplanungsausschusses am 4. Mai und soll am 17. Mai im Rat fallen. Doch die zuständige Bezirksvertretung sieht noch Informationsbedarf. Was dahinter steckt.

An der Angerstraße am Rand der Eyhof-Siedlung will die GE-WO Osterfelder Wohnungsgenossenschaft eine Häuserzeile abreißen und durch Neubauten ersetzen – was nach Ansicht vieler Bürger und Architektur-Experten die Symmetrie des Ensembles zerstören würde. Die Eyhof-Siedlung unterhalb der Frankenstraße wurde vom Architekten Josef Rings geplant. In der Zeit von 1921 bis 1924 entstand die Siedlung als eine geschlossene Einheit mit fast 200 Ein-, Zwei- und Mehrfamilienhäusern.

Einige Häuser in der Eyhof-Siedlung in Essen-Stadtwald sollen abgerissen werden

Ein Teil der Häuser befindet sich im Besitz von Privatleuten. Die vom Abriss bedrohten Gebäude an der Angerstraße 17-29 gehören der GE-WO Osterfelder Wohnungsgenossenschaft. Ende 2019 wurden deren Pläne bekannt, die Häuser abzureißen und durch Neubauten zu ersetzen. Seitdem gibt es dagegen massiven Widerstand nicht nur von betroffenen Bewohnern, die fürchten, ihre Wohnungen, ihr Lebensumfeld und die gewachsene Nachbarschaft verlassen zu müssen.

Die Häuser an der Angerstraße (links im Vordergrund) sollen für Neubauten weichen.
Die Häuser an der Angerstraße (links im Vordergrund) sollen für Neubauten weichen. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Wohnungen in vergleichbarer Lage seien schwer zu finden, die Mieten in Neubauten für viele der alteingesessenen Bewohnerinnen und Bewohner nicht zu bezahlen, so die Befürchtung. Unterstützung in ihrem Kampf gegen den Abriss der Häuser erhalten die Anwohner von Politikern, Architekten und Mitgliedern des Arbeitskreises Essen 2030, der sich um Themen wie Architektur und Stadtentwicklung kümmert. Seit Jahren wird über eine Erhaltungssatzung diskutiert, die Veränderungen im Bereich der Siedlung genehmigungspflichtig machen und so einen Abriss von Häusern zumindest erschweren würde.

Diese Satzung war jetzt erneut Thema in der zuständigen Bezirksvertretung II (Rellinghausen, Stadtwald, Bergerhausen, Rüttenscheid). Die Bezirksvertreter haben dazu grundsätzlich keine Bedenken, wie der Verwaltungsbeauftragte Stefan Kossorz erklärt. Allerdings wünschen sie sich, dass die Satzung samt ihrer möglichen Auswirkungen vor einer politischen Entscheidung den Bürgern vorgestellt wird. Es hatte zwar im Dezember 2022 eine Bürgerveranstaltung zum Thema gegeben, damals lag die konkrete Satzung aber noch nicht vor.

Die Satzung hätte auch Konsequenzen für private Hausbesitzer

Die Konsequenzen aus diesem Wunsch der Bezirkspolitiker konnte Stadtsprecher Patrick Betthaus am Tag nach der Sitzung noch nicht abschätzen und verwies an die Politik. „Es kann sein, dass die Verwaltung den Punkt zurückzieht oder die Politik das Thema auf einen späteren Zeitpunkt verschiebt“, so die Einschätzung des örtlichen CDU-Ratsherrn Sven Köhler, der Mitglied im Planungsausschuss ist.

Köhler teilt den Wunsch nach einer weiteren Bürgerbeteiligung. „Wenn die Bürger mit einer solchen Satzung leben können, ist das in Ordnung.“ Es sei aber wichtig, die dortigen Immobilienbesitzer über die Auswirkungen zu informieren. Der Ratsherr hatte bereits in der Vergangenheit betont, dass eine Erhaltungssatzung den Abriss von Gebäuden allenfalls erschwere, nicht aber verhindern könne.

Das markante Torbogenhaus ist das Eingangstor zur historischen Eyhof-Siedlung in Stadtwald.
Das markante Torbogenhaus ist das Eingangstor zur historischen Eyhof-Siedlung in Stadtwald. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Auf der anderen Seite habe eine solche Satzung Einfluss auf die Genehmigung von Umbauten. Das könne Vorgärten, Garagen und Stellplätze betreffen, aber auch die Dämmung von Häusern und Dächern, den Einbau neuer Heizungsanlagen oder den Ausbau von Gauben. „Vielleicht hat jemand vor ein paar Jahren das Geld für den Ausbau einer größeren Gaube noch nicht beisammen gehabt, würde das aber jetzt gern realisieren – wie der Nachbar es vielleicht schon vorher getan hat“, kann sich Köhler Streitfälle vorstellen. Daraus würden sich die Fragen ergeben, ob solche Umbauten unter den Bestandsschutz fielen und wie man unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung mit neuen Anträgen verfahre.

Die Veränderungssperre für die Siedlung ist Ende März ausgelaufen

Als Vorsitzender des Planungsausschusses hält es Guntmar Kipphardt (CDU) durchaus für sinnvoll, die Bewohner der Eyhof-Siedlung über die Auswirkungen der Erhaltungssatzung zu informieren, vor der politischen Entscheidung ihre Meinung zu hören und ihre Einschätzung zum Thema einzubeziehen.

Bei der Bürgerveranstaltung im Dezember 2022 hatten Stadtvertreter angekündigt, dass der Vorschlag für eine Erhaltungssatzung bis Ende des ersten oder Anfang des zweiten Quartals 2023 erarbeitet und auf den Weg gebracht werden solle, da am 31. März die Veränderungssperre für die Eyhof-Siedlung auslaufe und nicht verlängert werden könne.

Initiative verweist auf den Bürgerwillen zur geplanten Satzung

Die Bürgerinitiative „Eyhof-Siedlung“ veröffentlicht zur erneuten Diskussion über die Erhaltungssatzung zur Eyhof-Siedlung einen offenen Brief an den Vorsitzenden des Planungsausschusses, Guntmar Kipphardt. Darin vertritt sie die Ansicht, dass der Bürgerwille eindeutig sei und plädiert dafür, dass der Ausschuss am 4. Mai dem Rat empfehlen soll, die Satzung zu beschließen.

Im Rahmen einer Petition habe die Initiative 2304 Unterschriften für eine solche Satzung gesammelt. Zudem hätten bereits zwei Bürgerversammlungen stattgefunden: im Oktober 2021 online und im Dezember 2022 im Rahmen eines Workshops. Bei beiden habe eine Mehrheit der Teilnehmenden eine Erhaltungssatzung befürwortet, die Workshop-Ergebnisse seien Grundlage der nun aufgestellten Satzung.

CDU und Grüne hätten die Weichen für die Erstellung der Satzung gestellt

Oberbürgermeister Thomas Kufen habe die Verdienste des Erbauers der Eyhof-Siedlung, Josef Rings, in seinem Grußwort für eine Fachtagung im September letzten Jahres gewürdigt. Laut Bürgerinitiative habe die CDU den Bewohnerinnen und Bewohnern der Eyhof-Siedlung die Erhaltungssatzung im Wahlkampf versprochen. CDU und Bündnis 90/Die Grünen hätten die Weichen für eine Erhaltungssatzung selbst gestellt und die Verwaltung mit deren Ausarbeitung beauftragt. Auch die zuständige Bezirksvertretung II habe am 30. April „keine Bedenken“ geäußert und für den Beschluss der Satzung gestimmt.