Essen. Hannappel meets Hugenpoet: Weil die Restaurantküche komplett erneuert wird, ist das Essener Sterne-Restaurant vorübergehend ins Schloss gezogen.

Vom urbanen Stadtteil Horst in die Kettwiger Ruhrtal-Idylle, von der geschäftigen Dahlhauser auf die ruhige August-Thyssen-Straße: Das Essener Sterne-Restaurant „Hannappel“ hat auf dem hochherrschaftlichen Schloss Hugenpoet eine vorübergehende Bleibe gefunden. Weil die Restaurantküche völlig neu gebaut wird, dient das frühere Laurushaus als „Pop-Up“-Restaurant: als Gastro-Betrieb auf Zeit.

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Unter dem Slogan „Hannappel meets Hugenpoet“ richten sich Inhaber Knut Hannappel und sein Kompagnon Tobias Weyers mit ihrem jungen Team für fünf Wochen bis zum 4. Februar auf dem barocken Wasserschloss ein. „Drei Jahre hat das Laurushaus seit dem Weggang von Erika Bergheim leergestanden und alles ist in tadellosem Zustand“, sagt Hannappel über das provisorische Domizil in historischem Gemäuer.

„Wir nutzen die Hauptküche im Schloss für die vorbereitenden Arbeiten“

Gäste, die im Wintergarten speisen, passieren die Restaurant-Küche und schauen den Kochkünstlern in den Topf. Unser Bild zeigt eine Team-Besprechung mit Koch Manoel Keller.
Gäste, die im Wintergarten speisen, passieren die Restaurant-Küche und schauen den Kochkünstlern in den Topf. Unser Bild zeigt eine Team-Besprechung mit Koch Manoel Keller. © FUNKE Foto Services | Uwe Ernst

Die Kochkünstler können ihre Gäste in den nächsten Wochen nur bewirten, weil sie selber hier Gast sein dürfen. Die theoretische Alternative wäre gewesen, das ganze Team in den Zwangsurlaub zu schicken. Doch das wäre finanziell nur schwer zu stemmen gewesen. Mehrfach betont Knut Hannappel beim Rundgang durch die neue Location, wie dankbar er für die Gastfreundschaft und Kollegialität sei, die ihm Hugenpoet-Chefin Viviane Schiller entgegenbringe. „Wir nutzen die Hauptküche im Schloss für den Großteil der vorbereitenden Arbeiten“, sagt Küchenchef Tobias Weyers. Dass es so reibungslos klappt, hat einen weiteren Grund: Die Küchenchefs von Hannappel und Hugenpoet kennen sich gut.

Das Laurushaus auf Schloss Hugenpoet hat trotzdem dreijährigem Leerstand nichts von seinem Charme verloren. Links im Bild: Die Weinkühlschränke des Champagner-Hauses Louis Roederer.
Das Laurushaus auf Schloss Hugenpoet hat trotzdem dreijährigem Leerstand nichts von seinem Charme verloren. Links im Bild: Die Weinkühlschränke des Champagner-Hauses Louis Roederer. © Unbekannt | Ralf Schultheiß

Um möglichst viele Gäste bewirten zu können, nutzen die Pop-Up-Leute im Laurushaus neben dem eigentlichen Restaurantbereich mit 15 auch den Wintergarten mit zwölf Plätzen. Dass der Gast auf dem Weg in den Wintergarten die Restaurantküche durchmessen muss, den Köchen dabei unweigerlich in die Töpfe schaut und die kulinarischen Wohlgerüche aufnimmt, wird keinesfalls als störend empfunden. Im Gegenteil: Es verleiht dem Restaurantbesuch sogar einen besonderen Charme. Von den Profigeräten abgesehen, wirkt die Küche fast wie eine normale Haushaltsküche.

„Wir wollen unsere Gäste emotional abholen und natürlich auch geschmacklich“

Apero: Kräutersträußchen mit Sahne-Zitronendressing
Apero: Kräutersträußchen mit Sahne-Zitronendressing © Hannappel | Sascha Perrone

Während Handwerker an der Dahlhauser Straße alte Fliesen wegstemmen und neue Lüftungsrohre verlegen, gehen die fünf Köche und vier Servicekräfte im Laurushaus ihrer gewohnten Tätigkeit nach. Bei der Komposition der sechs- bzw. siebengängigen Menüs haben sich die Hannappel-Kreativen davon inspirieren lassen, dass ihr Provisorium dem langjährigen Hoteldirektor Lübbert einst als Wohnhaus gedient hatte. So ist Kochen für sie mehr als nur Braten, Schmoren, Passieren und Garnieren, sondern auch: Story-Telling. „Wir wollen unsere Gäste emotional abholen und natürlich auch geschmacklich“, sagt Tobias Weyers beim Blick auf die Karte, und fügt hinzu: „Den klassischen Geschmack von Blutwurst und Grünkohl kombinieren wir mit dem Hannappel-Twist.“

Taube mit Blutwurst und Pistazie
Taube mit Blutwurst und Pistazie © Hannappel | Sascha Perrone

Die Karotte bringen sie mit Nuss und Pilz auf den Teller, den Wolfsbarsch mit Rettich/Estragon, den Kabeljau mit Sauerkraut/Traube, die Zwiebel mit Lakritz/Brioche, die Taube mit Blutwurst/Pistazie und den Apfel mit Karamell/Vanille. Der Auftakt besteht aus Kartoffel, Remoulade, Laugenbrötchen, Grünkohl, Frischkäse, Senf, Kräuter Sahne, während der süße Ausklang die Geschmacksknospen mit drei Elementen zum Explodieren bringen will: Waffel, Kuchen und Grieß/Rote Grütze/Bete bilden den krönenden Abschluss. Der Guide Michelin, die rote „Restaurant-Bibel“, rühmt Knut Hannappel und Tobias Weyers für „spannende und innovative Gerichte, die technisch sehr anspruchsvoll, aber keineswegs überladen sind. ‘Casual Fine Dining’ trifft es genau“.

Aus der Menükarte: Zwiebel mit Lakritz/Brioche, Taube mit Blutwurst/Pistazie

Der süße Ausklang: Kuchen, Waffel und Grieß/Rote Grütze/Bete
Der süße Ausklang: Kuchen, Waffel und Grieß/Rote Grütze/Bete © Hannappel | Sascha Perrone

Es überrascht nicht, dass sich die Stippvisite des Sterne-Restaurants im Essener Süden in der Feinschmecker-Szene herumgesprochen hat. Neben den treuen Hannappel-Stammgästen aus Horst finden nämlich auch neue den Weg ins Ruhrtal: die alten Laurushaus-Gäste etwa, aber auch Gourmet-Liebhaber aus der unmittelbaren Nachbarschaft wie Mülheim und Düsseldorf.

Höhepunkt des Hannappel-Ausflugs wird -in Kooperation mit dem Schloss-Restaurant – die „Küchenparty auf Schloss Hugenpoet“ am 4. Februar sein. Ein Gourmet-Spektakel, bei dem sich acht deutsche Sterneköche, sechs Winzer und ein Champagnerhaus präsentieren werden. Ein Zwei-Sterne-Koch aus Köln sowie Sterneköche aus Berlin werden zugegen sein. Außerdem gibt’s Live-Musik. Reservierungen sind nicht mehr möglich, die Küchenparty ist längst ausverkauft.

Nach dem Abschied vom Hugenpoet steht der Neustart an der Dahlhauser Straße an: gewissermaßen im Hannappel 2.0. „Wir eröffnen wieder am 16. Februar und freuen uns im März auf das 30-jährige Bestehen des Hannappel“, sagt der Inhaber und Gründer.