Essen/Mülheim. Die Flugschule TFC Käufer revolutioniert die Pilotenausbildung: Am Flughafen Essen-Mülheim wird in wenigen Tagen ein Elektro-Flugzeug abheben.

Der erste Schritt zum emissionsfreien Fliegen am Flughafen Essen-Mülheim ist gemacht: Die Essener Flugschule TFC Käufer wird in Zusammenarbeit mit der Fluggesellschaft Condor bei der Pilotenausbildung künftig ein Elektroflugzeug einsetzen. Der Flieger soll in wenigen Tagen, am 20. Februar, zum Erstflug abheben, kündigte der Geschäftsführer der Flugschule, Christian Käufer an. An Bord werden der Testpilot und ein Fluglehrer sein. Bis die ersten Schüler den Elektroflieger nutzen, dürfte es noch drei Monate dauern.

Zum Einsatz kommt eine Velis Electro des Herstellers Pipistrel aus Slowenien. Bei der Maschine handelt es sich weltweit um das erste, von der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) für den Ausbildungsbetrieb lizenzierte Flugzeug mit elektrischem Antrieb. Es wurde im Jahr 2020 erstmals in Betrieb genommen.

Condor-Flugschüler haben in Essen mit der Ausbildung begonnen

Wie Condor mitteilte, haben in dieser Woche die ersten zwölf Schüler mit ihrer Pilotenausbildung in Essen-Kupferdreh begonnen, die unter anderem auf dem Elektroflugzeug am Flughafen Essen-Mülheim trainieren und später auf das Fliegen mit einem A320 vorbereitet werden.

70 Prozent der praktischen Ausbildungsflüge werden sie mit dem E-Flieger absolvieren, kündigte Christian Käufer an. Damit wird der CO2-Ausstoß während der Ausbildung nicht nur reduziert, auch die Lärmbelastung sinkt, kündigte Käufer an. Laut Hersteller erreicht die Velis Electro maximal 60 Dezibel, das entspricht einer normalen Gesprächslautstärke.

Christian Käufer (60), Geschäftsführer der Flugschule TFC, sitzt in einem Cessna-Flugsimulator.
Christian Käufer (60), Geschäftsführer der Flugschule TFC, sitzt in einem Cessna-Flugsimulator. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Das Flugzeug kann jedoch nur etwa 50 Minuten lang in der Luft bleiben und ist damit für längere Flüge, die zum Pflichtprogramm der Ausbildung gehören, nicht geeignet. Diese Strecken werden die Flugschüler weiterhin mit herkömmlichen Verbrenner-Maschinen fliegen.

Erster Schritt zur emissionsfreien Pilotenausbildung

TFC Käufer ist mit dem Einsatz des Elektrofliegers nach eigenen Angaben Vorreiter in der Branche. „Wir gehen den ersten Schritt in Richtung emissionsfreie Pilotenausbildung“, sagte Käufer. Er ist davon überzeugt, dass er in Zukunft neben Condor weitere Partner gewinnen wird. Die aufgeheizte Klimadebatte rund ums Fliegen dürfte ihm dabei Vortrieb leisten. „Wir reden nicht über mehr Klimaschutz, sondern wir tun konkret etwas“, betonte er. Auch Condor sprach von einem „klaren Bekenntnis zu neuen Technologien“.

Der Elektroflieger wird freilich am Flughafen Essen-Mülheim noch ein Nischendasein führen. Denn die meisten der 220 Flugschüler, die dort von verschiedenen Schulen im Jahr praktisch ausgebildet werden, werden weiterhin mit Flugzeugen mit Verbrennungsmotoren unterwegs sein.

So sieht der Pipistrel-Flugsimulator von außen aus.
So sieht der Pipistrel-Flugsimulator von außen aus. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

18 Monate dauerte es, bis das Projekt von TFC Käufer und Condor starten konnte. Unter anderem brauchte die Flugschule dafür eine Lizenz des Luftfahrtbundesamtes. Außerdem musste sie sich einen Simulator anschaffen, auf dem die Schüler das Fliegen mit der Pipistrel-Maschine üben können, bevor sie damit praktisch vom Flughafen abheben dürfen. Das Fliegen eines Elektroflugzeuges unterscheidet sich zwar kaum von dem eines Verbrenners, allerdings gibt es andere Instrumente im Cockpit. Teil des Simulators ist zudem eine Virtual-Reality-Brille, die den Übungsflug am Simulator noch realistischer erscheinen lässt.

Das Projekt fiel mitten in die Coronapandemie, die für die Flugschule TFC Käufer eine äußerst herausfordernde Zeit war. Der Schulbetrieb vor Ort kam zwischenzeitlich fast zum Erliegen. „Wir mussten die Ausbildung brutal runterfahren“, berichtete Käufer. Nur die gesetzlich vorgeschriebenen Trainings der Verkehrspiloten gab es weiterhin. Die Flugschule spürte, dass Airlines generell die Ausbildung von Piloten deutlich zurückfuhren. Mittlerweile läuft das Geschäft wieder auf Hochtouren. Nachdem Fluggesellschaften während der Pandemie viele Piloten in den Ruhestand geschickt oder gekündigt haben, „gibt es gerade einen unglaublichen Bedarf an Piloten“, sagte Käufer.

Millioneninvestitionen trotz Corona-Krise

Diese Krisenzeit hat TFC Käufer jedoch genutzt, um sich breiter aufzustellen; hat neue Simulatoren angeschafft und die bisherigen auf den neuesten Stand gebracht. Die Simulatoren werden zudem mit „grünem Strom“ aus der Photovoltaik-Anlage betrieben. Insgesamt 1,5 Millionen Euro hat das Unternehmen in jüngster Zeit investiert.

Die Pilotenklasse von Condor, die erstmals das Elektroflugzeug in der Ausbildung nutzen wird.
Die Pilotenklasse von Condor, die erstmals das Elektroflugzeug in der Ausbildung nutzen wird. © Unbekannt | TFC Käufer

Die Essener TFC Käufer ist ein Familienbetrieb und wurde vor über 40 Jahren von Rolf Käufer, dem Vater von Christian Käufer gegründet. Sie hat sich auf die Ausbildung von Verkehrsflugzeugführern sowie die Schulung und Weiterbildung von Cockpit-Besatzungen für namhafte Fluggesellschaften spezialisiert. Neben Condor trainieren in Essen unter anderem Lufthansa Aviation Training, Aerologic, Eurowings und Tui Fly. 50 festangestellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie 200 Dozenten und Dozentinnen arbeiten für die Schule.