Essen.. Annika Lehnert aus Essen-Horst reist als Magierin und Illusionistin um die Welt. In der Männerdomäne Zaubern hat sie sich als „Lady Amila“ mit verblüffenden optischen Täuschungen einen Namen gemacht. Aber nur bei Erwachsenen, denn für Kinder zaubert sie nicht. Verständlich bei Nummern wie einer Selbstenthauptung.
„Kopfabreißen finde ich toll“, sagt Annika Lehnert, während die 29-jährige Blondine genüsslich im Café an ihrem Kaffee nippt. Befürchtungen, dass die Polizei angesichts solcher Aussagen mal bei ihr vor der Tür steht, braucht sie aber nicht zu haben. Denn: Unter dem Künstlernamen „Lady Amila“ schlüpft sie in die Rolle der Mentalmagierin und Illusionistin – und liebt es dabei die menschliche Wahrnehmung auf die Probe zu stellen. Aber nur bei Erwachsenen, denn für Kinder zaubert sie nicht. Verständlich bei ihrer wohl spektakulärsten Nummer: Sie enthauptet sich selbst und schafft es kopflos auf einem Stuhl sitzend noch ein Glas Wein zu trinken. Alles nur Show? Ja, aber auch harte Arbeit: „Acht Monate habe ich gebraucht, bis das saß“.
Bisher nicht im GOP-Varieté aufgetreten
Es ist nichts für Zartbesaitete, was die Wahl-Essenerin, die im Stadtteil Essen-Horst wohnt, so alles in ihrem Programm hat: etwa eine Entfesselungsnummer, bei der sie fast in einer durchsichtigen mit Wasser gefüllten Säule ertrinkt, aber mittels Gedankenkraft ihre Hände aus den mit einem Nummernschloss versehenen Ketten befreit. Gern tritt sie mit High-Heels an den Füßen auch auf Plastikbecher. Langweilig, mag man denken, wäre nicht unter einem der Becher ein langer spitzer Nagel, den es für sie gilt unter lauter Bechern herauszufiltern. Und dann wäre da noch ihr Paradestück als kopflose Schönheit. Anfang Mai wurde sie damit gar in eine TV-Show in Südkorea eingeladen. „Ich wurde vier Tage lang wie ein Star behandelt“, erzählt sie stolz.
Seoul, Las Vegas, Hamburg – mit ihrer Zauberei reist die gebürtige Münsterländerin aus Rheine um die Welt. Die Heimat ist ihr dennoch am liebsten: „Wir haben das Glück, dass es in Deutschland viele Varietés gibt“, berichtet Amila (ägyptisch: die Glückliche) über das Angebot an Engagements. Vieles hat sie bereits in ihrem Lebenslauf stehen: Freizeitparks, Varieté-Auftritte oder Unternehmen, die sie für Veranstaltungen gebucht haben. Im heimischen GOP-Varieté an der Rottstraße ist Annika Lehnert bisher leider noch nicht aufgetreten.
Von der Pfalz über Düsseldorf nach Brandenburg
Dabei wollte sie als Kind eigentlich nur Helferin im Hintergrund werden: „Im Kindergarten habe ich immer erzählt, dass ich Zauberassistentin werden will. Mit sieben Jahren wollte ich dann ins Theater, egal ob auf oder hinter der Bühne.“ Zehn Jahre Ballett, Querflöte und Bigband folgten und sie ließ sich zur Möbelschreinerin ausbilden. „Mit 17 kam ich bei einer Kinderanimationsgruppe in Saarbrücken mit der Zauberei in Berührung. Da war’s um mich geschehen“, erinnert sich die 29-Jährige.
Erst trat sie mit zwei Kollegen auf, nahm Unterricht bei einem Zauberlehrer, ehe sie sich ab 2006 selbstständig machte. Vom „Holiday Park“ in Neustadt an der Weinstraße mit rund 800 Auftritten ging’s zum Düsseldorfer Apollo-Varieté, ehe sie im „Tropical Island“, der Freizeitoase in einer ehemaligen Luftschiff-Halle unweit von Berlin, anheuerte. „Da hieß es 365 Tage im Jahr nur Zaubern, unterstützt durch ein sechsköpfiges Ballett“, erzählt Amila. Nun hat sie sich auf Zauberkunst für Erwachsene spezialisiert.
"Dich, dich und dich"
Die von einer bekannten Boulevardzeitung als „Mental-Vamp“ bezeichnete Magierin nimmt dabei gerne Männer aufs Korn, etwa bei Nummern rund ums Gedankenlesen. „Ich frage nicht: Hast Du Lust? Ich sage: Dich, dich und dich. Dann kann keiner mehr ,Nein’ sagen“, meint sie lachend. Die Leuten würden ja nicht veräppelt. Sie hat es auch schon erlebt, dass Zuschauer aufstanden, um näher am Geschehen zu sein. „Sie dachten, das wäre ein Fake“, berichtet die Horsterin, die natürlich nicht verrät, wie ihre Tricks funktionieren.
„Die meisten wollen im Nachhinein immer wissen, was ich tagsüber mache und ob man davon leben kann“, sagt Annika Lehnert über die Reaktionen aus dem Publikum. Freizeit hat sie jedenfalls wenig – wegen ihrer vielen Auftritte. Ihre Familie und ihre Freunde wundern sich nicht mehr über ihren Beruf: „Die kennen mich als Person ja gar nicht anders.“