Essen-Rüttenscheid.. Die Contilia-Gruppe bringt ihre Senioren groß heraus: Für den Film „Frau Schnipplers unglaubliche Reise ans Meer“ wurde nun im Grugapark gedreht.
„Guten Morgen. Ich bin Frau Mau und ich bin Frau Schnippler“, sagt der Star des Tages mit einem bemerkenswert festen Händedruck und lacht herzhaft. Die 89-jährige Brunhilde Mau, die seit knapp zwei Jahren im Seniorenstift St. Andreas in Rüttenscheid lebt, spielt die Hauptrolle im Film „Frau Schnipplers unglaubliche Reise ans Meer“. Die für ihre ungewöhnlichen Aktionen bekannte Contilia-Gruppe, die allein in Essen sechs Seniorenstifte betreibt, will ihre Bewohner einmal mehr groß rausbringen – dieses Mal auf die Kino-Leinwand.
Brunhilde Mau ist wieder ausgeruht, der Rücken hat sie am Vorabend doch ein wenig geplagt. Der Schlaf habe gut getan, sagt die Laienschauspielerin: „Zwei Drehtage am Stück sind ja nicht ganz ohne.“ Die Sissi-Szene wurde am Dienstag im prunkvollen Mendelssohn-Saal der Stadthalle Wuppertal aufgenommen.
Am Mittwoch verwandeln sich das Haus des Waldes und Teile des Grugaparks in Film-Set und -Kulisse. Ton- und Kameraleute, Altenpflegepersonal, alles wuselt durcheinander und arbeitet doch Hand in Hand. Es ist bereits der sechste von insgesamt 15 geplanten Drehtagen. Maske und Garderobe werden im Schulungsraum im Haus des Waldes improvisiert eingerichtet – direkt neben den Vitrinen mit ausgestopften Tieren. Die Präparate seien ausschlaggebend für die Location gewesen, erklärt Katja Grün von der Unternehmenskommunikation: „Wir brauchen für unsere Waldszene ein ausgestopftes Reh. Dadurch sind wir mit der Kreisjägerschaft und dem Haus des Waldes in Kontakt gekommen.“ Auch für Katja Grün ist das Projekt spannend: „Man bekommt ein Gespür dafür, wie aufwendig eine solche Filmproduktion ist.“
Sehnsüchte als Drehbuch-Grundlage
Regisseur Orlando Klaus überlässt nichts dem Zufall, prüft jede Kamera-Einstellung bis ins Detail. „Schließen Sie die Augen, genießen Sie die Sonne“, gibt er Brunhilde Mau Anweisungen. Die Klappe fällt, die 89-Jährige läuft mit ihrem Rollator langsam einen Waldweg hinunter, legt noch mehr Ausdruck in ihr freundliches Gesicht.
Mit ihrer Liebe zum Meer hat sie selbst den Roten Faden für das Drehbuch geliefert, das Orlando Klaus auf Grundlage von Interviews mit den Senioren geschrieben hat: „Ich habe sie gefragt, welche Träume und Sehnsüchte sie haben, was sie unbedingt noch erleben wollen“, erzählt der Filmemacher.
Die Antwort von Brunhilde Mau: „Noch einmal das Meer sehen.“ Schließlich ist das Leben der Seniorin untrennbar mit der See verwoben: „Ich bin in Mecklenburg aufgewachsen und liebe die Ostsee“, sagt Brunhilde Mau, die 1954 mit ihrem Mann und den Kindern aus der DDR gen Westen zieht, nach Bottrop. Das Meer aber lässt sie auch hier nicht los. „Ich habe mit meinem Mann unzählige Schiffsreisen gemacht: Unsere letzte gemeinsame Reise ging sogar drei Monate mit einem Frachter um die Welt: Indien, Japan, Thailand, USA, das war eine wunderbare Zeit“, erinnert sich Brunhilde Mau, die sich auch im Film auf eine Reise begibt. Während des Roadtrips begegnen ihrem Alter Ego Frau Schnippler viele interessante Menschen: Bei der Waldszene etwa die längst verstorbene Schriftstellerin und Weltenbummlerin Ida Pfeiffer, die von der 90-jährigen Hannelore Biel gespielt wird.
Bei den Dreharbeiten achten Filmteam und Contilia-Mitarbeiter darauf, dass sich ihre Darsteller nicht zu sehr belasten. So weicht Pfleger Fabian „seiner“ Brunhilde Mau nicht von der Seite, ist mit dem Rollstuhl sofort zur Stelle, wenn sich die 89-Jährige setzen will. Die freut sich schon jetzt auf die Schlussszene, die im September gedreht werden soll. Die letzte Sequenz spielt am Strand von Scheveningen: Alle 40 beteiligten Haupt- und Nebendarsteller genießen dann gemeinsam mit Frau Schnippler den Blick aufs Meer.
Filmpremiere ist für März 2017 in der Lichtburg geplant
Regelmäßig sorgt die Essener Contilia-Gruppe mit ungewöhnlichen Aktionen wie einer Tanzrevue im GOP-Theater oder einem Chorkonzert in der Bochumer Jahrhunderthalle für Furore. Ein professioneller Foto-Kalender mit bekannten Filmszenen machte die betagten Fotomodels 2014 weit über die Grenzen des Ruhrgebiets hinaus bekannt. „Wir wollen mit den Projekten eine Auszeit vom Alltag möglich machen – sowohl für unsere Bewohner als auch für unsere Mitarbeiter“, erklärt Heinz-Jürgen Heiske, der bei der Contilia in der Geschäftsführung für den Bereich Pflege und Betreuung sitzt.
Einen eigenen Film habe er schon vor einigen Jahren umsetzen wollen. Die Ursprungsidee, eine Folge von „Raumpatrouille Orion“ sei schnell wieder verworfen worden: „Die Senioren sollen sich selbst in der Geschichte wieder finden“, sagt Heiske. „Frau Schnipplers unglaubliche Reise ans Meer“ soll im März 2017 Premiere feiern. „Wir bemühen uns um die Lichtburg“, verrät Heinz-Jürgen Heiske.