Essen. WAZ-Leser erhielten in Essen im Rahmen einer Führung besonderen Einblick in eines der größten Müllheizkraftwerke seiner Art in Deutschland.


Der leere Tetra-Pak, ein Pizzakarton, die Chipstüte: Das alles landet täglich im Müll. Doch was mit dem Abfall passiert, nachdem er weggeworfen wird, darum kümmert sich kaum jemand. Dass der Müll wieder in den Haushalt zurückkehrt, dafür sorgt das Müllheizkraftwerk in Karnap, das aus tausenden Tonnen Abfall Strom für die Haushalte in der Region produziert. Nicht nur das erfuhren die WAZ-Leser beim Besuch vor Ort.

Seit 20 Jahren ist das Karnaper Kraftwerk das zweite Zuhause von Gordon Schnee, Abfallbeauftragter bei RWE. Zwanzig Leser hatten die Gelegenheit, im Rahmen von „WAZ öffnet Pforten“ mit Gordon Schnee das Müllheizkraftwerk, wo unter anderem Abfälle aus Essen, Gelsenkirchen und Bottrop verbrannt werden, zu besichtigen.

Als Schnee vor dem Rundgang die Fakten zum Kraftwerk erläutert, sind die WAZ-Leser noch nicht ganz überzeugt von den technischen Vorzügen. „Wie sieht die Schadstoffbilanz aus? Wie effizient ist das Kraftwerk wirklich?“ – diese und weitere kritische Fragen sind kein Problem für Schnee, der das Kraftwerk in- und auswendig kennt. „Unsere Reinigungsanlage für die Abgase ist im Vergleich zu anderen Kraftwerken ein Ferrari. Aus diesem Grund gelingt es uns, Richtwerte des Gesetzgebers um ein Vielfaches zu unterschreiten.“

Als es anschließend in die sonst geschlossenen Hallen des Kraftwerks geht – die Gruppe ist zur Sicherheit mit Helmen, Westen und Schutzbrillen ausgestattet – wird die Ehrfurcht groß. Den Satz „Nichts anfassen oder betätigen“ lässt sich der eine oder andere angesichts der Fülle der Knöpfe, Hebel und Räder noch einmal durch den Kopf gehen. Wirklich beeindruckend ist der Blick in das riesige Mülllager, in dem unzählige Tonnen Restabfälle aufbewahrt werden. Mit Hilfe eines überdimensionalen Kranarms wird der Müll nach und nach in die Verbrennungskammern eingefüllt. Die elfjährige Laura, die jüngste Teilnehmerin der Führung, hat schnell Freundschaft mit dem Kranführer geschlossen, der die ferngesteuerten Löschanlage vorführt.

Was so alles im Müll gelandet ist und dann im Kraftwerk verbrannt wird, weiß er nicht, eine Sortierung wäre zu aufwendig. Spezialfälle bleiben allerdings in Erinnerung: „Im Auftrag der Polizei haben wir hier mal 25 Kilo Kokain verbrannt, das Kraftwerk glich damals einem Hochsicherheitstrakt“, erinnert sich Gordon Schnee. Mit einem schweißtreibenden Blick in die Verbrennungskammern und dem Besuch der futuristischen Steuerzentrale, die auch für Science-Fiction-Filme als Drehort dienen könnte, endet die besondere Führung. Die WAZ-Leser sind fasziniert. „Beeindruckend, wie sauber die Anlage ist, es riecht nicht einmal besonders unangenehm“, sagt ein Teilnehmer. „Jetzt sieht man erst einmal, wie viel Müll überhaupt anfällt, vielleicht sollte man sich auch einmal Gedanken darüber machen“, meint Leser Hans Brunswig.