Essen. Gemeinsam mit dem ehemaligen WDR-Intendanten Fritz Pleitgen managte Oliver Scheytt die Kultuhauptstadt Ruhr.2010.Heute kümmert sich der 54-jährige Politiker um wichtige Kulturposten. Nur über seine Kandidatur für das Essener Oberbürgermeisteramt hat er noch nicht entschieden.
Oliver Scheytt kommt mit dem City-Bike zur Verabredung. Auch das ist ein Teil der neuen Beweglichkeit, die der 54-jährige Kulturpolitiker in seinem Leben erkennbar schätzt. Das Unterwegs-Sein und Wegebnen ist ein wichtiger Teil seiner Arbeit geworden.
Seitdem Scheytt zusammen mit dem ehemaligen WDR-Intendanten Fritz Pleitgen die „Ruhr.2010“ gemanagt hat, häufen sich die Anfragen künftiger Kulturhauptstädter, die wissen wollen, wie das denn geht mit dem werbewirksamen Metropolesein. „In der Fachwelt haben wir ein unglaubliches Standing“, freut sich Scheytt, der sein Wissen nicht nur auf Tagungen weitergibt, sondern als Berater um die Welt reist. Das zyprische Paphos steht deshalb genauso auf dem Reiseplan wie das italienische Siena, das 2019 den Titel haben will. Die Bulgaren haben auch schon angefragt.
Drei Standbeine in Sachen Beratung und Personalmanagement
Die Nachhaltigkeit des Titels, die mancher im Ruhrgebiet schmerzlich vermisst, macht sich zumindest im Terminkalender des früheren Essener Kulturdezernenten bemerkbar. Und deshalb klingt es nicht mal sonderlich kokett, wenn Scheytt auf die Frage, ob er 2015 als möglicher Kandidat für das Oberbürgermeisteramt gegen den derzeitigen Amtsinhaber Reinhard Paß antreten will, in diesem Tagen ausweichend mit einem Blick auf seinen eigenen Visitenkarten-Stapel antwortet.
Mit der Essener Agentur „Kulturexperten“, dem Stellenportal „Kulturpersonal“ und der Firma Acultos hat sich Scheytt gleich drei Standbeine in Sachen Beratung und Personalmanagement geschaffen. Dann ist er auch noch Präsident der Kulturpolitischen Gesellschaft, engagiert sich für den Umbau der Kreuzeskirche und für sein Steckenpferd, den Grugapark. „Ich müsste viel aufgeben“, sagt der Kulturmanager, Jurist und Pianist. Und trotzdem ist da natürlich seine tiefe Verbindung zur Stadt und zur Region, der politische Gestaltungswille, für den man vielleicht doch noch mal umsteigen würde – runter vom Rad in die städtische OB-Limousine. Die Metropole Ruhr liegt ihm am Herzen.
Für das Schattenkabinett von Peer Steinbrück gehandelt
Als er 2013 im Schattenkabinett von SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück als der neue Mann für Kunst und Kultur in Berlin gehandelt wurde, da hat er deshalb auch gern darüber geredet, wie man regionale Kulturinstitutionen wie das Welterbe Zollverein oder das bedeutsame Aalto-Theater allen föderalistischen Regeln zum Trotz zur Bundesangelegenheit machen könnte. Ideell und finanziell.
Die Wahl ging bekanntlich anders aus. Ob er sein berufliches Geschick einmal mehr vom Votum des Wählers abhängig machen möchte, hat Scheytt nach eigenen Angaben noch nicht abschließend entschieden. Vor seiner eigenen Personalentscheidung löst er in diesen Tagen lieber andere Personalfragen. Ein Thema, um das man sich in seiner aktiven Zeit als städtischer Beigeordneter gar nicht ausreichend kümmern kann, wie er erst später bemerkt hat. Nun sucht er Geschäftsführer für große Orchester, Direktoren für namhafte Kunstvereine, besetzt Kommunikationsstellen der ersten Kunstadressen von Wolfsburg bis Dresden. „Menschen zusammenzuführen, dafür zu sorgen, dass Kulturinstitute kompetentes Personal haben“, das sei ein spannender Job. Auch psychologisch habe er viel gelernt. Und wer weiß, wofür was man das später noch einsetzen kann.
Was vom Kulturhauptstadtjahr übrig blieb
Der Rest vom Fest zählte immerhin über eine Million Euro. So viel Geld war übrig geblieben von der Ruhr.2010-Sause, darunter nicht benötigte Rückstellungen oder zusätzlich geflossene Fördermittel. Geld, mit dem die Kulturhauptstadt-Stiftung in den vergangenen drei Jahren viele freie Projekte anstoßen und unterstützen konnte, vom „Physical Theatre“ im Maschinenhaus der Zeche Carl bis zur Literatur-Reihe „Mord am Hellweg“. Rund 120 Projekte habe man damit unterstützt, sagt Jürgen Fischer für die Kulturstiftung, oft nur mit kleinen Summen von 5000 bis 12.000 Euro. Geringe Beträge, die aber große Hebelwirkung gehabt hätten, um so weitere Geldgeber zu finden.
Doch inzwischen sind die Reserven aufgebraucht, Anträge der notorisch notleidenden freien Szene werden nicht mehr angenommen. Gleichwohl würde mancher die beim Regionalverband Ruhr (RVR) beheimatete Stiftung gerne weiterführen. „Die Möglichkeit bestünde“, sagt Fischer. Vorteil: Die Stiftung könnte weiterhin Spenden und Sponsorenmittel annehmen und als Schaltstelle für die freie Szene im Ruhrgebiet agieren. Die Entscheidung fällt in den Gremien des RVR. „Im Herbst sehen wir klarer“, sagt Fischer.