Essen. Das Jobcenter Essen vermittelt schon länger Arbeitslose in Flughafenjobs. Am derzeitigen Personalchaos aber kann die Behörde nicht viel ändern.
Stundenlanges Warten an der Gepäckkontrolle: Die Bundesregierung will das Chaos an den Flughäfen lindern, indem sie 2000 türkische Hilfskräfte zeitweise einsetzen will. Da drängt sich die Frage auf, ob sich das Personalproblem nicht anders lösen ließe, zum Beispiel, indem man Arbeitslose dort einsetzen würde. Darüber sprach Janet Lindgens mit dem Leiter des Essener Jobcenters, Dietmar Gutschmidt.
Herr Gutschmidt, wie haben Sie reagiert, als Sie erfahren haben, dass die Bundesregierung jetzt türkische Helfer an den Flughäfen einsetzen will, um dem Chaos dort Herr zu werden?
Ich gebe zu, es hat mich überrascht.
Warum setzt man nicht Arbeitslose für die Jobs dort ein? Wir haben aktuell in Essen immerhin über 13.500 langzeitarbeitslose Menschen.
Es ist ja nicht so, dass das nicht bereits passiert. Das ist ein riesiger Markt für uns und wir sind da schon länger sehr aktiv. Das Jobcenter Essen hat lange Zeit mit einer großen Essener Sicherheitsfirma in diesem Bereich zusammengearbeitet und tut dies heute genauso mit dem Unternehmen, das jetzt für die Gepäckkontrollen beispielsweise in Düsseldorf zuständig ist.
Was sieht diese Zusammenarbeit konkret aus?
Das Unternehmen meldet uns freie Stellen und wir versuchen, passende Bewerber zu finden. Allerdings erfüllen nur sehr wenige unserer Kunden sofort die Anforderungen. Deshalb müssen viele potenzielle Kandidaten erst von uns dafür geschult werden. Allein im ersten Halbjahr haben wir 41 Bildungsgutscheine an Arbeitslose ausgegeben, um sie zu Luftsicherheitsassistenten zu qualifizieren. Das sind diejenigen, die Passagierkontrollen aber auch Hand- und Reisegepäckkontrollen sowie die Röntgenbildauswertung durchführen. Damit gehört dieser Bereich zu denjenigen, wo wir sehr viel tun. Denn die anschließenden Aussichten, einen Job zu finden, sind hervorragend.
Wie lange dauert eine solche Schulung?
Der Auswahlprozess ist alles andere als trivial. Wer in diesen Beruf will, wird zunächst von der Luftsicherheitsbehörde umfänglich auf seine Zuverlässigkeit geprüft. Das ist im Luftsicherheitsgesetz so vorgeschrieben, schließlich geht es um sicherheitsrelevante Bereiche. Dazu erfolgt gegebenenfalls eine Abfrage bei den Polizeivollzugs- und Verfassungsschutzbehörden der Länder, beim Generalbundesanwalt und Bundesgerichtshof und beim Bundeskriminalamt, Zollkriminalamt, Bundesamt für Verfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst, dem militärischen Abschirmdienst und den Ausländerbehörden. Die Schulung selbst dauert etwa zehn Wochen und muss mit einer Prüfung abgeschlossen werden. Hinzu kommt, dass die Kandidaten gut Deutsch und Englisch sprechen müssen und einen Führerschein besitzen. Das engt die Auswahl potenzieller Kandidaten schon ein.
Es fehlt ja nicht nur Personal bei der Gepäckkontrolle, sondern auch bei der Gepäckabfertigung. Wie sähe es da mit dem Einsatz Arbeitsloser aus?
Wir haben dafür keine Anfragen vom Arbeitgeber. Uns sind keine freien Stellen bekannt. Für diese Tätigkeit würde aber die gleiche Zuverlässigkeitsprüfung gelten.
Könnte das Jobcenter in der derzeitigen Situation dennoch nicht noch mehr Arbeitslose für die Gepäckkontrolle schulen?
Abgesehen von den Anforderungen bei der Personalakquise: 41 Bildungsgutscheine im ersten Halbjahr, das sind schon viele. Theoretisch könnten wir zwar mehr Gutscheine ausgeben, das Geld dafür wäre da. Aber Sie brauchen dafür ja auch die entsprechenden Schulungsplätze und Bewerber, die sich für die Aufgabe eignen und interessieren.
Das heißt also, dass zumindest kurzfristig nicht mehr Arbeitslose für die Jobs an den Flughäfen fit gemacht werden können.
Nein, kurzfristig geht das nicht. Wie ich beschrieben habe, braucht der Prozess einige Wochen Zeit und dann wären die Ferien ohnehin vorbei. Aktuell haben wir als Jobcenter Essen dem Unternehmen für den Flughafen Düsseldorf zehn Bewerber für die Stellenausschreibungen gemeldet.
Hätte das Jobcenter nicht auch vorsorglich mehr Arbeitslose schulen können?
Wir qualifizieren ja schon ständig. Dass das Chaos an den Flughäfen in der Ferienzeit entstanden ist, liegt nicht an uns. Das ist eine Frage der Personalplanung und -entwicklung in den Unternehmen.
Bleibt die Frage, ob die türkischen Hilfskräfte all die von Ihnen beschriebenen Kriterien erfüllen.
Das müssen Sie andere fragen.