Essen. Ein Essener Weinhändler hatte Sammlern billigen Wein für 10.000 Euro pro Flasche verkauft. Vor Gericht wurde festgestellt, dass es sich um Fälschungen handelt. Doch dem Weinhändler konnte der Betrugsvorsatz nicht nachgewiesen werden. Die Strafkammer verurteilte ihn jedoch wegen Steuerhinterziehung.

Der Essener Weinhändler, der Sammlern billigen Wein für 10.000 Euro pro Flasche verkauft hatte, geht dafür straffrei aus. Das Landgericht Essen sah keine Möglichkeit, ihm einen Betrugsvorsatz nachzuweisen, und sprach ihn in diesem Punkt frei. Fünf Monate hatte er in U-Haft gesessen.

Für die von ihm eingeräumte Steuerhinterziehung in Höhe von 449.000 Euro verurteilte die XII. Strafkammer ihn allerdings zu zwei Jahren Haft mit Bewährung. Außerdem muss er 200 Stunden gemeinnütziger Arbeit leisten. Staatsanwältin Heike Hantke hatte ihn dagegen auch für den Betrug als überführt angesehen. Drei Jahre und neun Monate Haft hatte sie gefordert. Nach dem Urteil kündigte sie für den Freispruch Revision an.

Flaschen kamen angeblich aus dem Keller eines Schweizers

Der 50 Jahre alte Essener hatte in Zusammenarbeit mit einem Edel-Italiener am Rande der Essener City Sammlern edler Weine einen Pinot Noir der „Domaine de la Romanee-Conti“ im französischen Burgund, kurz DRC, angeboten. 10.000 Euro blättern die Liebhaber in aller Welt für eine Flasche auf den Tisch. Der Vertriebsweg des französischen Weingutes ist streng reglementiert.

Der Essener Händler bediente dagegen den grauen Markt mit Flaschen, die angeblich aus dem Keller eines vermögenden Schweizers stammten. Auch der Angeklagte nahm rund 10.000 Euro pro Flasche, verkaufte in eineinhalb Jahren rund 300 davon. Dass darin billiger Wein abgefüllt war, fiel kaum auf, weil die Käufer die Flaschen als Anlageobjekt betrachten und nicht öffnen.

Experten begutachteten den falschen Wein

Objektiv, so Richter Detlef Heinrich in der Urteilsbegründung, handele es sich dabei tatsächlich um gefälschte Flaschen. In nichtöffentlicher Sitzung hatten Vertreter des französischen Weingutes dem Gericht erklärt, an welchen äußeren Merkmalen sie die Echtheit der Flaschen, des Korkens und des Etiketts erkennen können. Den Inhalt zweier Flaschen probierte ein Zeuge auch. Ergebnis: der falsche Wein.

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Entscheidend sei aber die subjektive Seite, führte Heinrich weiter aus. Wusste der Weinhändler, dass er falsche Flaschen verkaufte? Dies könne die Kammer nicht feststellen. Selbst die Käufer, allesamt erfahrene Weinhändler, hätten die Fälschungen äußerlich nicht erkannt. Der Richter sprach weitere Punkte an, die nach Meinung der Kammer die Schuld des Angeklagten nicht beweisen könnten.

Richter ordnete gemeinnützige Arbeit an

Möglich sei also, dass er die vom Essener Edel-Italiener gelieferten Flaschen gutgläubig als echten Wein verkauft hätte. Der Italiener, der im Prozess geschwiegen hatte und gegen den auch ermittelt wird, hatte gegenüber der Redaktion erklärt, dass auch er von seinem Lieferanten getäuscht worden sei. Von wem wiederum er den Wein erworben hatte, ist bislang nicht bekannt.

So blieb aus Sicht der Kammer lediglich die Steuerhinterziehung. Dafür sah sie eine Bewährungsstrafe als ausreichend an. Die gemeinnützige Arbeit ordneten die Richter als Auflage an, weil für den aktuell mittellosen Angeklagten eine Geldauflage sinnlos sei. „Sie haben ja einen Berg von Schulden vor der Brust“, prophezeite Richter Heinrich. Denn zivilrechtlich hafte der Weinhändler für den Schaden, wenn die Käufer das Geld für den gar nicht so edlen Tropfen zurückforderten.