Essen. Die kleine Gemeinde in Katernberg ist schon zweimal von Einbrechern heimgesucht worden und möchte ihre sakralen Kostbarkeiten besser geschützt wissen.
Es könnte wahrlich besser laufen für die Russisch-Orthodoxe Gemeinde. Schon zweimal war das Gemeindezentrum in den Schonnebeckhöfen 202 in Katernberg in letzter Zeit das Ziel von Einbrechern. Mal demolierten sie den Fernseher und durchwühlten sämtliche Behältnisse, dann entwendeten sie den Tresor. In einer Gemeinde, die jeden Euro zweimal umdrehen muss. Jetzt bittet Christina Smith um Unterstützung: „Ich suche nette Menschen, die einen Tresor zu verschenken haben.“
Die Essenerin, Leiterin des Künstlerischen Betriebsbüros des Theaters im Rathaus, wurde auf das drängende Safe-Problem der Russisch-Orthodoxen aufmerksam durch ihren Kollegen, den Haustechniker Leven Gigevski, einen gebürtiger Mazedonier, der in der Gemeinde als Diakon wirkt.
Feierliche Hochstimmung
Der 55-Jährige wirkt mit seinem gepflegten langen Bart und dem langen schwarzen Mantel wie ein russisch-orthodoxer Bilderbuch-Geistlicher. „Unseren Kelch haben wir für 200 Euro vergolden lassen – Geld, das wir mühsam durch Spenden aufgetrieben haben“, sagt der Diakon. Die Vorstellung, dass diese sakrale Kostbarkeit in die Hände skrupelloser Diebe fallen könnte, treibt den Gläubigen den Schweiß auf die Stirn. „Ein neuer Tresor, das wäre wirklich die Lösung“, sagt Gigevski.
Am gestrigen Donnerstag immerhin war das quälende Gefühl der Unsicherheit erst einmal in weite Ferne gerückt. Denn die „Russisch-Orthodoxe Kirche Essen“, so ihre offizielle Bezeichnung, beging in feierlicher Hochstimmung den ersten Weihnachtstag. Dieser fällt nach dem in der russischen Kirche gültigen Julianischen Kalender auf den siebten Tag im Januar gregorianischer Zeitrechnung.
Kein Geld aus der Zentrale
Zuerst trafen sich die gut 200 aus dem Ruhrgebiet angereisten Gläubigen dichtgedrängt zum Gottesdienst im kleinen, lichtdurchfluteten Gebetssaal. Dieser befindet sich in der ersten Etage eines verklinkerten Flachbaus im Schatten der Heilig-Geist-Kirche. Ganz russisch-orthodox hier: die Vorliebe für alles Goldfarbene samt Ikonenpracht. „Das soll unseren Gläubigen ein Gefühl von Heimat geben“, sagt Erzpriester Wiktor Aleksejew, seit Gründung der Gemeinde im Jahr 2005 ihr Vorsteher. 80 bis 100 Seelen bilden den Kern seiner jungen Gemeinde. Eine Zahl, die bei besonderen Anlässen – wie eben Weihnachten – auf 200 bis 300 hochschnelle. Russen und Weißrussen, Ukrainer und Georgier gehören dazu wie Gläubige aus den slawisch Ländern des Balkans.
Sieben Jahrzehnte Sowjet-Diktatur haben die Russisch-Orthodoxe Kirche beinahe an den Rand des Ruins gedrängt. Das bekommen auch die Auslandskirchen drastisch zu spüren, etwa, wenn sie in der Moskauer Zentrale die Hand aufhalten. „Ich habe den Patriarchen mehrmals um Unterstützung gebeten“, erzählt Wiktor Aleksejew. Doch jedes Mal habe man ihm unter größtem Bedauern bedeutet, dass das wenige Geld jetzt dringend für den Wiederaufbau der Kirche in Russland benötigt werde.