Essen-Frohnhausen. Die Cheerleader-Truppe Rising Rockets ist in Essen zu Hause. Mit amerikanischen Highschool-Klischees hat ihr Sport wenig zu tun. Ein Besuch.
Laute Stimmen dringen durch die Turnhalle der Frida-Levy-Gesamtschule. In Zweier- und Dreiergruppen springen die Mädchen durch die Halle, schlagen Räder und unterhalten sich miteinander. Doch dann ist Disziplin gefragt, das Aufwärmen geht los. Dutzende Turnschuhe trampeln auf den Hallenboden. Mal geht es ins Jogging, mal in die Kniebeuge: Willkommen beim Cheerleader-Traing der Rising Rockets (auf Deutsch: „aufsteigende Raketen“) aus Essen.
Um Cheerleading ranken sich diverse popkulturelle Mythen. Vor allem US-amerikanische Highschoolfilme prägten den Stereotyp der leicht bekleideten, dauerlächelnden, Pompon schwingenden jungen Frauen. Ist da etwas dran? Und wenn ja – ist das noch zeitgemäß? Vanessa Wiemann (30) und Luisa Allgut (25) winken ab. Die beiden sind bei den Rising Rockets, die ihr Zuhause bei der Hockeymannschaft SHC Rockets in Frohnhausen haben, als Trainerinnen der Kinder- und Jugendmannschaften aktiv.
Essener Cheerleading: Highschool-Klischee hat nichts mit der Wirklichkeit zu tun
„An dem Klischee ist nichts dran“, betont Wiemann. So komme der typische „Sideline-Cheer“ – so bezeichnet man es, wenn Cheerleader an der Seitenlinie performen, um ein Sportteam anzufeuern – zum Beispiel kaum zum Einsatz. Auch Pompons benutze man fast gar nicht mehr. Und: „Bei uns treten die kleinen Mädchen nicht mit bauchfreien Uniformen auf“, erklärt Wiemann.
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Was bei den Rising Rockets stattdessen im Fokus steht? Eine ganze Menge, sagen die beiden Trainerinnen. „Die Mädchen lernen Körperhaltung, Taktgefühl, tanzen und turnen, stärken ihre Kraft und Ausdauer“, beschreibt Allgut. Außerdem würden sie immer selbstbewusster: „Es ist total schön zu beobachten, wie die Kinder aus sich rauskommen. Manche sagen beim ersten Training kein Wort und tauen dann richtig auf.“
Frohnhauser Cheerleader-Truppe hat keine besonderen Voraussetzungen
Die nötigen Voraussetzungen für den Sport habe eigentlich jeder, erklärt Wiemann: „Man kann ohne Vorkenntnisse bei uns anfangen. Die ganz Kleinen starten mit einer Vorwärtsrolle und einem Rad.“ Anmelden kann man sein Kind schon ab einem Alter von vier Jahren. Die Rising Rockets haben verschiedene Mannschaften für unterschiedliche Altersgruppen und Trainingslevels.
Sie alle tragen extravagante Namen wie „Shiny Rockets“ („Glänzende Raketen“), „Luminous Rockets“ („Leuchtende Raketen“), „Lightning Rockets“ („Blitzraketen“), „Twinkle Rockets“ („Funkelnde Raketen“) oder „X-ploding Rockets“ („Explodierende Raketen“). Das Team der „Seniors“, der Cheerleaderinnen im Erwachsenenalter, wird gerade neu gegründet.
Nachwuchs für Essener Cheerleader-Mannschaften gesucht
Was man nach vielen Übungsstunden schaffen kann, zeigen die Cheerleaderinnen in diesem Training eindrucksvoll. Während die Trainerin auf Englisch von eins bis acht zählt, fassen vier Mädchen einem fünften unter die Füße und heben es alle zusammen hoch. Eine kurze Pose mit ausgestreckten Armen – dann werfen die vier Mädchen ihre Teamkameradin hoch in die Luft und fangen sie mit einer geschmeidigen Bewegung wieder auf.
56 Kinder sind dabei
Wer Teil der Rising Rockets werden möchte, kann sich per Mail an rising-rockets-anfragen@gmx.de melden.Aktuell trainieren 56 Kinder in den Cheerleader-Teams. Einige von ihnen sind über Online-Trainings während der Corona-Pandemie dazugekommen.
Lara (11) und Luisa (16) sind beide seit 2018 Teil der Rising Rockets. Beide bestätigen: Der Sport mache richtig Spaß. „Ich habe hier alles gelernt. Radschläge und den ‘Elevator’ zum Beispiel“, erzählt Lara. Als „Elevator“ bezeichnet man im Cheerleading eben jene Figur, bei der einige Teammitglieder ein anderes unter den Füßen stützen und in die Luft heben. „Ich mag gerne Akrobatik und tanzen“, sagt Luisa. „Und die Verbundenheit mit dem Team finde ich toll.“
Aktuell sind die Rising Rockets auf der Suche nach Nachwuchs für alle ihre Mannschaften – vor allem für das Senior-Team. Auch Jungen sind ausdrücklich willkommen. „Die erreichen wir immer etwas schwerer“, berichtet Allgut. Obwohl es im professionellen Cheerleading viele Teams gebe, in denen Männer beispielsweise ihre Körperkraft einsetzten, um eine Pyramide von unten zu stützen. Neben ihren Auftritten bei Spielen der SHC Rockets nehmen die Cheerleaderinnen auch an Meisterschaften teil.