Essen.. Rund 100 Anwohner kamen zum WAZ-Mobil und protestierten gegen die als Willkür empfundene Umbenennung der Von-Seeckt/Von-Einem-Straße durch Stadtteilpolitiker. Rund 500 Bürger haben sich bereits in die Unterschriftenliste gegen die neuen Straßennamen ausgesprochen.
Ignorant, undemokratisch, unverschämt schallt es dem Grünen-Politiker Walter Wandtke entgegen, als er vor über 100 Anwohnern der Von-Seeckt/Von-Einem-Straße den Umbenennungs-Beschluss seiner Partei verteidigt. Obwohl nicht Mitglied der Bezirksvertretung II, stellt er sich als einziger dem Unmut der Bürger. Und der war in der Tat heftig: „Warum hat die Politik uns vorher nicht informiert? Ich habe nur durch Zufall erfahren, dass die Straße, in der ich eine Wohnung besitze, künftig anders heißen wird“, beklagt Clemens Stahmer-Ilgner.
Es folgten Fragen zu Kosten: Nicht nur die Änderung von Personal- und Geschäftspapieren müssten bezahlt werden, sondern in Teilen auch die Hausnummern, „denn diese sind in der Von-Seeckt-Straße zum Teil nicht durchgängig“, wie der Initiator der Unterschriftenaktion gegen die Umbenennung, Thomas Hurwitz, bemängelte. Rund 500 Bürger haben sich binnen fünf Tagen in seine Listen eingetragen. „Dass Sie sich darüber hinweg setzen, macht uns zu Wutbürgern“, erklärte Dagmar Rode. „Meine Vorstellung war, dass man als Bürger auf der untersten politischen Ebene mitreden kann.“ Dafür gab es Applaus – gefolgt vom häufig gehörten Satz in Richtung des Grünen Vertreters Wandtke: „Das wird sich bei der nächsten Wahl rächen.“
„Diese rot-rot-grüne Entscheidung ist keine gelebte Bürgerdemokratie“
Für die CDU waren Heidemarie von Münchhausen und Hannelore Pintzke gekommen – und sprachen für die deutliche Mehrheit der Anwesenden, als sie eine Verlagerung der Diskussion in den Rat der Stadt anregten. „Diese rot-rot-grüne Entscheidung ist keine gelebte Bürgerdemokratie“, erklärte von Münchhausen. „Wir Bezirkspolitiker sind von Bürgern gewählt worden, um ihre Interessen zu wahren. Und der Bürgerwille wird durch die Unterschriftenaktion überdeutlich.“
Kontrovers wurde auch über die Gesinnung der beiden Generäle aus dem I. Weltkrieg Hans von Seeckt und Karl von Einem diskutiert. Waren sie Antidemokraten und den Nazis in einem solchen Maße zugewandt, dass man ihre Namen aus dem Stadtbild tilgen muss? Uta Ranke-Heinemann etwa erklärte, sie habe mit dem Dramatiker Rolf Hochhuth telefoniert, „er war empört über die geplante Umbenennung und hat mir versichert, dass von Seeckt sogar ein Nazi-Gegner war.“ Der 18-jährige Maximilian Gajewski, der einen Geschichts-Leistungskurs besucht, hat das von seiner Lehrerin ebenfalls so gehört. Der Rechtsanwalt und Anwohner Sigurd Wagner ergänzte, „beide Generäle wurden von den Nazis instrumentalisiert und konnten sich dagegen nicht wehren, weil sie bei der Benennung der Straßen 1937 schon tot waren.“ Und was, wenn es nicht so wäre? „Wir leben hier nicht in einer Hitler- oder Goebbels-Straße. Dann wäre sicherlich keiner gekommen, um sich gegen die Umbenennung auszusprechen. Statt dessen erinnern diese Namen an Deutschlands Vergangenheit und bringen die Bürger dazu, sich damit auseinander zu setzen.“ Rechtlich könnten Bürger gegen die Entscheidung zur Umbenennung vorgehen, wie Hannelore Pintzke betonte. Sigurd Wagner kündigte daraufhin eine Klage an.