Teil sieben unserer Serie: Bei Wind und Wetter sammeln sie den Müll der anderen auf.

Von Nina van Bevern

"Soziales Engagement muss gewürdigt werden!", findet Frank Skrube, Marketingleiter der Wohnbau eG, und stellt zusammen mit der FUNKE Mediengruppe Essens "ALLTAGSHELDEN" vor. Sie, liebe Leser:innen, konnten uns Ihre Vorschläge schicken. So vielfältig wie das Leben waren auch die Einsendungen. Die Jury hatte die Qual der Wahl und es war nicht leicht eine Auswahl zu treffen.

Thomas Frischmuth, Carl-Hermann Theiß und Marcus Franken präsentieren den Abstimmungsaschenbecher in Kray.
Thomas Frischmuth, Carl-Hermann Theiß und Marcus Franken präsentieren den Abstimmungsaschenbecher in Kray. © WasteWalk | Unbekannt

Frank Skrube: "Der Einsatz ist in vielen Bereichen möglich. Und kann direkt vor der eigenen Haustür starten. Müll aufsammeln, dem Nachbarn helfen oder nur ein offenes Ohr haben: Das sind Dinge, die jeder sofort machen kann. Toll, wenn es Menschen gibt, die mit gutem Vorbild voran gehen.
"So wie Brigitte Claes aus Altendorf. Sie ist jeden Tag unterwegs! Drei Stunden lang sammelt sie Müll großräumig rund um die Christuskirche. Die Seniorin gehört der Initiative „Altendorfs Bürger engagieren sich“ an und begleitet u. a. die Gruppe um Johannes Hüttemann bei der Müllentsorgung am Niederfeldsee. In ihrem Kiez ist sie aber lieber Einzelkämpferin. Schon früh am Morgen zieht sie mit Müllzange und Karren los, um das aufzusammeln, was andere Menschen achtlos auf den Boden und in die Grünflächen schmeißen. Woher nimmt sie die Kraft und den Willen diese Arbeit sieben Tage in der Woche bei Wind und Wetter auf sich zu nehmen?

"Ich bin ein Ästhet durch und durch. Mir ist es wichtig, dass alles sauber und ordentlich ist. Daher kommt das wohl", sinniert Brigitte Claes. Sie war viele Jahre am Gericht tätig und schon berufsbedingt immer ein früher Vogel. Ihr Tagewerk kann die Altendorferin aber meistens nur kurz genießen, denn oft sind die Plätze und Ecken sofort wieder zugemüllt. Das ist frustrierend. Trotzdem gibt Brigitte Claes nicht auf und hofft, dass sich einige Menschen an ihr ein Beispiel nehmen. "Wenn alle mithelfen würden, die Straßen sauberer zu halten, dann wäre es viel einfacher!" Hilfe wäre wünschenswert, denn Brigitte Claes schleppt täglich zwei große Müllsäcke mit jeweils 120 Litern zum Sammelplatz vor der Kirche. Wenn man das auf die sieben Jahre hochrechnet, die sie schon im Einsatz ist, kommt eine kleine Müllhalde zusammen.

"Mich beeindruckt diese konstante Motivation, den Müll der Anwohner*innen zu entsorgen und sich für andere einzusetzen, obwohl sie dafür nicht nur positiven Zuspruch erfährt", unterstreicht Michaela Langenheim, Ev. Pfarrerin. Sie hat Brigitte Claes daher erfolgreich für die Aktion "ALLTAGSHELDEN" nominiert. Wer glaubt, dass mit dem Müllsammeln das soziale Engagement von Brigitte Claes endet, der irrt gewaltig. Denn sie betreut darüber hinaus intensiv einen 93-Jährigen und unterstützt die Evangelische Lutherkirchengemeinde bei ihrem Kinoangebot. Eine echte Alltagsheldin!

Der Müll der anderen ist auch den fleißigen Mitstreitern des Vereins "WasteWalk" ein "Dorn im Auge". Ende 2017 beschlossen Christine und Marcus Franken zukünftig gegen den Alltagsmüll im direkten Umfeld vorzugehen. "Die Idee war, bei einem gemütlichen Spaziergang einmal im Monat durch den Stadtteil den am Wegesrand liegenden Müll einzusammeln. Gesagt, getan. Freunde und Bekannte schlossen sich an. So auch der Bundestagsabgeordnete Dirk Heidenblut, der von Beginn an die Initiative nach Kräften unterstützt", berichtet der Vorstandsvorsitzende Marcus Franken. Über die Monate wuchs die Teilnehmerzahl immer weiter, Mitte 2019 waren Gruppen in 15 Stadtteilen unterwegs und der Verein wurde gegründet. Mittlerweile sind rund 60 Mitglieder jeden Alters dabei.

Der Verein arbeitet eng mit der EBE und anderen städtischen Institutionen zusammen. So konnte zum Beispiel in Kray, wo Thomas Frischmuth federführend im Einsatz ist (er betreut übrigens auch den Gemeinschaftsgarten am Hörster Feld), ein Abstimmungsaschenbecher in Kooperation mit dem Stadtteilbüro aufgehängt werden. Die Frage "Wärst Du lieber allwissend oder unsichtbar?" können Raucher dort mit ihrer ausgedrückten Kippe beantworten. Dann landet das giftige Teil nicht - wie sonst leider allzu oft üblich - einfach auf dem Boden.