Essen. Ob Bartagame, Schnappschildkröte oder Vogelspinne. Exotische Tiere verursachen dem Albert-Schweitzer-Tierheim in Essen erhebliche Kosten. 250 Euro sind allein für eine der speziellen UV-Lampen fällig. Und die Tiere sind alles andere als leicht zu vermitteln.

Es war ein lauwarmer Sommerabend, als im Essener Tierheim ein hörbar besorgter Gartenlauben-Besitzer anrief: „Da sitzt ein Drache auf meinem Dach“, war sich der Mann sicher. Und hatte fast Recht, es war ein Leguan – ein ziemlich großer noch dazu: „Das Tier maß einen Meter fünfzig“, erinnert sich Bärbel Thomassen, Leiterin des Albert-Schweitzer-Tierheims.

Ihr Team rückte aus und fing die Echse. Verletzt wurde bei der Aktion niemand. Anders als bei der Zwergklapperschlange, die vor kurzem einen Halter in Duisburg biss und ins Krankenhaus brachte.

Haltung gefährlicher Tiere erschweren

NRW-Umweltminister Johannes Remmel will deshalb die Haltung von gefährlichen Haustieren erschweren. Und auch das Tierheim Essen hat das Problem der exotischen Tiere längst erreicht. Thomassen: „Als ich vor acht Jahren anfing, waren unsere größten Exoten zwei Wasserschildkröten.“ Heute tummeln sich zwölf ungewöhnliche Tiere in den Käfigen an der Grillostraße – und verursachen ein echtes Kostenproblem.

Das Heim greift ein, wenn ein Halter nicht mehr mit dem Tier zurecht kommt, wenn Behörden das Tier seinem Besitzer wegnehmen oder wenn es als Fundtier auf der Straße aufgelesen wird. 2011 wurde dazu eigens ein Raum errichtet, der ein dutzend Terrarien und Aquarien beherbergt. Drei Bartagamen, drei Kornnattern, zwei Vogelspinnen und vier Wasserschildkröten sind dort momentan untergebracht: „Und damit ist der Raum auch voll.“

Erst einmal die Tierart bestimmen

Für das Tierheim ist die Unterbringung solcher Tiere mit einem hohen finanziellen und verwaltungstechnischen Aufwand verbunden: „Es ist eben nicht nur: Tier kommt und Tier wird wieder abgeholt“, erklärt Thomassen. So muss bei den Exoten erst einmal die Tierart bestimmt werden. Steht das Tier unter Artenschutz muss dann die Untere Landschaftsbehörde hinzugezogen werden; ist es gefährlich für die Mitarbeiter? Dann werden externe Experten hinzugezogen: „Auch die Auffangstation in München hilft uns. Dort schicken wir Fotos hin. Im besten Fall können diese dort bestimmt werden.“

Das alles kostet Zeit – vor allem die der darauf spezialisierten Tierpfleger im Heim: Rabea Jügel ist so eine, sie hält Zuhause selbst exotische Tiere und ist mitunter erschrocken, wie schlecht es um die Vorkenntnisse bei Tierhaltern bestellt ist: „Wird eine Bartagame aus dem Terrarium auf die Hand genommen, denkt sie ein Greifvogel würde sie gerade packen. Das ist für die Tiere ein unglaublicher Stressfaktor.“

Die Kosten für das Heim

Stress kommt auch bei Bärbel Thomassen auf, wenn es um die Kosten für die im Heim untergekommenen Tiere geht. Teure Terrarien, für jedes Tier ein eigenes, da diese nur selten gemeinsam gehalten werden können, schlagen da auch schon mal mit 300 Euro zu Buche. Doch das reine Habitat alleine macht noch keine tiergerechte Haltung. Gerade bei Exoten sind die zusätzlichen Kosten nicht von der Hand zu weisen: Speziallampen etwa – jede um die 250 Euro teuer – dazu das aufwendige Interieur des Geheges.

Thomassen: „Wir müssen bei jedem Tier schauen, aus welcher Region es kommt. Eine Vogelspinne etwa kann nicht in das Terrarium mit Steppenlandschaft gepackt werden.“ Dazu kommt das Futter: Frischfutter, klein geschnitten, kostet das Tierheim mit 15 Euro am Tag genauso viel wie ein großer Hund.

Exoten sind Dauergäste

Doch anders als das flauschige Getier verlassen die Exoten das Tierheim nicht so schnell. Sie sind echte Dauergäste. Thomassen: „Im Schnitt bleiben sie bei uns 92 Tage.“ Zum Vergleich: Einen Hund findet nach rund 60 Tagen ein neues Herrchen, bei einer Katze sind es 62.“

Auch deshalb will das Tierheim die Auffangstation für die Exoten nicht mehr vergrößern: „Wir kämen sonst auch in einen moralischen Zwiespalt. Einerseits päppeln wir Mäuse auf, anderseits halten wir Tiere, die diese verspeisen.“