Essen. Die mittelalterliche St. Luciuskirche in Werden gilt als eine der ältesten Pfarrkirchen nördlich der Alpen. Wie der benachbarte ehemalige Friedhof ist sie ein entrückter Ort der Stille mitten in der Großstadt
Es sind nur ein paar Schritte die Heckstraße herunter und doch liegen Welten zwischen der belebten Werdener Altstadt mit ihren geduckten Fachwerkhäusern und dem steinernen Sakralbau aus dem Mittelalter: Die St. Luciuskirche stand schon immer im Schatten der imposanten Werdener Abtei. Sie hat sich an diese Rolle gewöhnt und gibt sich eher bescheiden und unprätentiös. Nötig hätte sie es eigentlich nicht: 1063 geweiht, gilt der wuchtige, gedrungene Bau mit seinen drei Türmen als einer der ältesten Pfarrkirchen nördlich der Alpen.
Heute steht wie fast jeden Morgen die bronzene Eingangstür für Besucher und Gläubige offen. Kühl und still ist es in dem fast schmucklosen Saalbau mit seinen niedrigeren Seitenschiffen. Eine Handvoll Frauen sitzt unweit des Altars, ins Gebet versunken. Durch die schmalen Fenster dringt das Tageslicht nur spärlich in den Raum, der wie eine Perle in der Dämmerung schimmert. Christentum, so scheint es, verzichtete zu der Zeit, als die Luciuskirche erbaut wurde, auf Glanz, Pomp und Größe, konzentrierte sich auf das Wesentliche: Gott den Menschen näher bringen.
Ein Fremdkörper, der den Weg versperrt
Zurück im Sonnenlicht gelingt es nicht, den steinernen Bau mit seinem von Grünspan überzogenen Kupferdach vollständig zu umrunden. Irgendwann in den vergangenen 40 Jahren hat die katholische Gemeinde Werden ein Altenzentrum direkt an die Mauern der Luciuskirche angebaut. Ein Fremdkörper, der nicht nur den Weg versperrt, sondern einfach nur stört. Viel harmonischer fügt sich dagegen die geschlossene orangefarbene Häuserreihe links vom Gotteshaus in das Gesamtbild. Obwohl erst im vorletzten Jahrhundert errichtet, scheint es, als wenn schon immer an dieser Stelle Menschen gewohnt hätten.
Viele von ihnen fanden wahrscheinlich auf dem benachbarten Friedhof ihre letzte Ruhe. Die Begräbnisstätte existiert laut einer Urkunde bereits seit 1103, aber der Friedhof in seiner heutigen Form wurde erst 1824 angelegt und bereits 52 Jahre später wieder aufgegeben. Übrig geblieben sind ein paar verwitterte Grabstelen und -steine, auf denen die Inschriften nur noch schwer zu entziffern ist, und die himmlische Ruhe, die die wenigen Besucher unter den mächtigen Bäumen sitzend genießen. Ähnlich wie die Luciuskirche, liegt auch der kleine Park im Schatten der naheliegenden Brehminsel.
Sinnbild der deutschen Geschichte
Dabei findet sich am anderen Ende des Friedhofs noch ein ganz besonderes Sinnbild der deutschen Geschichte: Grimmig, aber voller Würde schauen die Reichsgründer von 1871, General Moltke, Kaiser Wilhelm I. und der Reichskanzler Fürst Bismarck auf ihre Betrachter herab. Die drei Statuen, geschaffen von dem Werdener Bildhauer Wilhelm Albermann, zierten bis 1932 die alte Ruhrbrücke und wurden nach deren Abbruch in die Dückerstraße verbannt.
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