Sie stellten den ersten Jahrgang, der nach dem Zweiten Weltkrieg im Jahr 1950 ein reguläres Abitur auf dem Helmholtz-Gymnasium ablegte. Seit vielen Jahren treffen sich die Männer rund um Walter Runge (84) regelmäßig wieder und tauschen Erinnerungen aus.
„Nein, Steine klopfen mussten wir in unserem Gymnasium nicht“, widerlegt Organisator Walter Runge direkt zum Anfang des Gesprächs das wohl am weitesten verbreitete Gerücht, was ihren Jahrgang betrifft. „Aber es war schon so, dass wir altes Baumaterial aus dem zerstörten, ursprünglichen Helmholtz geholt und zu unserem provisorischen Gymnasium gebracht haben“, beruhigt er danach ein wenig. Es war eine Zeit voller Provisorien damals, nach den Bombennächten des März 1943, die ein wenig der Erläuterung bedarf.
Nur drei Jahre lang besuchten Walter Runge und ein großer Teil seiner zukünftigen Mitabiturienten, einige kamen erst nach dem Krieg zum Helmholtz, ihr Realgymnasium an der Heinickestraße im heutigen Südviertel. Doch als die Bomber der Royal Airforce kamen, war damit Schluss. Das Helmholtz war zerstört. „Nach und nach wurden alle Schulen geschlossen, wir kamen in die Kinderlandverschickung“, berichtet Franz Göttgens (85). Für die Helmholtz-Schüler ging es unter anderem in die Ostgebiete, ins heutige Kormeriz nach Tschechien, später nach Prag, dann nach Österreich.
Eine Schulbank in Essen drückten sie erst wieder im November 1945 an der Rosastraße. Als Gäste des Maria-Wächtler-Mädchengymnasiums wechselten sich die Jungen mit den Mädchen ab, vormittags die einen, nachmittags die anderen. „Es regnete durch, wir mussten mit Pötten das Wasser auffangen“, schildert Göttgens die damalige Situation. Halb so schlimm, das Gebäude war noch halbwegs intakt. Nur mit dem Essen war es so eine Sache: „Es gab Lebensmittelkarten, aber nichts zu futtern. Ich bin dann mit Warmhaltekübeln voller ,Quäker-Speise’, einer Biskuitsuppe von den Amerikanern, herumgegangen“, erinnert sich Göttgens. Manchmal gab es auch Erbsensuppe mit ein bisschen Fleischwurst, aber die süße Suppe der Glaubensgemeinschaft aus den USA war weitaus beliebter bei den Schülern. Gegessen wurde während des Unterrichts.
Bis zum Ende ihrer Schulzeit mussten die zukünftigen 27 Abiturienten improvisieren. Das neue Helmholtz-Gymnasium wurde erst 1958 direkt nebenan eröffnet. Aus den Augen verloren haben sich die Herren nie, 16 von ihnen leben noch. Zum diesjährigen Treffen kamen sie unter anderem aus Köln, Münster, Krefeld und sogar dem fernen Augsburg. Dafür sorgt schon ihr Walter.