Essen-Rüttenscheid. Bei öffentlichen Häusern kommt Barrierefreiheit manchmal zu kurz. Warum Nachbessern für das Bürgerzentrum in Rüttenscheid nun günstig erscheint.

  • Eigentlich sollten öffentliche Einrichtungen wie Ämter und Bürgerhäuser barrierefrei ausgestattet sein. Doch das ist nicht immer der Fall.
  • Dafür gibt es eine ganze Reihe von Beispielen aus unterschiedlichen Stadtteilen, darunter Kupferdreh, Steele, Frohnhausen und Werden.
  • Zudem meldet sich der Inklusionsbeauftragte aus dem Bezirk II zu Wort. Benjamin Thomas ist selbst Rollstuhlfahrer und gehört der Bezirksvertretung an.

Ob Umbau des Kupferdreher Bürgeramtes oder die Sanierung des Kulturforums in Steele: Bei allen Bauvorhaben ging es stets auch um Barrierefreiheit. Immerhin wurde diese mitunter zunächst nicht berücksichtigt. Manchmal auch gar nicht, wie jüngst beim Bürgerbüro in Frohnhausen. Oder beim Werdener Stauwehr. Ein weiteres Beispiel kommt aus Rüttenscheid.

Im nächsten Jahr soll der Brandschutz im Bürgerzentrum von Grund auf erneuert werden

Damit Rollstuhlfahrer die oberen Stockwerke erreichen, soll ein Fahrstuhl eingebaut werden.
Damit Rollstuhlfahrer die oberen Stockwerke erreichen, soll ein Fahrstuhl eingebaut werden. © Kira Alex | Kira Alex

Das Bürgerzentrum Villa Rü ist zwar als Veranstaltungsort und Treffpunkt stark gefragt, hat aber „einen ganz entscheidenden Nachteil“, sagt Benjamin Thomas, Bezirksvertreter, Inklusionsbeauftragter im Bezirk II und selbst Rollstuhlfahrer. Es mangele an Barrierefreiheit. Doch das Bürgerzentrum stehe in Essen mit dem Problem nicht allein.

In der Villa Rü im Herzen des Stadtteils solle endlich ein Aufzug eingebaut werden, so der Christdemokrat. Er untermauert eine Forderung, die die Bezirksvertretung schon seit langem erhebt. Gerade jetzt sei der Zeitpunkt besonders günstig.

Die Stadt will ab dem kommenden Jahr für rund 300.000 Euro den Brandschutz in dem einstigen Schulgebäude erneuern. Wenn man aber schon eine solche Instandsetzung vornehme, sei es doch nur folgerichtig, auch dafür zu sorgen, das Bürgerzentrum komplett behindertenfreundlich auszustatten, betont Thomas. Während sich das Erdgeschoss noch barrierefrei erreichen lasse, treffe das auf das erste und zweite Stockwerk nicht mehr zu. Dort aber liege aber der überwiegende Teil der Räume, so Thomas.

Oberbürgermeister Kufen sicherte Barrierefreiheit bei neuen Anmietungen zu

Vor allem befindet sich in der ersten Etage auch die Aula und damit der größte Saal, den die Villa zu bieten hat. Angesichts von Abstandsregeln in Coronazeiten wird der Raum derzeit sehr häufig beansprucht, sowohl von Gruppen und Vereinen als auch von Veranstaltern. Beispielsweise geht dort die Musikreihe des B.S.E. Jazzclub allmonatlich über die Bühne.

Protest bei der Einweihung des Frohnhauser Bürgerbüros, das nicht barrierefrei erreichbar ist.
Protest bei der Einweihung des Frohnhauser Bürgerbüros, das nicht barrierefrei erreichbar ist. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Thomas erinnert daran, dass Oberbürgermeister Kufen bei der Einweihung des Bürgerbüros in Frohnhausen Mitte September zugesichert habe, dass in Zukunft kein Lokal mehr angemietet werde, das nicht barrierefrei sei. Damit reagierte der OB auf die Kritik, dass die Räume in Frohnhausen diesen Anspruch nicht erfüllen und derzeit nach einer Lösung gesucht wird.

Nun besteht das Bürgerzentrum in Rüttenscheid zwar schon viele Jahrzehnte, erläutert Thomas. Aber der Anspruch müsse doch sicherlich auch für Bestandsgebäude gelten. Ferner habe die Bezirksvertretung in der Vergangenheit wiederholt auf den Missstand hingewiesen und die Stadt darauf aufmerksam gemacht, dass hier endlich eine Lösung gefunden werden muss.

Aktuelle Nutzung der Villa Rü mit Feuerwehr abgestimmt

Da es mit der Sanierung in Sachen Brandschutz noch ein bisschen dauert, weist die Stadt darauf hin, dass die aktuelle Nutzung der Villa Rü mit der Bauaufsicht und der Feuerwehr abgestimmt sei. Funkvernetzte Rauchmelder stellen danach im gesamten Gebäude eine rechtzeitige Alarmierung der sich im Gebäude aufhaltenden Personen sicher.Flucht- und Rettungswege seien in ausreichender Anzahl und erforderlicher Qualität vorhanden. Die geplanten Arbeiten würden eine Verbesserung des Brandschutzes.

Für den Inklusionsbeauftragten ist auch vollkommen unverständlich, dass in heutiger Zeit, in der eigentlich auf Behindertenfreundlichkeit großer Wert gelegt werde, es noch immer Fälle wie den des Stauwehrs in Werden gebe. Dort weigere sich offensichtlich der Ruhrverband, einen Aufzug oder eine Rampe einzubauen, damit Gehbehinderte oder Eltern mit Kinderwagen auf das Stauwehr gelangen können. Die zuständige Bezirksvertretung habe die Haltung des Verbandes bereits deutlich kritisiert, hebt Thomas hervor.

In der Villa Rü soll ein Fahrstuhl seinen Platz finden

In Rüttenscheid könne die Stadt doch nun mit gutem Beispiel vorangehen und den gewünschten Fahrstuhl installieren, so der Inklusionsbeauftragte. Da es auch für Vereine immer schwieriger werde, geeignete und bezahlbare Räume für Zusammenkünfte und Versammlungen zu finden, werde das Bürgerzentrum zwingend gebraucht und die Räume sollten eben auch für gehbehinderte Menschen erreichbar sein.

Bislang ist die Installation allerdings noch nicht vorgesehen, berichtet Stadtsprecherin Jacqueline Schröder. Ab dem kommenden Jahr solle der Brandschutz rundum erneuert werden. Dabei gehe man abschnittsweise vor und rechne derzeit mit rund einem Jahr Bauzeit. Sollte sich aber herausstellen, dass noch ungeplante Zusatzarbeiten erforderlich seien, könne sich der Zeitraum auch verlängern.