Essen.. Für vier Jahre bei der städtischen GVE erhält Ex-Geschäftsführer Andreas Hillebrand 28 Prozent seines Gehalts. Lukrativer Vertrag macht’s möglich.

Dass Geschäftsführer und Vorstände städtischer Gesellschaften in der Regel gut bezahlt werden, ist bekannt und war schon öfter Gegenstand kritischer Debatten.  Dass auch die Altersversorgung  exzellent ist, darf man vermuten, doch werden im jährlich vom Stadtkämmerer vorgelegten Beteiligungsbericht dazu keine konkreten Zahlen ausgewiesen. Genaueres kam jetzt in einem delikaten Fall ans Licht: beim früheren Chef der städtischen Immobilienverwaltung GVE, Andreas Hillebrand, der im Juli 2015 diesen Posten wegen des Stadion-Skandals verlor.

Sein zum 1. Januar 2011 geschlossener Anstellungsvertrag enthält demnach einen Versicherungsvertrag zur Ruhegeldversorgung, der Hillebrand einen Basissatz von 20 Prozent seines Geschäftsführergehalts plus zwei Prozent für jedes Jahr im GVE-Dienst garantiert. Im Beteiligungsbericht für 2014 ausgewiesen ist als letzte verfügbare Zahl ein Jahresgehalt von 130 894 Euro. Da Hillebrand, ursprünglich städtischer Angestellter, 2015 in die Stadtverwaltung zurückversetzt wurde, war er also vier volle Kalenderjahre als GVE-Chef tätig und hat allein aus dieser Tätigkeit nach Eintritt in den Ruhestand eine Anwartschaft von 28 Prozent gemessen am Gehalt erworben. Das wären rund 36.650 Euro pro Jahr – lebenslang. „Für vier Jahre Arbeit ist das sehr auskömmlich“, meint ein Kenner der Rentenmaterie. Normale Arbeitnehmer, auch solche mit vergleichbar hohem Gehalt, könnten davon nur träumen.

Hohe Eintrittsalter = hohe Altersrücklagen

Die Eckdaten zu Hillebrands Versicherungsvertrag stammen aus einem Schreiben von Baudezernentin Simone Raskob, das dieser Zeitung vorliegt. Es ging an alle Ratsmitglieder und bezieht sich auf eine Anfrage des Ratsherrn Jochen Backes. Den derzeit fraktionslosen Kommunalpolitiker, der demnächst dem Essener Bürgerbündnis (EBB) beitreten wird, hatte eine Zahl im Jahresabschlussbericht 2014 der GVE stutzig gemacht. Demnach hatte die städtische Gesellschaft allein in diesem Jahr 131.000 Euro in eine überbetriebliche Unterstützungskasse für eine Alters- und Hinterbliebenenversorgung zugunsten Hillebrands eingezahlt. Backes bat um Aufklärung. Raskob, die im Aufsichtsrat der GVE sitzt und im Verwaltungsvorstand für die städtische Immobilientochter zuständig ist, erläutert im Antwortschreiben, wie die „extrem hohe Zahlung“  zustande kam: „Gemessen am voraussichtlichen  Renteneintrittsalter unter Berücksichtigung des Diensteintrittsalters waren die entsprechenden Beiträge einzuzahlen.“

Als Hillebrand 2011 die GVE übernahm, war er bereits 55 Jahre alt. Um sein daher spätestens zehn Jahre nach Antritt der Geschäftsführerfunktion fälliges Ruhegeld zu finanzieren, war also nicht mehr viel Zeit, folglich hatten die Jahresprämien für den Versicherungsvertrag ein recht hohes Volumen. „Das ist simple Versicherungsmathematik“, so der Kenner. Wie sich Hillebrands Rentenanwartschaft insgesamt unter Berücksichtigung von Beitragszahlungen vor und nach der Geschäftsführertätigkeit zusammensetzt, ist nicht Gegenstand von Raskobs Schreiben.

Die Baudezernentin erwähnt auch, „dass derartige Vereinbarungen mit Geschäftsführern zum damaligen Zeitpunkt nicht unüblich waren“. Daraus darf man schließen, dass auch andere Chefs städtischer Töchter in den Genuss großzügiger Anwartschaften kommen. Immerhin aber: „Zwischenzeitlich hat der Rat auf Vorschlag der Verwaltung die damalige Praxis aber deutlich eingeschränkt“, so Raskob in ihrem Antwortschreiben.

Befasst mit Hillebrands Vertrag war „sein“ Beteiligungsmanagement

Interessant ist darin auch ein weiterer Passus, in dem es um die Frage geht, wer seinerzeit die für Hillebrand günstige Ruhegeldregelung ausarbeitete und genehmigte. Gesellschaftsvertraglich geregelt sei, „dass der Aufsichtsrat über die Gewährung von Versorgungszusagen beschließt“, so Raskob. Dann heißt es weiter: „Der Vertrag wurde im Einvernehmen mit dem damaligen Beteiligungsmanagement mit Wirkung vom 01.01.2011 geschlossen. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses war der ehemalige Geschäftsführer noch hauptamtlich als Leiter des Beteiligungsmanagements der Stadt Essen tätig.“

Das bedeutet, dass der Geschäftsführervertrag für Andreas Hillebrand nebst der vertraglichen Fixierung der Ruhestandsregelung in einer Abteilung der Finanzverwaltung bearbeitet wurde, in der Andreas Hillebrand selbst der Chef war. Ob diese Doppelrolle zu besonderen Vertragskonditionen führte, muss vorläufig offen bleiben. Keiner der befragten direkt oder indirekt Beteiligten sah sich imstande oder war willens, dazu klare Angaben zu machen.