Essen-Frohnhausen. In Frohnhausen gibt es jetzt ein neues Stadtteilbüro. Menschen im Rollstuhl kommen aber nicht hinein. Die Stadtspitze muss sich rechtfertigen.
Das neue Stadtteilbüro in Frohnhausen soll die Menschen dort zusammenbringen – wer im Rollstuhl sitzt, kommt aber nicht rein. Mehrere Stufen führen in das Büro an der Mülheimer Straße. Eine Gruppe von Menschen mit Behinderung hat deshalb jetzt protestiert. „Wir müssen leider draußen bleiben“ stand auf ihren Plakaten, die sie zur Eröffnung des Stadtteilbüros erstellt hatten.
„Viele Betroffene fühlen sich vor den Kopf gestoßen“, sagt Gülay Acar. Die stellvertretende Inklusionsbeauftragte im Bezirk sitzt selbst im Rollstuhl und ist auf Assistenz angewiesen. Gerade die Corona-Zeit hat noch einmal gezeigt, wie schnell Betroffene ausgegrenzt werden könnten und sich einsam fühlten. Daher kann sie nicht verstehen, dass ausgerechnet der Zugang zum Stadtteilbüro, das für alle Bürgerinnen und Bürger des Stadtteils offen stehen soll, nicht barrierefrei ist.
Oberbürgermeister antwortet mit Plakat
Oberbürgermeister Thomas Kufen hatte selbst ein Plakat mitgebracht: „Wir haben verstanden“ lautete die Aufschrift. Und er versprach in Anwesenheit der Protestierenden: „Wir mieten kein Lokal mehr an, das nicht barrierefrei ist.“ Auch in diesem Fall sei es nicht die gewünschte Lösung, aber nach langer Immobiliensuche habe man sich nun doch für die Räumlichkeiten an der Mülheimer Straße 56 entschieden. Es sei schlicht keine barrierefreie Immobilie in zentraler Lage zu finden gewesen. „Am Ende war es ein Kompromiss, damit wir starten können“, erklärte Kufen, denn für die neuen Stadtteilbüros stehen Fördermittel der Krupp-Stiftung bereit, die genutzt werden sollten.
In Karnap und Kray sind die neuen Stadtteilbüros bereits im vergangenen Herbst eröffnet worden. In Frohnhausen hatte sich die Eröffnung verzögert, unter anderem wegen der langen Immobiliensuche. Dass der jetzige Kompromiss auf Dauer nicht haltbar ist und die Barrierefreiheit ein Ziel bleiben muss, räumten die Vertreterinnen und Vertreter der Stadtverwaltung vor Ort mehrfach ein. „Wir müssen definitiv daran arbeiten“, sagt Stefanie Kutschker vom Jugendamt der Stadt Essen.
Viele weitere Barrieren im Stadtbild
Eine mobile Rampe können nicht genutzt werden, weil die Stufen so hoch sind. Eine Rampe mit angemessener Steigung wäre so lang, dass sie den kompletten Gehweg blockieren würde. Eine weitere Option sei ein Fahrstuhl, der schätzungsweise 15.000 Euro kosten würde. „Das ist gerade in der Prüfung“, so Kutschker. Kufen schloss auch einen Umzug des Stadtteilbüros nicht aus, sobald eine geeignetere Immobilie gefunden sei.
Bis dahin bleibt den Betroffenen nur eines – wenn sie mit der Mitarbeiterin des neuen Stadtteilbüros sprechen möchten, müssen sie das draußen vor der Tür tun. Die Stufen zum Stadtteilbüro sind nicht die einzige Barriere für Menschen mit Behinderung, daher wird die stellvertretende Inklusionsbeauftragte sich auch weiter für deren Abbau einsetzen. „Viele Häuser können auch aus Denkmalschutzgründen nicht einfach umgebaut werden“, sagt Acar. Unebene Gehwege, hohe Bordsteinkanten, Kopfsteinpflaster, Straßenbahnhalte mitten auf der Straße: Es gibt viele Hindernisse im Alltag, auf die Acay aus ihrer Perspektive als Betroffene weiter hinweisen will.
Sozialarbeiterin leitet das Stadtteilbüro
Sozialarbeiterin Kerstin Palluch ist das Gesicht des neuen Stadtteilbüros „M.56“ in Frohnhausen. Die 31-Jährige hat bereits Erfahrungen in der Katernberger Stadtteilarbeit und will sich nun für die Menschen in Frohnhausen einsetzen. Sie selbst ist auch in den Stadtteil gezogen. „Ich habe von der Stelle gehört und dachte: Das ist der Stadtteil, da will ich hin!“, sagt sie. Ihre neue Stelle hat sie schon seit Februar 2020, nun gibt es endlich auch Räumlichkeiten vor Ort.
„Frohnhausen bildet ganz Essen ab“, sagt Palluch. „Hier treffen sich Menschen aus allen sozialen Schichten und Kulturen.“ Einen wöchentlichen Feierabendtreff und andere Angebote hat Palluch bereits gestartet und sie arbeitet auch mit den beiden Quartiershausmeistern zusammen. Es sollen weitere Veranstaltungen folgen und die Sozialarbeiterin will auch Möglichkeiten der Beratung aufzeigen. Die Öffnungszeiten des Büros will sie je nach Bedarf gestalten, sie werden demnächst im Fenster aushängen.