Essen.. Mit einem ökumenischen Gottesdienst am Vorabend des Papstbesuchs in Berlin erhitzten die seit Ende der Neunziger amtsenthobenen, homosexuellen Priester Christoph Schmidt und Norbert Reicherts Ende September die Gemüter. Nun schalten die Bistümer Paderborn und Essen den Vatikan ein.

Der Vorfall sorgte Ende September für Aufsehen: Am Vorabend des Papstbesuchs feierten die beiden seit Ende der 90er Jahre ihres Amtes enthobenen katholischen Priester Norbert Reicherts und Christoph Schmidt einen ökumenischen Abendmahlgottesdienst in Berlin.

Schmidt, der in den Neunzigern für das Ruhrbistum in Bochum und Rüttenscheid wirkte, und Reicherts hatten dazu ausdrücklich auch Menschen eingeladen, deren Lebensweise in der katholischen Kirche nicht gern gesehen ist: Homosexuelle, Geschiedene und Wiederverheiratete.

Reicherts und Schmidt leben seit ihrer Amtsenthebung selbst als homosexuelles Paar zusammen. Für ihren Gottesdienst hatte ihnen die evangelische Kirche St. Thomas in Kreuzberg damals das Gastrecht gewährt. Der Berliner Erzbischof Rainer Woelki schäumte angesichts dieser „offenen Provokation der katholischen Kirche“ - und drohte rechtliche Konsequenzen an.

Kirchliche Weihe gilt auf Lebenszeit

Nachdem das Erzbistum Paderborn für Reicherts in der vergangenen Woche die Versetzung in den Laienstand beantragte, zieht das Bistum Essen im Fall Christoph Schmidt nach. Sprecher Ulrich Lota bestätigte, dass entsprechende Vorbereitungen zur Einleitung des Verfahrens in Rom liefen. Weiter kommentieren wollte er den Vorgang nicht.

Der Laienstand bedeutet nichts anderes als die hochoffizielle Suspendierung durch den Papst - ein seltenes und aufwändiges Verfahren. Sakramente wie die Taufe oder die Ehe dürfen Reicherts und Schmidt kirchenrechtlich gesehen ohnehin nicht mehr spenden. Das hält sie aber dennoch nicht davon ab. Denn die kirchliche Weihe, die kann selbst der Papst ihnen nicht absprechen.

Durch Ermutigung angespornt

Nachdem sie 1998 „gekündigt“ hatten, wie es Reicherts nennt, seien viele Menschen auf sie zugekommen, hätten sie ermutigt, weiterzumachen. Mittlerweile betreiben die Geistlichen ein Seelsorge- und Theologiebüro in Köln. Sie feiern Gottesdienste, trauen, beerdigen, taufen - ganz egal, welche Lebenswege die Menschen genommen haben, die zu ihnen kommen.

„Wir haben bei der weltlichen Kirche als Körperschaft des Öffentlichen Rechts gekündigt“, sagt Reicherts. Nicht etwa, weil sie als Paar zusammenleben wollten. „Nein, wir hätten auch in der katholischen Kirche zusammen alt werden können. Unsere Vorstellung von Seelsorge ist schlichtweg eine andere: Eltern haben ihr Kind bei mir taufen lassen, damit sie einen Kindergartenplatz bekommen. Das wollte ich so nicht mehr“, sagt Reicherts heute.

„Wir sind auch dafür da, die verlorenen Schafe wieder einzufangen“

Sein Lebensgefährte Christoph Schmidt, der vier Jahre in der Rüttenscheider St.-Andreas-Gemeinde wirkte, sieht das ähnlich. „Ich hatte erst gestern ein Traugespräch. Die Braut ist katholisch, er evangelisch. Beide sind aus der Kirche ausgetreten. Wir sind auch dafür da, die verlorenen Schafe wieder einzufangen“, sagt er.

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Dass auch ihm die Versetzung in den Laienstand bevorsteht, hat ihm das Bistum noch nicht mitgeteilt. Seine Überzeugung ändern wird es nicht. „Eine Berufung kann man nicht einfach entziehen“, sagt der gebürtige Bochumer. Und ergänzt: „Nicht die Kirche hat mich zum Priester gemacht, sondern Gott.“

Die aktuellen Bestrebungen des Ruhrbistums wundern ihn nicht. „Natürlich ecken wir vor allem bei konservativen Katholiken an. Auch hier in Köln werden wir nicht überall mit offenen Armen empfangen“, sagt Reichert. Der Kölner Erzbischof Joachim Kardinal Meisner untersagte ihnen, Sakramente zu spenden oder das Abendmahl zu feiern. „Sie verletzen immer wieder in schwerwiegender Weise die Gemeinschaft und Einheit der Kirche“, heißt es in einem Brief aus Paderborn, der auch auf die gelebte Partnerschaft Bezug nimmt.

Aufhalten lassen sich die Priester davon nicht. Schmidt ist noch immer gut vernetzt im Ruhrgebiet, hat in seinen Gemeinden viele Spuren hinterlassen - und Bestätigung erfahren, weiterzumachen.

Die Kirche St. Thomas Morus in Langendreer, in der Schmidt bis 1998 predigte, gibt es heute nicht mehr. Sie wurde 2006 profaniert und geschlossen - weil zu wenige Menschen in die Gottesdienste kamen.