Essen. Auf dem Weg zur 60-Prozent-Quote sind Impftermine weiter gefragt. Doch die Stadt überlegt schon, wo sie nachsteuern kann. Und sie hat einen Plan.
Gute Zeiten, schlechte Zeiten in Sachen Corona: Während die Stadtverwaltung am Mittwoch Trauerbeflaggung hisst, um der Opfer der Pandemie zu gedenken, bereitet die Politik in der Grugahalle den Boden dafür, dass das Virus nicht alles noch viel schlimmer macht. Dazu wird der Vertrag fürs Impfzentrum um zunächst einen weiteren Monat bis Ende August verlängert. Allerdings setzt man sich wieder etwas kleiner und verzichtet auf die Anmietung der Messehalle 5. Die Kampagne auf der Zielgeraden?
Zumindest bei der Nachfrage nach Impfterminen ist davon noch nichts zu spüren. „Der Andrang ist ungebrochen“, sagt Christopher Schneider, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nordrhein. Ablesbar ist dies daran, dass das am Samstag erstmals ohne jede Beschränkung freigeschaltete Kontingent an Impfterminen schon kurz danach komplett vergriffen war. Auch bei den Hausärzten sind zwar die Risiko-Patienten weitestgehend versorgt, es würden aber nach wie vor Listen von Interessenten geführt, betont Schneider: „Wir gehen davon aus, dass das in den nächsten Wochen auch so weitergeht.“
Hausärzte können mehr Impfstoff bestellen
Für Hausärzte, die in die Corona-Impfkampagne eingebunden sind, wird es ab kommender Woche erstmals keine Höchstbestellmengen mehr geben. Das bedeutet aber nicht zwingend, dass die Praxen aus dem Vollen schöpfen können, sagte ein Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein auf Anfrage, denn eine Liefergarantie gibt es nicht. Unter Berufung auf das Bundesgesundheitsministerium heißt es, bundesweit stünden etwa 2,25 Millionen Dosen Impfstoff von BioNTech zur Verfügung (minus 350.000 gegenüber der Vorwoche) und 1,1 Millionen Dosen AstraZeneca (plus 460.000). Impfstoff von Johnson & Johnson steht nicht auf dem Lieferplan.
Schon kommende Woche wieder 1000 Erstimpfungen täglich im Impfzentrum
Wie lange dieser Nachfragedruck anhält, mag derzeit niemand vorhersagen. Vielleicht sind alle schlauer, wenn im Laufe dieser Woche die Termine für die kommenden beiden Wochen freigegeben werden. Die Stadt rechnet für die nächste Woche unterm Messedach mit knapp 1000 und für die Woche drauf mit gut 1600 Erstimpfungen täglich, was sich auch gut in Messehalle 4 abwickeln lässt. Damit nähert sich die Impfkampagne in Essen zumindest bei den Erst-Immunisierungen der 60-Prozent-Quote.
Am Dienstag lag sie angesichts von rund 187.400 Erstimpfungen im Impfzentrum und weiteren gut 128.600 Erstimpfungen bei den Haus- und Fachärzten bei 54,2 Prozent. Schon zweimal geimpft sind etwa 211.000 Personen in Essen, ein Anteil von 36,2 Prozent. Tatsächlich dürfte alle Zahlen noch etwas höher liegen, da in der offiziellen Statistik der Kassenärztlichen Vereinigung die von Betriebsärzten vorgenommenen Impfungen nicht aufgenommen sind.
Die Stadt will „mögliche weiße Flecken“ der Impfkampagne ausfindig machen
Je höher aber die Impfquote ausfällt, desto mehr Gedanken macht man sich in der städtischen Impf-Konferenz, wie sich die Zahlen noch steigern lassen, wenn die wirklich Überzeugten erst einmal alle ihren doppelten Pieks bekommen haben. Wie Stadt-Sprecherin Silke Lenz auf Anfrage bestätigte, werden die Impfzahlen dazu in diesen Tagen detailliert aufbereitet. Es gehe darum, „mögliche weiße Flecken im Stadtgebiet“ ausfindig zu machen, wo der Anteil der Geimpften spürbar unterm städtischen Schnitt liegt.
Um die so identifizierten Impflücken zu stopfen, soll das Corona-Infomobil die Quartiere noch mal gezielt anfahren. Überlegt wird, dort direkt Termine fürs Impfzentrum vereinbaren zu können. In anderen Gedankenspielen werden die Besucher des Infomobils zum Impftermin an nahegelegene Hausärzte im Quartier vermittelt. Direkt geimpft wird am Infobus aber wohl niemand: Es gilt als sinnvoller, bestehende Arzt-Strukturen zu stärken als neue Anlaufstellen zu schaffen. Denn auf Dauer wird es weder das Infomobil noch das Impfzentrum in der Messe geben. Schon Ende September könnte es soweit sein.