Essen.. Im Dezember 1987, ein Jahr nach der Schließung, fotografierte Jochen Tack auf Zollverein. Faszinierende Bilder entstanden. Nun ging er wieder hin.

Jochen Tack kann sich noch gut erinnern an diesen Fototermin im Dezember 1987. Ein Jahr zuvor war kurz vor Weihnachten die Zeche Zollverein stillgelegt worden, Essens letztes und lange Zeit auch größtes Bergwerk. Ein Einschnitt in der Stadtgeschichte.

Der Auftrag der Redaktion an den damaligen WAZ-Fotografen: Zum ersten Jahrestag der Stilllegung sollten Bilder für eine Reportage her. Also besorgte Tack sich die bergrechtliche Genehmigung und fuhr raus nach Stoppenberg auf das noch hermetisch abgeriegelte Gelände. „Keiner konnte damals ahnen, dass bei dieser Gelegenheit Bilder entstehen könnten, die mal einen dokumentarischen Wert haben würden“, so Tack.

Das Wort „Welterbe“ brachte noch niemand mit Zollverein in Verbindung, und die Denkmalschützer des Landes NRW, die früh für einen Erhalt des Geländes plädierten, bissen im Essener Rathaus 1987 zunächst auf Granit. Die Stadtverwaltung wollte große Teile des Geländes abräumen und neu nutzen. Und die Kokerei war ohnehin noch bis 1993 in Betrieb.

Bergleute demontierten Kohleabbau-Anlagen ab

Fasziniert von Zollverein: Jochen Tack, früher WAZ-Fotoredakteur, heute freier Fotograf.
Fasziniert von Zollverein: Jochen Tack, früher WAZ-Fotoredakteur, heute freier Fotograf. © privat | Unbekannt

Auf Schacht 2 angekommen, fuhr der WAZ-Mann in die Tiefe. Dort fotografierte er, wie die Bergleute Kohleabbau-Anlagen abrissen und gleichzeitig für die bis heute bestehende Wasserhaltung neue Aggregate einbauten. „Journalistische Termine auf Zechen waren damals nicht besonders beliebt, die überließen die älteren Fotografen gern den jungen“, erinnert sich Tack lachend. Der Grund ist klar: „Zeche hieß: Man verbrachte Stunden in unbequemen Bergmannsklamotten, war anschließend total verdreckt und hatte eine versaute Fotoausrüstung.“

Nach der Grubenfahrt machte der heute 52-Jährige dann einige weitere Bilder über Tage. „Es war ein düsterer, kalter, nasser Tag, die Bedingungen waren nicht die besten.“ Tack kletterte auf Schacht 2 so hoch wie möglich, fand ein offenes Fenster, und schoss das eindrucksvolle Panoramabild, das aus zwei Fotos zusammengesetzt ist. Dann stromerte er noch unten an den Gleisen herum. wo ihn die langen Reihen von Loren faszinierten, die noch so dort standen, als kämen die Bergleute gleich zurück, um wieder einzufahren. Tack blieb zwar länger als unbedingt nötig, aber heute ärgert er sich dennoch: „Mit dem heutigen Wissen hätte man damals Hunderte starker Bilder machen können.“

Zollverein 1986 und 2014

Ein Jahr nach der Schließung von Zollverein stehen die leeren Loren an den Schächten 2 (links) und 1 (rechts), als würden sie auf die Einfahrt warten. Vom Schacht 2 aus hat Jochen Tack das Gelände fotografiert.
Ein Jahr nach der Schließung von Zollverein stehen die leeren Loren an den Schächten 2 (links) und 1 (rechts), als würden sie auf die Einfahrt warten. Vom Schacht 2 aus hat Jochen Tack das Gelände fotografiert. © Jochen Tack | Unbekannt
Rückbau unter Tage: Bergleute waren auch ein Jahr nach der Schließung noch damit beschäftigt, die Abbautechnik aus den Strecken und Streben zu entfernen, soweit dies sinnvoll war.
Rückbau unter Tage: Bergleute waren auch ein Jahr nach der Schließung noch damit beschäftigt, die Abbautechnik aus den Strecken und Streben zu entfernen, soweit dies sinnvoll war. © Jochen Tack | Unbekannt
Warum dieser Bergmann Schutt in eine Schubkarre schaufelt, kann auch Jochen Tack nicht mehr genau sagen. Schächte auf Zollverein mussten verfüllt und Strecken zugemauert werden.
Warum dieser Bergmann Schutt in eine Schubkarre schaufelt, kann auch Jochen Tack nicht mehr genau sagen. Schächte auf Zollverein mussten verfüllt und Strecken zugemauert werden. © Jochen Tack | Unbekannt
Auf Zollverein wurde 1987 nicht nur abgerissen, sondern auch investiert. Diese neu eingebauten Maschinen auf der achten Sohle in 950 Metern Tiefe dienen bis heute der Wasserhaltung.
Auf Zollverein wurde 1987 nicht nur abgerissen, sondern auch investiert. Diese neu eingebauten Maschinen auf der achten Sohle in 950 Metern Tiefe dienen bis heute der Wasserhaltung. © Jochen Tack | Unbekannt
Von oben sieht man, dass die Loren auch nach Schließung des Bergwerks noch im Einsatz waren und mit ihnen Material aus den Schächten abtransportiert wurde. Das Areal ist heute der Parkplatz vor dem Gebäude Designstadt Nummer 1.
Von oben sieht man, dass die Loren auch nach Schließung des Bergwerks noch im Einsatz waren und mit ihnen Material aus den Schächten abtransportiert wurde. Das Areal ist heute der Parkplatz vor dem Gebäude Designstadt Nummer 1. © Jochen Tack | Unbekannt
Der Fördermaschinist steuert heute wie 1987 noch die Seilfahrt an Schacht XII. Die Seile an der Fördermaschine sind dick wie Oberarme. Heute sitzt hier Bergmann Markus Genzel aus Bochum.
Der Fördermaschinist steuert heute wie 1987 noch die Seilfahrt an Schacht XII. Die Seile an der Fördermaschine sind dick wie Oberarme. Heute sitzt hier Bergmann Markus Genzel aus Bochum. © Jochen Tack | Unbekannt
Die mit Rückbauarbeiten betrauten Bergleute bei ihrem Gang übers Zollverein-Gelände. Rechts die Werkstatt Nord, links ein Kompressorenhaus, geradeaus die Fördermaschine Nord und der Schacht 12.
Die mit Rückbauarbeiten betrauten Bergleute bei ihrem Gang übers Zollverein-Gelände. Rechts die Werkstatt Nord, links ein Kompressorenhaus, geradeaus die Fördermaschine Nord und der Schacht 12. © Jochen Tack | Unbekannt
Blick von Schacht 2 auf die Kokerei, die Gleisharfe (heute vielfach Spazierwege) und rechts wieder der jetzige Parkplatz an der Designstadt Nummer 1. Vor der Kokerei ist links der Portalkratzer zu erkennen, der eine Kohlehalde auftürmt. Über die Bandbrücke darüber gelangte früher die Kohle vom Wiegeturm in die Kopfstation der Kokerei-Mischanlage. Heute werden auf die gleiche Weise Museumsbesucher in kleinen Wagen gefahren.
Blick von Schacht 2 auf die Kokerei, die Gleisharfe (heute vielfach Spazierwege) und rechts wieder der jetzige Parkplatz an der Designstadt Nummer 1. Vor der Kokerei ist links der Portalkratzer zu erkennen, der eine Kohlehalde auftürmt. Über die Bandbrücke darüber gelangte früher die Kohle vom Wiegeturm in die Kopfstation der Kokerei-Mischanlage. Heute werden auf die gleiche Weise Museumsbesucher in kleinen Wagen gefahren. © Jochen Tack | Unbekannt
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"Gleiches Fenster wie 1987"

Beim Kramen in seinem Archiv stieß der Fotograf kürzlich auf das gute Dutzend Fotos und wusste sofort, dass er einen kleinen Schatz besaß. Vor Wochen kehrte er dann erstmals wieder zurück auf Schacht 2. Tack: „Gleiches Fenster wie 1987. Nur ein ,etwas’ anderer Ausblick. Keine damals qualmende Kokerei, nur sattes herbstliches Grün-gelb zwischen den Gebäuden des Welterbes.“

Vieles ist geblieben, nur die mächtigen Gleisharfen hat die Natur überdeckt, wobei die Strukturen auch hier zumindest noch zu ahnen sind. Eine faszinierende Gegenüberstellung, der weitere folgen sollen, und gemeinsam mit anderen verfolgt Tack die Idee einer Fotoausstellung über Zollverein damals und heute.