Essen..

Um illegale Schmierereien an Häuserwänden zu unterbinden, sollen sich Sprayer künftig auf legalen Flächen austoben können. Zwölf Standorte im gesamten Stadtgebiet hat das Jugendamt zusammen mit Vertretern der Sprayerszene dafür ausgewählt. Doch nicht jeder sprüht vor Begeisterung im Angesicht des Projekts „Hall of Fame“, für das am Samstag der Startschuss an einer Autobahnwand am Weiglehaus fiel.

Der Anspruch an das Projekt ist hoch, denn schließlich verursachen Beschädigungen durch Graffiti immense Kosten für Stadt, betroffene Firmen und Privatpersonen. „Erfahrungen in anderen Ruhrgebietsstädten im Ruhrgebiet wie Bochum oder Hagen haben gezeigt, dass das Angebot von legalen Flächen die illegalen Graffiti reduziert“, erläutert Gerd Dubiel vom Jugendamt.

Ist Bochum schon seit zehn Jahren diesbezüglich offen, gibt es in Essen bislang kaum vergleichbare Projekte. „Lediglich einige Jugendhäuser haben im Rahmen zeitlich begrenzter Aktionen Wände zur Verfügung gestellt.“ Doch das Gros der Szene ließe sich so nicht erreichen.

Mit dauerhaft zur Verfügung gestellten Mauern schon, ist Dubiel überzeugt: „Der Großteil der Sprayer ist konstruktiv, nicht destruktiv.“ Dass dies nicht auf die gesamte Szene zutrifft, zeigte im vergangenen Monat eine Podiumsdiskussion zum Thema Graffiti im Café Zentral. Ein Sprayer meldete sich da zu Wort mit dem Statement: „Wenn Graffiti nicht illegal sind, sind es keine Graffiti.“ Dass es keine homogene Szene gebe. meint auch der Künstler Ingo Ahlborn. „Das ist ein hartnäckiges Gerücht.“ Dennoch glaubt er, das dieses Projekt vor allem die Sprayer einfangen lassen, die sich „vorrangig als Künstler sehen.“

Sprühen vor Begeisterung

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In der Nähe des Weigle-Hauses ist eine der insgesamt zwölf Flächen für legales Sprayen freigegeben worden. Foto: Walter Buchholz
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In der Nähe des Weigle-Hauses ist eine der insgesamt zwölf Flächen für legales Sprayen freigegeben worden. Foto: Walter Buchholz
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Immerhin ein Positivbeispiel gebe es laut Dubiel bereits auch in Essen: So hat Thyssen-Krupp im Rahmen testweise eine Fläche im Bereich der Zoll- und Helenenstraße zur Verfügung gestellt. „Die Sprayer haben sich bisher sehr diszipliniert gezeigt und keine anderen als die zur Verfügung gestellten Flächen benutzt“, so Dubiel.

Wildes Sprühen soll nur an wenigen Standorten gestattet sein: Die meisten Flächen dürfen nur nach Absprache mit den jeweiligen Betreuern verziert werden. Diese sind zum Teil die Eigentümer, zum Teil auch ältere Sprayer aus der Szene. In Kontakt treten kann man mit ihnen via Internet: www.essenhall.de .

Aus der Politik gibt es durchaus Lob für das Projekt – allerdings nicht nur. Insbesondere aus den Reihen des Essener Bürgerbündnisses (EBB) hagelt es Kritik: So sieht Heinz Schuster aus der Bezirksvertretung (BV) VIII sein Recht auf ästhetische Selbstbestimmung gefährdet. „Man kann mir als Bürger keine Bilder aufzwingen, die meinem Geist nicht entsprechen“, sagt er. „Wenn ich Kunst sehen will, gehe ich ins Museum.“ Mit dem Projekt würde man aus Regularien ausbrechen, die die Gesellschaft aufgestellt habe. Sein Parteifreund aus der BV II glaubt nicht, dass sich das Problem auf diese Weise lösen lässt: „Jugendliche sprayen illegal meist aus Gründen der Profilierung und der Verewigung.“

Auch CDU-Ratsherr Dirk Kalweit glaubt nicht an einen dauerhaften Erfolg: „In Berlin haben langjährige Erfahrungen gezeigt, dass das Illegale Sprayen sich auf diese Weise nicht eindämmen lässt“, schränkt er die guten Berichte aus Essens Nachbarstädten ein. Immerhin zeige das Beispiel der Bundeshauptstadt aber auch einen positiven Nebeneffekt: „Die Flächen, die zur Verfügung gestellt worden sind, wurden künstlerisch aufwendig und anspruchsvoll gestaltet.“

So mahnt auch Jugenddezernent Peter Renzel zur Toleranz: „Wir geben Jugendlichen ein Forum, die sich kreativ an der Gestaltung des Stadtbildes beteiligen.“ Illegale Schmierereien dagegen würden nach wie vor „nicht geduldet und geahndet.“