Essen-Borbeck. Das Ehepaar Menzemer arbeitete in Essen-Borbeck über 30 Jahre für Senioren, Kinder und die Gemeinde. Zum Abschied sagen sie, was prägend war.

Vor 32 Jahren wurden Pfarrerin Ulrike Schreiner-Menzemer und Pfarrer Bernhard Menzemer in ihre gemeinsame Pfarrstelle im Bezirk Matthäuskirche der Evangelischen Kirchengemeinde Borbeck-Vogelheim eingeführt. Jetzt packen die beiden ihre gesammelten Werke in Kisten und verabschieden sich aus dem Dienst. Viele Erinnerungen werden bleiben.

Ziel des Essener Ehepaares ist es, Menschen zusammenzubringen

Ihr ganzes Wirken habe unter dem Motto „Gastgebende Gemeinde“, dem Leitbild der Kirchengemeinde Borbeck-Vogelheim, gestanden – mit dem Ziel, Menschen in die Räume der Gemeinde einzuladen, dabei unterschiedliche Milieus miteinander zu vernetzen und bei der Feier von Gottesdiensten, Festen und verschiedenen Veranstaltungen zusammenzubringen“, würdigt Diakoniekirchmeister und Presbyter Uwe Gerwin das Engagement des Paares. Auch die Wertschätzung ehrenamtlichen Engagements und das Zusammenwirken mit allen Hauptamtlichen seien beiden besonders wichtig gewesen.

Die frühkindliche Bildungsarbeit war das Steckenpferd von Ulrike Schreiner-Menzemer. Ihr Hauptaugenmerk galt den Kindergottesdiensten und Kinderbibeltagen, der religionspädagogischen Arbeit mit den Kindern der Kindertagesstätte Regenbogen. Sie hat den Evangelischen Kindertagesstättenverband Essen-Nord, deren langjährige Vorsitzende sie war, mit aufgebaut und engagierte sich als Presbyteriumsvorsitzende in der Gemeinde.

Leistungsprinzip stehe zu sehr im Vordergrund

Wichtig war ihr dabei immer, die Grundhaltung zu vermitteln: "Wir sind von Gott geliebte Menschenkinder." In der heutigen Gesellschaft stehe das Leistungsprinzip viel zu sehr im Vordergrund. Sie beobachtet, dass viele sich die Frage stellen, ob sie etwas wert, ob sie anerkannt sind. "Wenn man gemeinsam wertschätzende und gute Erfahrungen macht macht, diese reflektiert und eine positive Kritikkultur entwickelt, muss man sich diese Fragen nicht mehr stellen", erklärt Schreiner-Menzemer.

Sie habe vor der Corona-Krise Kontakt zu einigen Familien aufgenommen, die ihr Kind taufen lassen wollten oder zu Paaren, die sich zur Trauung angemeldet hatten. Was sie nun als schade empfindet: "Die können wir jetzt nicht mehr begleiten." 

Beerdigungen finden hingegen weiter statt und auf die hat Bernhard Menzemer immer viel Wert gelegt: "Ich halte Beerdigungen für einen ganz wichtigen Akt des Trauerprozesses." Als er seinen Dienst angetreten habe, sei es nicht üblich gewesen, den Sarg in der Kirche stehen zu haben. "Ich habe immer dafür gekämpft, dass der Sarg dort ist, wo die Trauerfeier stattfindet", erinnert sich der 65-Jährige. Der Verstorbene müsse gewürdigt werden, indem er anwesend sei, das sei sehr tröstend für die Angehörigen. 

Bethesda-Altenheim in drei Stufen zukunftsfähig gemacht

Schwerpunkte der Tätigkeit von Bernhard Menzemer waren die Seniorenarbeit, die Begleitung der Evangelischen Arbeitnehmer-Bewegung in Borbeck (EAB) und die Entwicklung des Bethesda-Altenheims der Gemeinde. "Wir haben das Haus in drei Modernisierungsstufen zukunftsfähig gemacht, so dass heute jeder der 107 Bewohner ein Einzelzimmer hat", so Menzemer. Er wünscht sich, dass die Bewohner bald mehr mit Computern arbeiten können und beispielsweise virtuelle Spaziergänge durch ihre ehemalige Heimat machen. Das sei besonders für Demenzkranke wichtig und hätte in den Niederlanden schon Einzug gehalten.  

„Bei Bernhard Menzemer denke ich gern an seine kraftvollen Predigten mit stets aktuellem Bezug zurück, die die Gottesdienstbesucher zum Schmunzeln, Nachdenken und sicher auch manchmal zum Widerspruch brachten“, sagt Presbyter Uwe Gerwin. In Erinnerung bleiben werde auch das rote Osterei, das nun an jedem Heiligabend in der Matthäuskirche im Weihnachtsbaum hängt: „Dass Weihnachten von Ostern aus zu betrachten ist, hat mich fasziniert und beschäftigt mich immer mal wieder.“

Komplettes Pfarrteam der Gemeinde geht in den Ruhestand

Mit Günther Kern-Kremp, Christoph Ecker und nun auch Ulrike Schreiner-Menzemer und Bernhard Menzemer ist im Laufe eines Jahres das komplette vierköpfige Pfarrteam der Gemeinde in den Ruhestand getreten. Die Nachfolge tritt ein Pfarrtrio an: Pfarrer Kai Pleuser, Pfarrer Michael Banken und Pfarrerin Maren Wissemann beginnen ihren Dienst in der Gemeinde am 1. Februar. Ulrike Schreiner-Menzemer: "Ich kann gut loslassen und bin von dem Glaubensgrundsatz erfüllt, dass ich Dinge, die noch nicht vollendet sind in andere Hände geben kann, in denen sie sich dann weiterentwickeln."

Zur Person: 

Ulrike Schreiner-Menzemer wurde am 9. Juni 1957 in Indonesien geboren, kehrte 1965 mit ihren Eltern nach Deutschland zurück und machte in Wuppertal Abitur. Nach dem Studium der Theologie in Wuppertal, Berlin und Göttingen nahm sie in Mainz am Seminar der Gossner-Mission für Kirchliche Dienste in der Industriegesellschaft teil, absolvierte ein Sondervikariat im Industrie- und Sozialreferat des Kirchenkreises Saarbrücken und ihr Gemeindevikariat in der Kirchengemeinde Oberhausen-Sterkrade. Nach der Zweiten Theologischen Prüfung wurde sie Pastorin im Hilfsdienst in der Kirchengemeinde Duisburg-Hochfeld und im Juni 1987 zur Pfarrerin ordiniert.

Bernhard Menzemer wurde am 22. April 1955 in Bruchsal in Baden geboren, legte in Bretten das Abitur ab und studierte von 1974 bis 1961 Theologie in Bethel und Göttingen. Sein Gemeindevikariat absolvierte Menzemer von 1983 bis 1985 in der Kirchengemeinde Freiburg-Landwasser. Nach dem Zweiten Theologischen Examen leistete er sein Pfarrvikariat in den Schwarzwald-Kirchengemeinden Furtwangen, Vöhrenbach und Gütenbach sowie, nach der Ordination im Juni 1986, im Kirchenbezirk Kehl.