Essen.. Züge fallen aus, der Fahrplan wird reduziert: Der Aufsichtsrat und der Betriebsrat der Evag sehen die Gründe dafür auch bei den letzten Kürzungen.

Die seit letztem Jahr erfolgten Einsparungen bei der Verkehrsgesellschaft Evag haben die akute Personalnot im Linienverkehr mit verursacht – das jedenfalls sagen der Betriebsrat und der Aufsichtsrat, nachdem bekannt geworden ist, dass wegen rund 40 fehlender Fahrer ab dem 15. November tagsüber fast jede dritte Fahrt der U-Bahn-Linie U18 gestrichen werden muss und auch bei den Straßenbahn-Linien 103, 105 und 107 gekürzt wird. Die Evag will nun bis zum Frühjahr 2017 mit 15 neuen Straßenbahn- und 18 Busfahrern die Lücke wieder füllen.

Evag sieht Verantwortung für Einsparungen bei der Stadt

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Neueinstellungen wären schon früher erforderlich gewesen. „Aber wir mussten im vergangenen Jahr die Personalreserve zurückschrauben“, erinnert sich der Evag-Aufsichtsratsvorsitzende Wolfgang Weber. „Wir mussten alles auf den Prüfstand stellen. Das waren die Vorgaben der Stadt“. Insgesamt sollte die Evag Ausgaben von rund sechs Millionen Euro streichen.

Der Betriebsratsvorsitzende Detlef Barz sagt, dass „die EVAG für den derzeitigen Engpass nicht verantwortlich sei. „Der Kämmerer hatte uns zum Sparen gezwungen. Mit der Folge, dass beim Personalbedarf „spitz auf spitz“ gerechnet worden sei. „Die Kapazitätsplanung für den Fahrplan wurde ans Limit gesetzt. Das hat uns das Genick gebrochen“, erklärt Barz dieser Zeitung. Krankheitsfälle, Weggänge in andere Betriebe oder in den Ruhestand sowie Sonderfahrten seien nicht berücksichtigt worden und sollten durch zusätzliche Dienste aufgefangen werden.

Den Mitarbeitern wurden vergünstigte Tickets gestrichen

Dann sei laut Betriebsrat eins zum anderen gekommen: Zahlreiche Fahrer wurden etwa für die RWE-Aktionärsversammlung, die Security-Messe sowie durch den Ersatzverkehr wegen der Bauarbeiten an der U11-Strecke gebunden. Die Überstunden seien drastisch gestiegen. „Der größte Teil der Mitarbeiter im Fahrbetrieb hat seine Arbeitszeitkonten hoch belastet“, klagt Barz. Heißt: Die Fahrer schieben bis zu 120 Überstunden vor sich her. Barz: „Und deshalb ist auch die Krankenquote gestiegen.“

Zudem seien Fahrer zur Bogestra oder zur Düsseldorfer Rheinbahn abgewandert. Auch deshalb, weil den Evag-Beschäftigten im Laufe der Sparrunde das kostenlose VRR-weite 155-Euro-Monatsticket gestrichen wurde, ebenso das stark vergünstigte Familienticket. „Andere Unternehmen bieten das noch an“, so Barz. Bei der letzten Evag-Mitarbeiter-Umfrage „stand dieses Ticket ganz oben im Ranking“, betont der Betriebsratschef. „Das gab es über Jahrzehnte für unsere Kollegen.“

Die Rheinbahn stellt neue Mitarbeiter unbefristet ein

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Auch ein anderer Grund mag den Wechsel zur Rheinbahn erleichtert haben. Die baut ihr Angebot gerade aus und stellt neue Fahrer unbefristet ein. Bei der Evag aber sind bei Einstellungen Verträge auf zwei Jahre befristet.. „Wir machen so etwas nicht mehr“, berichtet Rheinbahn-Sprecher Georg Schumacher. „Unsere Fahrer hatten massive Schwierigkeiten, mit befristeten Arbeitsverträgen ein Hypothekendarlehen oder eine Mietwohnung zu bekommen.“ Neue Fahrer werden sowohl in Düsseldorf als auch in Essen gesucht. „Da ist es wichtig, ein guter und attraktiver Arbeitgeber zu sein“, weiß Schumacher.

Evag-Aufsichtsratschef Wolfgang Weber wünscht sich derzeit vor allem, „dass bei uns Ruhe einkehrt und allen Mitarbeitern klar wird, dass ihre Arbeitsplätze wieder sicherer sind.“

Beruf des Fahrers ist häufig keine leichte Beschäftigung

Ein Fahrer der Evag, der ungenannt bleiben will, schrieb uns:

„Ich fahre seit ca. 27 Jahren. Der Job ist mittlerweile verdammt hart geworden: Aggressive Autofahrer, Fahrgäste, Probleme mit den Lenk- und Ruhe-Zeiten.

Wenn ich z.B. 5 bis 6 Tage gearbeitet habe und total kaputt bin, fahre ich keine Überschicht mehr. Auch wenn ich weiß, dass dadurch ein Bus oder eine Bahn im Depot bleibt. Das alles und noch mehr macht krank und mir schon lange keinen Spaß mehr.“