Essen. Das Oberverwaltungsgericht Münster hat dem NRW-Gesundheitsministerium untersagt, vor E-Zigaretten zu warnen. Weder E-Zigarette noch „Liquid“, so das Gericht, könnten als Arzneimittel eingestuft werden. Unterdessen klagt eine Vielzahl von E-Zigaretten-Händlern über Umsatzeinbußen. Während nach dem Verbot viele Kunden zunächst Vorräte angelegt hätten, sei die große Welle nun abgeflaut. „Bei den Kunden ist sehr viel Wut und Verunsicherung.“
Die Stadt hat das Ende Januar verhängte Verkaufsverbot für E-Zigaretten zurückgezogen. Ein solches kommunales Verbot, heißt es jetzt aus dem Büro von Gesundheitsdezernent Peter Renzel (CDU), habe es nie gegeben. Man habe damals lediglich auf einen Erlass des NRW-Ministeriums hingewiesen.
Im Dezember 2011 hatte das Gesundheitsministerum nikotinhaltige „Liquids“, mit der die E-Zigaretten gefüllt werden, als Arzneimittel charakterisiert, die erst noch zugelassen werden müssen. Entsprechend sei der Verkauf der nikotinhaltigen Flüssigkeit nicht rechtens.
Nach dem Schreiben passierte nichts mehr
Daraufhin veröffentlichte die Stadt Essen am 27. Januar eine Pressemitteilung mit der Überschrift „E-Zigarette: Verkaufsverbot für nikotinhaltige Liquids“. Im Schreiben heißt es: „Das Gesundheitsamt (...) fordert Händler auf, den Verkauf (...) einzustellen. (...) Einfuhr, Verkauf und Angebot (...) sind gesetzlich verboten und auch strafrechtlich relevant.“ Angekündigt wurden Überprüfungen „und gegebenenfalls auch ordnungsrechtliche Maßnahmen“, falls Verstöße gemeldet werden sollten.
Passiert ist nach Veröffentlichung dieses Schreibens nichts weiter: „Die Stadt ist gegen den Handel nicht vorgegangen“, betonte Dezernent Renzel am Dienstag. Weder seien nennenswerte Hinweise seitens der Bevölkerung eingegangen, noch seien Händler aufgefordert worden, den Verkauf einzustellen.
Verbot ist jetzt gegenstandslos
Seit dieser Woche müssen die Dinge nun neu bewertet werden: Das Oberverwaltungsgericht Münster hat dem NRW-Gesundheitsministerium untersagt, vor E-Zigaretten zu warnen. Weder E-Zigarette noch „Liquid“, so das Gericht, könnten als Arzneimittel eingestuft werden.
Entsprechend hält die Stadt jetzt ihr Verbot vom 27. Januar für gegenstandslos, auch wenn sie es kurioserweise nicht als Verbot bewertet wissen will: „Der Erlass der Ministerin wurde durch das Urteil als rechtswidrig bewertet. Die rechtliche Grundlage für das Schreiben vom 27. Januar existiert so nicht mehr“, sagt Renzel. Das „Schreiben“ sei mittlerweile von der Homepage der Stadt Essen genommen worden.
Unterdessen klagt eine Vielzahl von E-Zigaretten-Händlern über Umsatzeinbußen. Während nach dem Verbot viele Kunden zunächst Vorräte angelegt hätten, sei die große Welle nun abgeflaut. „Bei den Kunden ist sehr viel Wut und Verunsicherung“, sagt Janine Turner, Geschäftsführerin des „E-Smoker-Shop“ an der Rellinghauser Straße.
Debatte wird noch weitergehen
Im Stadtgebiet gibt es etwa ein halbes Dutzend Fachgeschäfte. An der Steeler Straße gab es bis Ende März den Shop „E-Zigaretten Exklusiv“ – jetzt hat er dicht gemacht: „Der Umsatz ging stetig zurück, zu groß war die Verunsicherung bei den Kunden“, sagt der ehemalige Betreiber. „Wir haben gehofft, dass Rechtssicherheit eintritt, aber das ist bis heute nicht geschehen.“
Auch Dezernent Renzel geht davon aus, „dass die Debatte noch weitergeht“. Und Rolf-Günther Westhaus, Sprecher der Essener Apotheker, hält nikotinhaltige Fluide weiterhin für Arzneimittel: „Wenn Sie aus einer Pflanze einen hochwirksamen Stoff extrahieren, handelt es sich um ein Arzneimittel.“