Essen. Kriminelle Geschäfte mit illegalen Impfpässen könnten unter Druck auf Ungeimpfte an Fahrt aufnehmen. Polizei führt eine Vielzahl von Verfahren.
Geimpft, genesen - gefälscht: Die verschärften Coronaregeln und der aus der 2G-Regel resultierende De facto-Lockdown für Ungeimpfte werden nach Einschätzung der Polizei Essen für mehr kriminelle Geschäfte mit illegalen Impfnachweisen sorgen. „Wir gehen davon aus, dass die Zahl dieser Delikte ansteigt“, sagte Polizeisprecherin Vivien Volkmann auf Nachfrage.
Schon jetzt gebe es „eine Vielzahl von Anzeigen und Verfahren“ wegen manipulierter Bescheinigungen. Den genauen Umfang könne die Essener Behörde allerdings nicht beziffern, so Volkmann, da die Fälle nicht zentral unter einem Stichwort geführt werden. Zum Teil seien verschiedene Kommissariate zuständig und unterschiedliche Straftatbestände berührt. Mal gehe es um Betrug, mal um Urkundenfälschung oder auch den Diebstahl und den Vertrieb von Blanko-Formularen.
Die illegalen Impfpässe werden über einschlägige Internetforen, aber auch über die sozialen Netzwerke wie Facebook oder Instagram angeboten. Es habe bereits Durchsuchungen bei solchen Anbietern gegeben. Details zu den Verdachtsfällen hat die Polizei nicht genannt.
Dubiose Stempel und ominöse Impfstoffchargen
Hinweise auf gefälschte Dokumente bekommen die Ermittler von Apothekern, denen dubiose Stempel oder Daten ominöser Impfstoffchargen auffallen, wenn das Papier mit einem personalisierten QR-Code digitalisiert werden soll, aber auch von anonymen Anrufern, die einen Verdacht zum Beispiel in ihrem privaten Umfeld hegen.
Landesweit sind der Polizei seit April mehr als 1200 Delikte mit gefälschten Corona-Impfausweisen bekannt geworden. Laut Landeskriminalamt (LKA) tauchen in den meisten nachgemachten Pässen zwei angebliche Impfungen mit Biontech auf. Das liegt vor allem daran, dass die Echtheitsprüfungen dieser Etiketten, die zu Beginn der Immunisierung in Zentren und Arztpraxen ausgedruckt werden mussten, schwieriger sind. Mittlerweile erleichtern Wasserzeichen oder 2D-Codes bei Moderna, Fälschungen zu entlarven.
Verbogene Heftnadeln oder ausgefranste Löcher
Da Impfpässe getackert und leicht auseinander- oder zusammengebaut werden können, um eine Originalseite eines anderen Impfpasses einzulegen, deuten verbogene Heftnadeln oder ausgefranste Löcher auf Manipulationen hin. Oftmals tauchen auch Stempel von Arztpraxen auf, die gar nicht mehr existieren.
Vor dem Hintergrund mutmaßlicher zunehmender Straftaten mit frisierten Dokumenten warnt die Polizei Essen: Nicht nur das Herstellen und Vertreiben, sondern auch das Nutzen gefälschter Impfpässe ist strafbar, für die auf dem Schwarzmarkt Kurse von bis zu 300 Euro aufgerufen werden. Gleiches gilt für illegale Testzertifikate von denen in NRW bislang sieben aufgetaucht sind.
Angeblicher Negativ-Test war eine Farbkopie
Ein Fall davon spielte in Essen: Eine Frau vom Straßenstrich an der Gladbecker Straße flog Anfang September mit einem nachgemachten negativen Covid-Nachweis auf, als sie sich und ihr Gewerbe bei der Stadt Essen anmelden wollte. Bei dem angeblichen Coronatest handelte es sich um eine schlichte Farbkopie. Bestätigt wurde der Fälschungsverdacht durch eine Rücksprache mit einem Laboratorium in Rostock, wo der Test angeblich durchgeführt worden sein sollte. Ein Abgleich der Personalien brachte schließlich Gewissheit, dass dies nicht der Fall war.
Das Gesundheitsamt war alarmiert und das Ordnungsamt verschärfte daraufhin die Kontrollen im Rotlichtmilieu. Im Nachgang tauchten jedoch keine weiteren Fake-Tests mehr auf, die hätten aus dem Verkehr gezogen werden müssen, heißt es bei der Stadt.