Essen. Premiere für „Die schweigsame Frau“ im Aalto. Das Strauss-Stück wird erstmals in Essen gespielt. Regisseur Guy Joosten über die Herausforderungen der Komödie

Obwohl sich das Aalto in den vergangenen Jahren einen Ruf als Strauss-Hochburg erworben hat, stand dieses Werk noch niemals auf dem Spielplan: „Die schweigsame Frau“ ist die einzige komische Oper des Schöpfers von „Elektra“ und „Rosenkavalier“. Und wie so oft ist das Leichte schwer auf die Bühne zu bringen. „Das Stück hat Haken“, erklärt Regisseur Guy Joosten, dessen Inszenierung am Samstag im Aalto Premiere feiert.

Die Partitur hat ihre Herausforderungen, der Text erfordert meist Kürzungen. „Man muss eine gute Fassung finden“, sagt Joosten, „und man braucht gute Sänger. Es gibt nur wenige, die die Hauptpartien durchhalten können“. Mit Franz Hawlata als Sir Morosus und Julia Bauer als Aminta hat man zwei erste Kräfte gewonnen, die das Stück auch schon aufgezeichnet haben. „Das ist auch eine Hilfe für das ganze Ensemble“, sagt Joosten, „um zu wissen: Da wollen wir hin.“

Die Einsamkeit und Unerreichbarkeit von Menschen

Die Insel ist das Ziel dieses Ausflugs. Der grantige alte Kapitän mit seinem Trommelfell-Schaden will seine Ruhe. Und eine gefügige Frau. Die Junge will zunächst den reichen Alten und dann vielleicht doch ein bisschen Liebe. Sie ist freilich nicht die einzige, die ein Auge auf die riesige Schatztruhe geworfen hat, die in Johannes Leiackers Insel-Bühnenbild mit Kaktus steht. Für Joosten spiegelt es eher einen „Seelenraum“, einen psychischen Zustand als einen konkreten Ort. Was wir dort sehen, ist die Einsamkeit und Unerreichbarkeit von Menschen, die alles haben könnten und doch einsam sind, weil sie sich zu sehr mit dem Haben und zu wenig mit dem Sein beschäftigen.

Ein wenig steht das Bild vielleicht auch für das Inseldasein von Richard Strauss, der sich im politischen Sturm der Nazi-Herrschaft unverdrossen auf seine Kunst zurückzog. Dem Autoren Stefan Zweig, der Anfang der 1930er-Jahre das Libretto nach einer Jonson-Vorlage aus dem 17. Jahrhundert in Auftrag nahm, hielt er jedoch die Treue, als man den Namen des laut Goebbels „unangenehm talentierten Juden“ bei der Uraufführung aus dem Programm streichen wollte. Nach wenigen Vorstellungen wurde die Oper 1935 abgesetzt.

Wird es nun ernst?

Was für ihn nicht heißt, das Stück zu illustrieren. Allein die Zeichnung des künstlerischen Personals dürfte für Überraschungen sorgen. Marie-Helen Joëls Hauhälterin hat vor der Premiere noch Samba-Tanzunterricht genommen. Und auch Martijn Cornets Barbier dürfte ein schillernder Paradiesvogel auf der Bühne sein. Dazu kommt die Musik, „die einem immer wieder hilft, wenn man nicht weiß, wie es weitergeht“, versichert Joosten. Beispielsweise, wenn die vorgespielte Liebesgeschichte zwischen dem knurrigen Kapitän und Aminta doch eine Art von Wahrheit bekommt.

Da macht Joosten dann einfach eine Pause, und lässt das Publikum kurz überlegen: „Wird es nun ernst oder kommt der Spaß zurück?“ Die Quintessenz des Abends dürfte jedenfalls für Heiterkeit sorgen. „Wie schön ist doch die Musik, aber wie schön erst, wenn sie vorbei ist“, heißt es zum Schluss.