Essen.. Stellwerkbrand in Mülheim beeinträchtigt den Fahrplan am Verkehrsknotenpunkt Essen bis März. Fernverkehr mit ICE und IC ist am meisten betroffen.

Tanja Josephowitz hat ein feines Gespür dafür, wenn oben auf den Bahnsteigen des Essen Hauptbahnhofs der Fahrplan in Unordnung geraten ist. Seit dem verheerenden Stellwerkbrand in Mülheim, der Verspätungen, Umleitungen und Zugausfälle nach sich zieht, sei es im Hauptbahnhof „deutlich ruhiger“ geworden, berichtet die Verkäuferin von Blumen Große-Kock unten in der Ladenpassage. „Wir haben seitdem spürbar weniger Laufkundschaft zu verzeichnen.“

Das folgenschwere Feuer hat den Regional- und Fernverkehr auch am Verkehrsknotenpunkt Essen – auf absehbare Zeit – ordentlich durcheinander gewirbelt. Ein Dutzend Reisende in der großen Halle werfen besorgte Blicke auf die große Anzeigentafel. „Nervig“ findet die junge Frau aus Huttrop, die in Dortmund im dritten Semester Wirtschaftswissenschaften studiert, die aktuellen Engpässe. „Mal haben Züge Verspätung, mal fallen sie ganz aus“, stöhnt sie. An diesem Montagmorgen hält sich der Ärger der Studentin in Grenzen: „Die S1 hat nur fünf Minuten Verspätung.“

Fernreisende sollen Regionalexpress-Zügen oder S-Bahnen nehmen

„Dass das bis März so gehen soll, finde ich schon happig“, murrt hingegen ein Rentner aus Kupferdreh, der sich an diesem Montagmorgen an Ort und Stelle erkundigt, ob er in den nächsten Tagen möglichst zügig zu seinen Verwandten in Hannover gelangen kann. „Wenn von Essen kein ICE fährt, dann haben sich meine Reisepläne erledigt“, bekräftigt der Senior.

Alle zehn Minuten ertönt eine Lautsprecherdurchsage, die sich speziell an Fernreisende (ICE und IC) in Richtung Süd- und Norddeutschland richtet. Sie werden gebeten, mit Regionalexpress-Zügen oder S-Bahnen zunächst die Hauptbahnhöfe in Düsseldorf und Dortmund anzusteuern.

Die Anzeigentafel verbreitet an diesem Vormittag etliche schlechte Nachrichten. Die RE2 Richtung Düsseldorf, planmäßige Abfahrt 11.21 Uhr: „fällt heute aus“. Die RE6 Richtung Minden, Abfahrt 11.29 Uhr: „fällt heute aus“. Dieselbe Ansage bei der RE6 Richtung D’dorf, Abfahrt 11.31 Uhr: „fällt heute aus“.

Die meisten Reisenden tragen die Beeinträchtigungen mit Fassung, nur Werner Holthusen (81) aus Celle steht gereizt vor der Tafel. Er kommt aus Bottrop, wo er am Wochenende seine Tochter besucht hat, und will heim. „Der ICE um 10.23 Uhr ist schon ausgefallen und wenn der nächste um 11.23 Uhr ebenfalls nicht kommt, kriege ich einen Wutanfall“, zischt der Rentner. Und darf sich dann doch beruhigen. Denn auf der blauen Tafel leuchtet jetzt der „ICE 547“ Richtung Hannover auf. Der fährt von Gleis 4 und hat nur zehn Minuten Verspätung“. Bahnkunde Werner Holthusen ist großen und kleinen Kummer gewöhnt: „Nun, in diesem Jahr habe ich noch keinen pünktlichen Fernzug erwischt.“

Eine junge Bochumerin steigt in Essen um und will nach Frankfurt. Ihre Gefühlslage umschreibt sie mit dem Adjektiv „genervt“. „Ein Zug, der kommen sollte, ist ausgefallen, jetzt habe ich schon drei Stunden verloren.“

Pro Bahn spricht von einem „halbwegs stabilen Betrieb“ im Ruhrgebiet

Während Lothar Ebbers vom Fahrgastverband „Pro Bahn“ von einem „halbwegs stabilen Betrieb“ im Ruhrgebiet spricht, meldet DB Region NRW in Düsseldorf weitere kleine Verbesserungen. „Die S1 fährt seit Montag wieder im 20-Minuten-Takt von Essen-Hauptbahnhof bis Mülheim“, so ein Bahnsprecher. Reisende aus Essen mit Fahrtziel Oberhausen müssten in Mülheim auf Busse des Schienenersatzverkehrs umsteigen. Plan B: Von Essen z.B. in der S1 nach Duisburg und dort umsteigen in die S2 nach Oberhausen. Plan C: Mit der Tram (Evag-Linie 108) oder der U-11 bis zum S-Bahnhof Altenessen, dort umsteigen in die S2 nach OB.

In Richtung Duisburg fährt der NRW-Express RE1 stündlich. Die RE11 (Hamm-M’gladbach), die eigentlich über Gelsenkirchen und Oberhausen fährt, schickt die Bahn diese Woche über die Trasse Bochum-Essen-Mülheim. Stolz ist DB Region darauf, dass der wichtige ICE10 (Köln-Berlin) wieder über Essen fährt. „Wir tun, was wir tun können“, sagt ein Sprecher.

Die S3 (Hattingen-Oberhausen) kann nicht durchfahren, weil die Weiche in Mülheim-Styrum verschlossen ist. Zurzeit pendelt die S3 nur auf dem Abschnitt Hattingen-Essen.