Essen.. Essener Schüler mobben im Internet ihre Mitschüler auch mit bösen und sexistischen Äußerungen. Vertreter der Schulen erinnern Eltern an ihre Verantwortung und reagieren mit Besorgnis. Medienkompetenz soll einen festen Platz auf dem Lehrplan bekommen.
Essener Schüler beleidigen sich gegenseitig im Internet. Auf der Seite „iShareGossip“ (Ich teile Gerüchte) schreiben Schüler böse und sexistische Äußerungen über ihre Mitschüler. „Diese fette [Name] ist übelst hässlich, hat auch schon die halbe Schule gefiXXX“, schreibt dort jemand über die Schülerin einer Essener Gesamtschule. „Die [Name] ist eine geile Sau. Was habt ihr für Erlebnisse mit ihr?“, will beispielsweise der Schüler einer Realschule im Essener Westen wissen.
Die gute Nachricht: In Essen sind im Vergleich zu Städten wie Berlin oder Hamburg nur wenige Schüler auf “iShareGossip“ unterwegs. Die schlechte Nachricht: Die genannte Seite – mittlerweile auf einen Index für jugendgefährdende Medien gesetzt – ist nur der aktuellste Auswuchs einer Palette von Mobbing-Möglichkeiten im Netz, die unter dem Schlagwort „Cyber-Mobbing“ zusammengefasst werden – Hasstiraden in Wort und Bild, halböffentlich im Wohlfühlbecken des virtuellen Raums. In einer Umfrage der Lehrer-Gewerkschaft GEW gab jeder fünfte der knapp 2000 befragten Schüler an, schon einmal Opfer von Hänseleien im Web geworden zu sein.
Dialog mit den Eltern suchen
Die Schulen reagieren: An der Hauptschule am Stoppenberg müssen Schüler in der siebten oder achten Klasse einen Medienkurs besuchen, in dem sie nicht nur Infos über Betriebssysteme erhalten, sondern auch über Gefahren im Internet diskutieren, berichtet Schulleiter Reiner Düchting. Außerdem dürfen die Schüler in Freistunden im Selbstlernzentrum nicht in Chatrooms surfen. Wenn Eltern, wie neulich geschehen, Internet-Ausdrucke mit Mobbing-Attacken vorzeigen, ist es aber eigentlich zu spät. „Wir müssen regelmäßig den Dialog mit den Eltern suchen, denn die wissen manchmal nicht, was ihre Kinder im Internet treiben.“
Mobbing im Internet ist kein schulformspezifisches Thema: Zwar sagt Vera Bittner, Schulleiterin am Goethe-Gymnasium in Bredeney, dass „bei uns nur miteinander und nicht hinter dem Rücken übereinander geredet wird“, aber ihr Kollege Michael Franke, Deutsch- und Religionslehrer, berichtet von Fällen, in denen über Schüler im Netzwerk „Facebook“ gelästert wird – und zwar über engagierte Schüler, die sich ehrenamtlich in der Schülervertretung (SV) engagieren.
Medienkompetenz im Lehrplan verankern
„Das Internet ist für unsere Schüler Teil ihrer Lebenswelt“, sagt Franke. Man müsse die Gefahren und Vorteile des Internets deshalb thematisieren. Das Goethe-Gymnasium prüfe derzeit für alle Fächer, wie man Medienkompetenz im Lehrplan verankern könne. Charlotte Oberg, Lehrerin an der Freien Waldorfschule, hofft, dass klärende Gespräche ausreichen – etwa als sie von einigen unschönen Einträgen bei „SchülerVZ“ erfuhr, in denen sich Schüler „heruntermachten“.
Die Kinder von Heike Brandherm sind bereits mit der Schule fertig. Trotzdem ist die Essenerin noch im Vorsitz des Elternrats Hauptschulen NRW und fordert mehr „Kontinuität in der Diskussion über Mobbing im Internet“. „Jetzt wird wieder geredet, um dann in alte Muster zu verfallen.“ In einem den Religionsunterricht ergänzenden Fach „Ethik“ könnte über ein „faires Miteinander“ geredet werden, so dass auch Schüler ohne konfessionelle Bindung mit einbezogen wären. Die Bildungsreferentin der Gewerkschaft GEW, Ilse Führer-Lehner, hingegen wünscht sich mehr Lehrer-Fortbildungen über Mobbing im Internet.