Essen..

Essen gilt schon lange als Drehkreuz des Zigarettenschmuggels. Aber jetzt ist richtig Musik drin im Schwarzmarkt. Rund 37 Millionen Zigaretten stellte das Zollfahdnungsamt in den ersten neun Monaten des Jahres sicher.

„Jin Ling“ heißt die Marke in den gelben Schachteln mit der Bergziege als Logo, das auf den ersten Blick an die Sorte „Camel“ erinnert. „In den Rüttenscheider Kneipen liegen inzwischen überall die gelben Schachteln“, sagt Ulrich Schulze, Sprecher des Zollfahndungsamtes Essen.

Sie kommen aus der Baltischen Tabakfabrik (BTF) in der russischen Enklave Kaliningrad an der Ostsee zwischen Polen und Litauen. 400 Milliarden Kippen produzierte BTF im letzten Jahr. „Jede vierte landet auf den Schwarzmärkten Europas“, sagt Andrej Demkin, Chef der russischen Gesundheitsassoziation, im August der „Wirtschaftswoche“. Und der Deutsche Zigarettenverband spricht von einem „besorgniserregenden Angriff auf den deutschen Zigarettenmarkt“.

„Mehr Profit als im Drogenhandel“

Die Zigaretten kommen im Pkw-Kofferraum, über den Seeweg und lastzugweise hinter Tarnladungen versteckt. „Wir haben deutliche Hinweise darauf, dass wieder große Mengen kommen“, sagt Schulze. „Hier sitzt der Großhändler. Der packt sich 40 000 Stangen in die Garage - und wird die in wenigen Tagen los.“ Die Verteiler im Ruhrgebiet profitieren von ihren Kontakten zu Verwandten in Polen, in Russland und neuerdings auch in arabischen Ländern. Denn auch die Drogendealer, die den Stoff über die Balkanroute nach Deutschland schaffen, haben den lukrativen Schwarzmarkt entdeckt. „Inzwischen steckt im Zigarettenschmuggel mehr Profit als im Drogenhandel“, sagt ein Ermittler. Und die Profite werden noch steigen: mit der geplanten Erhöhung der Tabaksteuer.

Allerdings steigen auch die Risiken für Schmuggler. Der EU-Haftbefehl hat die europäische Zusammenarbeit enorm verbessert. Die Zusammenarbeit mit den polnischen Behörden nennt Schulze „vorbildlich“: „Die Polen haben mächtig durchgegriffen gegen Korruption in der Polizei.“

Dazu kommt: Die Strafen werden drastischer. Siebeneinhalb Jahre kassierte vor dem Landgericht Essen ein polnischer Schmuggler. Und zu seinem Entsetzen muss er die Strafe in Polen absitzen. Vergeblich hatte er dagegen Rechtsmittel bis zur letzten Instanz eingelegt. „Da hat er’s nicht so gemütlich wie bei uns“, sagt Schulze. Und erinnert daran, dass der polnische Strafvollzug keine vorzeitige Entlassung bei guter Führung kennt.

Nicht zuletzt hat der Zoll jetzt Spezialisten in Sachen Rückgewinnung. Nicht nur fällige Tabaksteuer treiben sie ein, sondern auch den Gewinn aus dem Schmuggel. Das hat ein Katernberger Handwerker auf die harte Tour gelernt, den die Zollfahnder bei der Rückkehr aus dem Türkeiurlaub in Badeschlappen auf dem Düsseldorfer Flughafen festnahmen. Schulze: „Dessen Eigentumswohnung gehört jetzt der Bundesrepublik.“