Essen. Seit über 60 Jahren ist der Spirituosenhandel Banneke eine Institution in Essen. Kriegerwitwe Bernhardine Banneke startete ihr Geschäft mit 240 Mark.
„Wenn meine Mutter den Laden sehen würde, käme sie aus dem Staunen nicht mehr heraus“, sagt Inhaber Werner Faber und zeigt auf die lange Reihe edler Tropfen aus aller Herren Länder, die dicht an dicht in den Regalen des Spirituosenhandels Banneke stehen. Seit über 60 Jahren ist das Geschäft an der Kreuzeskirchstraße eine Institution, die jeder Essener über 18 kennt.
Angefangen hat alles in der Not der Nachkriegzeit – allerdings nicht mit Korn und Pils, sondern mit Süßkram. „Mein Vater ist im Krieg gefallen und meine Mutter musste uns beide irgendwie durchbringen.“ Also versetzte Bernhardine Faber das einzige, was von Wert war („den Fotoapparat von meinem Opa“), und gründete mit 39 Jahren am 3. Mai 1949 mit den 240 D-Mark, die sie für die Kamera bekam, einen mobilen Bonbonhandel: „Sie lieh sich einen Marktstand und verkaufte Klümpkes auf dem Viehofer Platz.“ Auch der elfjährige Werner musste ran: Mit dem Bauchladen stand er regelmäßig vor und im Stadion von Rot-Weiss und auf Jahrmärkten. „Wehe, wenn ich nicht laut genug die Ware angepriesen habe“, erinnert sich der heute 79-Jährige.
Erster fester Laden: Kiosk in Katernberg
Das Kalkül seiner geschäftstüchtigen wie resoluten Mutter ging auf: „Ihr Ziel war es, täglich mindestens 30 Mark umzusetzen um sieben Mark Reingewinn zu machen. Davon konnten wir beide ganz gut leben.“ Nach dem Marktstand kam ein paar Jahre später der erste feste Laden: ein Kiosk in Katernberg. „Das war ein Aufstieg“, sagt Werner Faber und zeigt ein Schwarz-Weiß-Foto, auf dem seine Mutter ernst aus ihrem Büdchen ‘rausschaut. Zeitgleich lernte sie Heinrich Banneke kennen, heiratete ihn und zog mit ihrem Geschäft in ein Ladenlokal an der Rottstraße, das ihrem neuen Mann gehörte.
Bald wurden die Räume zu klein, denn „meine Mutter verkaufte alles, was nicht niet- und nagelfest war“. Von Kurzwaren über Spirituosen, Lebensmittel, Seifenpulver, Hundefutter bis zu Nyltesthemden – Banneke, wie sich der Laden jetzt nannte, war ein typischer Gemischtwarenhandel der 1950er Jahre.
1962 zog Banneke an die Kreuzeskirchstraße 37 und wurde in der Stadt allmählich eine bekannte Adresse. „Bei uns stimmten eben die Preise, da gab es den Doornkaat zwei Mark billiger als sonstwo“, so Faber, der nach einer Ausbildung als Büchsenmacher ins mütterliche Unternehmen einstieg.
Ausbau zum flüssigen Feinkosthandel
Nach dem frühen Tod der Mutter – sie starb mit nur 62 Jahren – übernahm er das Geschäft, schmiss alles außer Spirituosen raus und baute es peu à peu zu dem flüssigen Feinkosthandel aus, für den Banneke bis heute weit über die Essener Grenzen berühmt ist. Russische Oligarchen und sogar Scheichs ließen sich vom wohl kundigsten Alkohol-Importeur der Stadt beraten und kauften für fünfstellige Summen ein.
Natürlich hat Banneke auch schlechtere Zeiten erlebt, zuletzt als das Einkaufszentrum Limbecker Platz gebaut wurde und der Laden hinter einem Bauzaun förmlich verschwand. „Damals riefen Leute an um zu fragen, ob es uns überhaupt noch gibt“, erinnert sich Ehefrau Gabriele Faber. Ein Umzug sei allerdings nie infrage gekommen, denn das Haus ist längst Eigentum, in dem die Familie auch lebt. „Außerdem ist mein Mann ein unverbesserlicher Optimist, für den das Glas immer halb voll ist.“ Selbstverständlich arbeitet Gabriele wie Sohn Fabian mit im Familienunternehmen.
Mit dem Juniorchef zogen Facebook und Youtube ein
Letzterer ist mit seinen 31 Jahren und einem Wirtschaftsstudium jetzt Juniorchef, mit ihm zogen die neuen Medien wie Facebook und Youtube und der Internethandel ein. Einen Generationswechsel gab es auch bei einem Teil der 17 Festangestellten. Vom alten Stamm übrig geblieben ist Brigitte Hohmann, die Banneke seit 1986 die Treue hält und, obwohl längst Rentnerin, immer noch einspringt, wenn sie gebraucht wird. „Als ich hier anfing, hat mich die Vielfalt schier erschlagen“, erzählt sie, „und ich habe gedacht, dass ich es niemals schaffe, die Sorten auseinanderzuhalten.“ Was half, war ein intensives Training: „Frau Hohmann hat alles probiert, sie war vor nichts fies“, sagt der Seniorchef und lacht. Wie seine alte Kraft kann auch er nicht aufhören: Immer noch ist der 79-Jährige der Erste, der kommt und der Letzte, der geht – und das sechs Tage die Woche.