Essen-Südviertel. Die Plattform „Brickspaces“ startet vom Südviertel aus bundesweit durch. In Essen bräuchte es mehr Mut für Neues, finden die Jungunternehmer.
Eigentlich entspricht das Bild dem Klischee: Ein verwinkeltes Kellerbüro, viele junge Menschen, noch mehr Computer, eine Ikea-Couch und ein Kickertisch; das alles gepaart mit einer innovativen Idee und jeder Menge mutigem Unternehmergeist: Mit ihrem Start-up-Unternehmen „Brickspaces“ starten Giannis Paraskevopoulos (26) und Philip Schur (24) zurzeit durch, haben erst in diesem Monat nach Österreich expandiert.
Ausnahmsweise aber spielt diese Erfolgsgeschichte nicht in Berlin, sondern an der Susannastraße mitten im Essener Südviertel. Die beiden Jungunternehmer vermieten in ganz Deutschland so genannte „Pop-Ups“. Hinter dem in den USA und Großbritannien bereits weit verbreiteten Trend steckt die Idee, ungenutzte Geschäftsräume – ganz gleich ob brach liegendes Fabrikgebäude oder leerstehender Friseursalon – zeitlich befristet für eine bestimmte Idee oder ein Projekt zu nutzen. Vermietete „Brickspaces“ den ersten Pop-Up-Store in Hamburg an einen jungen Mützendesigner, so gehören mittlerweile auch Unternehmen wie Black Berry und Olympus zu ihren Kunden. Dabei fungiert das Essener Unternehmen als Vermittler, bringt auf seiner Internetplattform Vermieter und Mieter zusammen. „Es ist egal, ob jemand eine Idee für einen Tag, eine Woche oder einen Monat ausprobieren will: Zum einen wird ein Leerstand überbrückt oder ein ungenutzter Teil der Verkaufsfläche anders bespielt, zum anderen haben Unternehmer, Gastronomen oder Künstler die Gelegenheit, sich auszuprobieren – mitunter in Lagen, die sie sich sonst nicht leisten könnten“, erklärt Philip Schur.
"Wirtschaftsförderung pennt beim Thema Start-ups"
Für ihn und seinen Geschäftspartner habe schnell festgestanden, dass sie ihre Karriere nicht im Schutz eines großen Konzerns aufbauen wollen: Gemeinsam absolvierten Schur und Paraskevopoulos eine duale Ausbildung zum Industriekaufmann bei Hochtief, schlossen parallel ihr BWL-Studium ab. Nach einem Jahr Vorbereitungszeit, dem Erstellen des Businessplans und viel Klinkenputzerei gründeten sie ihr Unternehmen im letzten Jahr, sind seit Januar operativ tätig.
Da sie mit ihrer internetbasierten Idee ortsunabhängig sind, sei die Entscheidung für Essen als Standort eher praktischer Natur: „Giannis kommt aus Bottrop, ich bin in Stoppenberg aufgewachsen. Da lag ein Büro in Essen nahe. Grundsätzlich hat man es aber nicht allzu leicht als Start-up in Essen und dem Ruhrgebiet“, so Schur. So seien sie für Seminare meist ins Rheinland gefahren. „Beim Thema Start-ups pennt die Wirtschaftsförderung hier total“, sagt Schur. Außerdem sei es nicht leicht, gute Praktikanten zu finden, „die meisten jungen Menschen setzen eher auf große Konzerne als ein junges Start-up. Da hat man es in Berlin leichter, Personal zu finden“, sagt Paraskevopoulos.
Die gleiche Zurückhaltung lege die Ruhrregion auch bei Innovationen wie eben der Pop-Up-Idee an den Tag: „In Köln und Düsseldorf wird das gut angenommen, da haben wir viele Geschäftsflächen im Angebot. In Essen ist es aktuell gerade mal eine“, sagt Schur. Dabei ist er vom Potenzial überzeugt. Einkaufsmeilen wie die Kettwiger Straße könnten Leerstände mit Pop-Ups überbrücken: „Schließlich gehört sie zu den Top-Zehn der Einkaufsmeilen in Deutschland.“