Essen.. Ben Van Cauwenbergh zeigt im Aalto-Theater seine Choreografie des Klassikers „Don Quichotte“. Und die soll Tänzern wie Zuschauern Spaß machen
Kaum ein Buch hat so ein künstlerisches Feuer entfacht wie Cervantes’ Roman über den Ritter „Don Quichotte“. Er inspirierte unzählige Künstler im Laufe von rund 400 Jahren zu neuen Werken, darunter Marius Petipa. Der Vater des klassischen Balletts („Nussknacker“) brachte 1869 die perfekt auf Tänzer zugeschnittene Choreografie heraus, die immer wieder neue Blüten trieb. Ben Van Cauwenbergh selbst tanzte die männliche Hauptrolle Basilio in Bern, Luzern und Antwerpen, bevor er Ballettchef wurde und seine erste, klassische Version 2005 am Staatstheater Wiesbaden herauskam. Nun kreierte er die zweite als Ballettkomödie am Aalto-Theater.
Ursprünglich existierte der Ritter nur als Randfigur, die meist Statisten zugedacht war. Ben Van Cauwenbergh erhebt ihn wieder zur Titelfigur und erzählt eine Liebesgeschichte aus seinem Blickwinkel: Vor einem Bücherberg erscheint Don Quichotte die angebetete Dulcinea. In seiner Fantasie glaubt er, sie in der Wirtstochter Kitri zu erkennen und folgt ihr. Die hat ganz andere Probleme und muss - ähnlich wie beim „Romeo und Julia“-Motiv - mit ihrem Geliebten (Basilio) vor einer Zwangsheirat fliehen. Der Rest ist bekannt: Unterschlupf bei den Zigeunern, Kampf des Ritters gegen die Windmühle, Hochzeit der Liebenden.
„Es lustig zu machen, ist mein Ziel“, sagt Ben Van Cauwenbergh über die neue Version und meint damit nicht lächerlich. „Don Quichotte ist für mich eine ernste, belesene Figur, über den die Leute lachen, weil er die Realität nicht registriert.“ Für Komik sorgt zudem das tänzelnde Ross Rosinante , was für die darunter agierenden Statisten mit 25 Kilo auf den Schultern nicht einfach ist, ein Männer-Pas de deux mit Don Quichotte und Sancho Panza oder das Gehabe des Schnösels Gamache, dem Kitri versprochen ist. „Auf die schauspielerischen Szenen lege ich großen Wert wie auf den Tanz“, so Van Cauwenbergh.
Denn legendär ist „Don Quichotte“ für sein technisch hohes Niveau und sein rasantes Tempo, die Drehungen und Sprünge, die Charaktertänze und nicht zuletzt das Hochzeits-Pas de deux. „Das ist nicht nur für Solisten interessant, sondern auch für die Gruppe.“ Doch unendlich viele Variationen wird es nicht zu sehen geben. „Da ist manches bedeutungslos. Ich habe es auf den Punkt gebracht, damit es nicht langweilig wird“, erklärt der Choreograf, den die mitreißende Musik von Ludwig Minkus begeistert. „Dabei kann kein Tänzer still sitzen.“
Die passende Atmosphäre zu den spanisch anmutenden Posen und Tanzstilen gestaltete Dorin Gal. Seine realistischen Bühnenbilder zeigen sich in der abgeblätterten Dorfkulisse, dem südländischen Platz in Barcelona und der Lagerfeuerromantik des fahrenden Volkes. Dazu entstanden in den Werkstätten des Aalto-Theaters opulente, prächtige und traditionell wirkende Kostüme in Seide, Tüll oder Samt. „Manchmal“, sagt Ben Van Cauwenbergh, „braucht man eben ein bisschen Farbe auf der Bühne.“