Essener Süden. Das kaputte Mobiliar wird auf dem ehemaligen Sportplatz am Volkswald zwischengelagert. Warum die Menschen in Heidhausen das scharf kritisieren.
Bürgerinnen und Bürger packen an: Die von der Überschwemmung betroffenen Straßen wurden mit Schippen und Besen gereinigt. Doch nicht nur Schlamm hinterließ die Ruhr: Anwohner mussten aus ihren Häusern haufenweise schrottreifes Mobiliar hinaustragen. Berge von Sperrmüll säumten die Straßen zum Beispiel in Kettwig vor der Brücke. Die sind inzwischen verschwunden. Denn: Auf dem ehemaligen Sportplatz in Heidhausen hat die Stadt ein Zwischenlager eingerichtet. Das ist zwar zeitlich begrenzt und nicht für Privatpersonen – doch in Heidhausen wird bereits Kritik laut.
Landwirte zogen Wohnwagen aus dem Gefahrengebiet
In den sozialen Medien wird kräftig gelästert, dass Kettwig zwar nun sauber dastehe, dafür aber Heidhausen zugemüllt werde. „Aber das ist doch auch nichts Neues, seit Jahren gilt hier Kettwig first und danach der restliche ,Dreck’“, lautet beispielsweise ein sarkastischer Kommentar. Guntmar Kipphardt schüttelt nur den Kopf über solche offenbar durch die Ruhr wieder hochgespülten Ressentiments zwischen den südlichen Essener Stadtteilen. „An anderen Orten kämpfen die Menschen um ihre blanke Existenz nach der Flutkatastrophe“, seufzt der Kettwiger CDU-Ratsherr.
Für ihn zähle, dass die Menschen sich in „unglaublicher Weise“ helfen. Dass etwa die Landwirte der nahen Höfe schnell zur Stelle waren, als auf dem Campingplatz Cammerzell Wohnwagen vor dem sicheren Untergang in den Fluten bewahrt werden mussten. „Da wurden mal eben 40 Wagen umgesetzt“, berichtet Kipphardt, der auf der Werdener Straße selbst kurzfristig die Aufgabe der Verkehrsregelung übernahm.
Einsatz von Baggern sorgte für schnelles Aufräumen
Die Landwirtsfamilie im Brahm, der Kettwiger Baumdienst sowie Gartenbauer Max Boll aus Heiligenhaus waren denn auch dabei, die Essener Entsorgungsbetriebe bei der Bewältigung der Sperrmüll-Berge in Kettwig vor der Brücke zu unterstützen. Kipphardt: „Bei der EBE werden die Stücke einzeln per Hand in den Wagen gehievt. Die anderen hatten Bagger dabei, das ging schneller.“
Gern wären die Helfer gleich nach Karnap und Oberhausen zu den Verbrennungsanlagen gefahren, aber die Kapazitäten sind begrenzt. „Wir sind froh, dass die Bezirksregierung den Platz in Heidhausen freigegeben hat. Die Wohnbebauung ist weiter entfernt. Und es ist nur zeitlich begrenzt.“ Angedacht gewesen waren noch der Messeparkplatz an der Lilienthalstraße oder das Gelände vor dem Seaside Beach .
Jetzt geht es um Schadensermittlung und finanzielle Hilfen
Christian Munz, Anwohner am Mintarder Weg, ist jedenfalls froh, dass die beschädigten Geräte und Möbel aus seinem Keller nicht mehr vor der Tür vor sich hinmodern. „Es wird noch lange dauern, bis wieder tatsächlich Normalität herrscht“, sagt seine Frau Carolin mit Blick auf die vielen Fachwerkhäuser, denen die Ruhr quasi die Substanz entzogen hat. Nachbarin Martina Böker: „Es ist jetzt fast ein bisschen unwirklich, wenn ich wieder in der Wohnung bin. Das muss man alles mal sacken lassen.“
Trotz mancherlei Kritik an Behörden, Elektriker Munz findet, dass in Kettwig schnell Hilfe vor Ort war. Die Freiwillige Feuerwehr hat die Keller ausgepumpt, die Nachbarn haben sich geholfen. Dass sich einige über den abgestellten Strom beschwert haben, kann er gar nicht nachvollziehen. „Denn Strom und Wasser, das ist brandgefährlich.“ Jetzt gehe es darum, Schäden festzustellen – und schnell finanzielle Hilfen zu bekommen.
Guntmar Kipphardt sieht die Politik in der Pflicht, besser Vorsorge zu betreiben. Organisatorisch, technisch: „Bisher gibt es kein Drehbuch für so eine Situation wie in der vergangenen Woche.“
Mobile Schadstoffsammlung der EBE kommt in betroffene Gebiete
Die Müllverbrennungsanlagen in Essen-Karnap und Oberhausen arbeiten auf Hochtouren, können aber den durch die Überflutungen angefallenen Sperrmüll nicht sofort verarbeiten. Die Bezirksregierung Düsseldorf hat der Stadt Essen die Erlaubnis erteilt, Sperrmüll auf der Fläche des ehemaligen Sportplatzes in Heidhausen zwischenzulagern.
Das zeitlich begrenzte Angebot dürfe von Fremdfirmen genutzt werden, die freiwillig bei der Abfuhr der Abfälle helfen, teilen die Entsorgungsbetriebe mit. Das Abladen kann dort allerdings nur nach Rücksprache mit den EBE und nicht von Privatpersonen geschehen.
Zusätzlich wird die mobile Schadstoffsammlung der EBE die betroffenen Gebiete anfahren. Am Dienstag, 27. Juli, wird das Schadstoffmobil zwischen 9 und 13 Uhr im Stadtteil Kettwig (Montebruchstraße 31) stehen.
Recyclinghof Werden ist wieder geöffnet
Der Recyclinghof an der Laupendahler Landstraße ist geöffnet. Die Entsorgungsstation, die in unmittelbarer Nähe zur Ruhr liegt, war am Donnerstag selbst vom Hochwasser überflutet und beschädigt worden, so dass sie kurzfristig geschlossen werden musste. Der EBE-Standort in Werden steht nun wieder zu den gewohnten Öffnungszeiten (Montag, Dienstag, Mittwoch und Freitag von 8 bis 15 Uhr und am Donnerstag von 9 bis 18 Uhr) zur Verfügung. Zurzeit ist die Zufahrt zum Recyclinghof allerdings nur aus Kettwig über die Werdener Straße möglich.