Essen. Die Aufstockung des Eick-Hauses am Willy-Brandt-Platz, dem Tor der Essener Innenstadt, wird kritisch kommentiert. Experten sehen das ganz anders.

Der geplante Glasaufbau auf dem Eick-Haus am Willy-Brandt-Platz hat bei vielen, am Stadtbild interessierten Bürgern ein kritisches Echo ausgelöst, aus der Fachwelt gibt es aber auch Anerkennung. So spricht der Essener Architekt und Architekturhistoriker Peter Brdenk von einem „guten Entwurf“, der Altes und Neues, Schweres und Leichtes mit Bedacht und mit Rücksicht auf die Proportionen kombiniere. „Was hier entsteht ist eine Art Stadtlaterne direkt am Eingang der Innenstadt.“

Schon der Architekt des Eick-Hauses, Georg Metzendorf, wollte eine Aufstockung

Schon der Schöpfer des Eick-Hauses, Georg Metzendorf, plante kaum ein Jahrzehnt nach der Eröffnung diese Aufstockung, der das damals noch existierende Pagodendach zum Opfer gefallen wäre.
Schon der Schöpfer des Eick-Hauses, Georg Metzendorf, plante kaum ein Jahrzehnt nach der Eröffnung diese Aufstockung, der das damals noch existierende Pagodendach zum Opfer gefallen wäre. © Unbekannt | Rainer Metzendorf

Mit dem Entwurf, der als Sieger aus einem Architektenwettbewerb hervorging, habe das Essener Büro „Brüning Rein“ außerdem an Vorstellungen angeknüpft, wie sie schon den Schöpfer des Eick-Hauses, Georg Metzendorf umtrieben. „Schon Metzendorf hatte im Jahr 1924 als Weiterentwicklung seines Gebäudes eine Aufstockung vorgesehen, in exakt der gleichen Höhe wie es jetzt geplant ist“, so Brdenk.

Das charakteristische Pagodendach, das den Bomben des Zweiten Weltkriegs zum Opfer fiel, habe Metzendorf möglicherweise selbst nicht mehr für zeitgemäß gehalten, was allerdings Spekulation bleiben müsse. Der Unterschied zum aktuellen Entwurf: Die Aufstockung hatte nicht gläsern sein sollen, sondern gemauert, wie es den damaligen bautechnischen Möglichkeiten entsprach. Es blieb jedoch bei Skizzen, realisiert wurden sie nie.

Metzendorfs Enkel hält eine Rekonstruktion des Pagodendachs für wenig sinnvoll

Auch der Architekt Rainer Metzendorf, Enkel von Georg Metzendorf und anerkannter Experte für die Arbeiten seines Großvaters, hält den Entwurf für gelungen. Eine Konservierung des denkmalgeschützten Hauses im jetzigen Zustand oder gar eine Rekonstruktion des Pagodendaches hält er weder für angezeigt noch für realistisch. „Jede Stadt hat das Recht, sich zeitgemäß zu entwickeln“, so der 79-Jährige. Die Symbiose aus Stein und Glas, Vergangenheit und Gegenwart passe gut an diese zentrale Stelle der Innenstadt.

Fünf Geschosse aus Glas sollen auf den bestehenden Baukörper des Eick-Hauses kommen - und als Krönung ein Dachgarten.
Fünf Geschosse aus Glas sollen auf den bestehenden Baukörper des Eick-Hauses kommen - und als Krönung ein Dachgarten. © DWI Gruppe, Architekturbüro Brüning Rein | Architekturbüro Brüning Rein

Ähnlich wie Brdenk führt auch Metzendorf an, dass sein 1934 verstorbener Großvater gerade dieses Gebäude mit seinem Neuentwurf an moderne Zeiten anpassen wollte. „Das Eick-Haus war von Anfang an als Wahrzeichen und Blickfang konzipiert.“ Das galt es neu zu interpretieren.

In den 1920er Jahren hatte auch in Deutschland die Ära der Hochhäuser begonnen, der Georg Metzendorf offen gegenüberstand, betont Brdenk. Der Spross einer uralten hessischen Baumeister- und Architektenfamilie wurde zwar berühmt als Schöpfer der „idyllischen“ Margarethenhöhe, er hat aber gerade in seiner Wahlheimat Essen eine Reihe weiterer wichtiger Gebäude geschaffen.

Eick-Haus markiert den Beginn der Reform-Architektur unter Verzicht auf unnötige Verzierungen

Als herausragend gelten dabei die Sparkassenzentrale an der Rathenaustraße und eben das Eick-Haus, das 1915 für das Möbel- und Einrichtungsgeschäft Eick Söhne fertiggestellt wurde und dass außen wie innen ausgesprochen modern wirkte. Für Architekturhistoriker Brdenk markiert das Gebäude „die Anfänge der Reformarchitektur“, die sich den überbordenden Verzierungskitsch der Gründerzeit und des Jugendstils sparte. Gestaltungselemente wie Säulen seien deshalb nur sehr sparsam verwendet worden.

Rainer Metzendorf wirbt für etwas Vertrauen in die Arbeit der Kollegen, die jetzt die Neubaupläne vorlegten. Dem Büro Brüning Rein sei es gelungen, sich in die Schöpfung seines Großvaters hineinzudenken und diese zeitgemäß weiterzuentwickeln. Eine aufwendige Rekonstruktion des Pagodendachs dürfte schon an den finanziellen Möglichkeiten scheitern, zumal dieses Dach nicht oder nur schwer nutzbar sei. Der Hauseigentümer und Investor habe daran vermutlich kein Interesse, der Denkmalschutz und die Stadt Essen könnten es ebenfalls nicht leisten. „Von einer Rekonstruktion kann man vielleicht träumen, aber sie ist irreal.“

Ein Detail allerdings hält Metzendorf für verbesserungsfähig: Das alte Eickhaus habe an der Gebäudekante Vor- und Rücksprünge, der neue Glaskörper setze auf der äußeren Kante auf. „Wenn er auf die innere Bezug nähme, käme er in der Proportionierung alt versus neu geschmeidiger daher.“