Essen. Stefan Keuter hat die Provokationen als Abgeordneter schadlos überlebt und orientiert sich nun neu. Serie Essener Kandidaten zur Bundestagswahl.
Den wichtigsten Tipp hat er gleich mit aufs Wahlplakat drucken lassen: „In der Wahlkabine bist du alleine“. Das mag manch einer als Hinweis an all jene sehen, die nicht nur ihre Zuneigung zur „AfD“, sondern lieber auch die zu einem Politiker verheimlichen, der in vier Parlaments-Jahren wie kaum ein anderer Widerspruch provoziert hat.
Doch ob Nazi-Bildchen per WhatsApp oder ein Haftbefehl wegen unbezahlter Außenstände, eine Strafanzeige wegen Volksverhetzung, haltlose Verdächtigungen gegen Ex-Mitarbeiter oder dubiose Russland-Kontakte – an Stefan Keuter ist all dies abgeperlt wie heißes Fett an einer Teflon-Pfanne.
Für ihn selbst, das betonte er dieser Tage noch einmal in einem Telefonat mit dieser Zeitung, waren das eh nur medial konstruierte Anwürfe, er ist sich selbst jedenfalls keiner Schuld bewusst. Das sehen selbst in seinem Essener Kreisverband viele anders, aber dort und erst recht in Wahlkampfzeiten mag sich niemand mehr verkämpfen, zumal Keuter, einst Finanzjongleur bei Start-Ups und Schuhimporteur, durch eine Absprache beim Nominierungs-Parteitag der relativ sichere NRW-Listenplatz 12 quasi in den Schoß fiel.
Entwicklungszusammenarbeit statt Finanzen als neuer Themen-Schwerpunkt
Hinzu kommt, dass Keuter keine neuen Skandale mehr auslöste und seine Finanzen offenbar Zug um Zug in Ordnung brachte. Vielleicht gelingt ihm nun, was er gerne früher gehabt hätte: Dass man sich bei ihm als eloquenten Redner eher an politische Positionen zu Migrations-Kosten oder „Soli“-Abschaffung erinnert oder an die Arbeit im U-Ausschuss Breitscheidplatz als an diverse Eskapaden. Er sei „immer schon“ grundseriös gewesen, versichert Keuter, und gibt sich angesprochen auf Wahlumfragen oder den Richtungsstreit in der AfD zurückhaltend.
Neuer Bundestag, neue Aufgaben: Vielleicht zieht es ihn weg vom Finanz-Thema, hin zur Entwicklungs-Zusammenarbeit, „das könnte ich mir durchaus vorstellen“. Ein Thema, das ihm fast in die Wiege gelegt worden wäre, denn die Eltern wollten vor 50 Jahren in die Entwicklungshilfe gehen. Und Keuter wäre, wie er jüngst in einem Interview verriet, „fast in Ghana geboren worden“. Interessante Vorstellung. (woki)