Essen. Essens Spezialchemie-Konzern fährt seine ganz eigene Linie und steht ausdrücklich zu seinen Parteispenden. Doch auch da ist jetzt der Virus drin.

Die dicken Überweisungen aus Essen, sie kommen stets passend zur Erntezeit im Herbst: Wie abgeschütteltes Laub trudeln dann Zehntausende Euro des Spezialchemie-Konzerns Evonik auf den Konten der großen Parteien ein und bei zweien von ihnen gleich so viel, dass prompt eine Sondermeldung ans Präsidium des Bundestags fällig wird. Jetzt aber ist auch hier der Virus drin, zum zweiten Mal in Folge: Corona wegen hat Evonik seine Spenden halbiert.

In den beiden vergangenen Jahren flossen also „nur“ noch je 45.000 statt 90.000 Euro für die CDU, und jeweils 40.000 statt 80.000 Euro für die SPD, was in beiden Fällen die sonst übliche Sofortmeldung ersparte. Diese beginnt erst oberhalb von 50.000 Euro und wird von manchen Unternehmen gern hauchdünn unterschritten, damit sie allenfalls in den mit zwei Jahre Verspätung auftauchenden Rechenschaftsberichten der Parteien als Spender aufgeführt werden.

Evonik ist der vielleicht letzte Großkonzern der Republik, der an Parteien spendet

Bei Evonik kennt man diese Scheu nicht, im Gegenteil: Als vielleicht letzter Großkonzern der Republik steht man hier zu seinen Parteispenden, die als „Spenden für die Demokratie“ begriffen werden, während ringsum sämtliche Zahlungen längst eingestellt sind: RWE und Eon schlossen ihre Schatulle 2009, die Funke Mediengruppe überwies letztmalig 2014, Thyssenkrupp machte sie gleich gar nicht erst auf, und nur der Aluminium-Hersteller Trimet, seit Jahren der CDU verbunden, reihte sich mit zuletzt 12.500 Euro (2019) in die bereits veröffentlichten Spenderlisten ein.

Wie die Parteien sich finanzieren

Die politischen Parteien finanzieren sich durch Mitgliedsbeiträge, Abgaben der Mandatsträger und Spenden – und nicht zuletzt durch den Staat, der noch was drauflegt. So gehen die Voten, die eine Partei bei Europa-, Bundestags- und Landtagswahlen auf sich vereinigt, auf ein gemeinsames „Wählerstimmenkonto“, das sich mit unterschiedlichen staatlichen Zuschussbeträgen je Stimme auszahlt. Auch für private Spenden legt der Staat noch was drauf, nicht aber für Spenden juristischer Personen. Berücksichtigt werden die Stimmen aber nur bei einem Mindestwahlergebnis von 0,5 Prozent bei Bundestags- und Europawahlen und 1,0 Prozent bei Landtagswahlen. Für 2020 profitieren dadurch auch diverse, aber nicht alle kleinen Parteien.

Beträge in ähnlicher Größenordnung, dies nur zur Einordnung, steuert auch mancher Landtags- oder Bundestagsabgeordnete bei, allen voran Kai Gehring von den Grünen, der seit 2006 jährlich im Schnitt 20.000 Euro in die Parteikasse lotst. Das ist die Summe, die die FDP wie auch die Grünen seit einigen Jahren auch von Evonik erhalten, wobei Letztere die Spende wegen eines Buchungsfehlers im jüngsten Rechenschaftsbericht nicht aufführten. Laut Bundes-Grünen ist die Panne inzwischen korrigiert.

Linke und AfD gehen bei den Evonik-Spenden weiter leer aus

Linke und AfD wurden von Evonik bis dato nicht bedacht, und dabei soll es, so wird versichert, auch bleiben. Noch nicht entschieden hat man hingegen in der Konzernzentrale, wie viel Spendenfreude man im dritten Virus-Jahr entwickelt. Die „wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie“, die als Spenden-Dämpfer angeführt werden, dürften jedenfalls auch 2022 spürbar sein. Ein entsprechender Vorstandsbeschluss werde wohl frühestens im Herbst fallen, hieß es in diesen Tagen auf Nachfrage.

Das gilt auch für die Frage, ob die Gewichtsverlagerung der einst großen Volksparteien hin zu den etwas kleineren politischen Kontrahenten Auswirkungen zeitigt und Grünen oder FDP demnächst womöglich mehr Geld einbringt.