Essen. Bald gilt auch für das Krankenhauspersonal die Impfpflicht. Ungeimpften drohen Tätigkeitsverbote. Für Essens Kliniken wäre das ein harter Verlust.

Knapp zwei Jahre nach Beginn der Corona-Pandemie schwanken die Impfquoten in den Essener Krankenhäusern zwischen 86 und 96 Prozent. Und hinter den fehlenden Prozenten stehen Hunderte von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Sie müssen sich jetzt impfen lassen – oder in letzter Konsequenz über einen Berufswechsel nachdenken. Denn ab 16. März gilt eine einrichtungsbezogene Impfpflicht, die eine vollständige Corona-Impfung von Personal in Pflege und Gesundheitswesen vorschreibt.

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„Wir arbeiten mit Herz, nicht mit Impfpflicht“ – so stand es dieser Tage auf den Plakaten demonstrierender Pflegekräfte. Und so müssen sich auch Essens Kliniken nun darauf vorbereiten, ab März Fachkräfte zu verlieren. In den beiden Krupp-Krankenhäusern in Rüttenscheid und Steele lässt sich aber auch schon ein positiver Effekt der Impfpflicht beobachten: „Einige Mitarbeiter haben mittlerweile signalisiert, dass sie sich impfen lassen werden“, sagt Sprecherin Hille Ahuis.

Essens Krankenhäuser rechnen mit Personalausfällen

Schon jetzt hat „Krupp“ eine hohe Impfquote von 95 Prozent. Im Fokus stehen nun die verbleibenden fünf Prozent: „Die Vorgesetzten sind von uns gebeten worden, die Impfnachweise zu kontrollieren und aktuell die Nichtgeimpften in Einzelgesprächen auf die neue Pflicht und die Konsequenzen hinzuweisen“, erklärt Ahuis. Das verschaffe auch „einen guten Eindruck, wie viele Mitarbeiter in einzelnen Bereichen ab dem 16. März ggf. nicht zur Verfügung stehen“ und ermögliche vorausschauend eine alternative Personalplanung.

„Auch wenn die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in unseren Krankenhäusern zu deutlich über 90 Prozent geimpft sind, könnte es nach Umsetzung des Gesetzes vereinzelt zu Personalausfällen kommen“, sagt auch Thomas Kalhöfer als Sprecher der Contilia. Bei dem großen Krankenhausträger geht es um 5000 Beschäftigte; zehn Prozent Ungeimpfte entsprechen 500 Kräften. Erfasst wird die Impfquote bei der Contilia jetzt digital über ein System, das ursprünglich für Pflichtschulungen eingerichtet wurde. Hier können Beschäftigte jetzt ohne großen Aufwand ihren Impfstatus übermitteln.

Ungeimpfte müssen mit Verlust des Arbeitsplatzes rechnen

Wenn im März Personal wegen der Impfpflicht ausfallen sollte, wäre das „eine zusätzliche Belastung für ein Gesundheitssystem, in dem alle Mitarbeiter dringend gebraucht werden“, betont Kalhöfer. Andererseits habe es zuletzt regelmäßig krankheits- und quarantäne-bedingt größere Ausfälle gegeben, die damit verbundene Herausforderung sei also nicht völlig neu.

Die einrichtungsbezogene Impfpflicht

Bis zum 15. März müssen Beschäftigte von Krankenhäusern, Pflegeheimen, Rettungsdiensten und Arztpraxen ihrem Arbeitgeber gegenüber nachweisen, dass sie vollständig gegen Corona geimpft sind. Wer keinen Nachweis erbringt, soll laut Bundesgesundheitsministerium ans Gesundheitsamt gemeldet werden. Im Gesetz heißt es: „Das Gesundheitsamt wird den Fall untersuchen und die Person zur Vorlage des entsprechenden Nachweises auffordern. Wenn kein entsprechender Nachweis vorgelegt wird, kann das Gesundheitsamt der betroffenen Person gegenüber ein Betretungs- bzw. Tätigkeitsverbot [...] aussprechen.“

Das dürfte auch für die Evangelischen Kliniken Essen-Mitte (KEM) mit ihren drei Häusern gelten. Hier liegt die Impfquote bei 86 Prozent, bei Kräften mit direktem Patientenkontakt sind es 92 Prozent. Der Gesetzgeber macht hier allerdings keinen Unterschied: Die Impfpflicht gilt auch für Reinigungskräfte oder Küchenpersonal. Das Gesetz gibt den Arbeitgebern ein Auskunftsrecht, von dem die KEM schon Gebrauch gemacht haben: Demnach müssten 170 Beschäftigte noch eine Impfung nachweisen.

Ob die Ungeimpften mit Hausverbot, Abmahnung oder Kündigung rechnen müssen, mag KEM-Sprecherin Franziska Schröder nicht beantworten. Man warte auf die Ausführungsbestimmungen von Land und Gesundheitsamt und stimme sich im Übrigen eng mit den anderen Krankenhäusern in der Stadt ab. Ähnlich äußern sich Contilia und Krupp.

Allein die Uniklinik beschreibt die vorgesehenen Sanktionen schon deutlich: Wenn Mitarbeiter ihren Impfnachweis nicht fristgerecht vorlegen, melde man sie ans Gesundheitsamt, das den Fall prüfe und die weitere Beschäftigung untersagen könne – womit die Vergütung entfalle. „Im Regelfall wird ein ausgesprochenes Beschäftigungsverbot mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses verbunden sein“, kündigt der Ärztliche Direktor der Uniklinik, Prof. Dr. Jochen A. Werner, an. Der Verlust jeder einzelnen Stelle wäre schmerzlich.

Chef der Uniklinik Essen befürwortet die Impfpflicht

Auch wenn die Uniklinik angesichts eines überdurchschnittlichen Personalschlüssels und einer hohen Impfquote von 96 Prozent gut aufgestellt sei, arbeite man nun mit Informations- und Impfangeboten daran, möglichst alle Mitarbeiter halten zu können. Bei 10.000 Beschäftigten geht es schließlich um 400 noch Ungeimpfte.

Während sich die anderen Träger nicht zum Sinn der Impfpflicht äußern mögen, ist Prof. Werner trotz der problematischen Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte ein Befürworter: „In der Abwägung wiegt die Verantwortung für unsere Patienten sowie für unsere Mitarbeiter schwerer.“ Die Uniklinik habe sich daher schon im November 2021 entschieden, nur noch geimpftes Personal einzustellen.