Essen-Burgaltendorf. Es ähnelt einem Rasenmäher, ist aber ein Bodenradar: Damit untersuchen Experten nun Essener Bodendenkmäler. Erste Funde gibt es.

Auf den ersten Blick sieht es so aus, als schiebe Marten Stübs einen Rasenmäher über das Gelände der Burg in Burgaltendorf, wo gar kein Gras wächst. Tatsächlich aber ist es ein Bodenradar, mit dem er in den Boden blickt, Strukturen, Mauerreste, Scherben, einen Brunnen sowie eine mögliche Wasserleitung unter der Oberfläche entdeckt – und vielleicht auch eine Sensation.

Marten Stübs ist Mitarbeiter beim städtischen Amt für Geoinformation, Vermessung und Kataster – und Experte für Böden und Burgen. Untersucht er üblicherweise den Zustand von Brücken oder Leitungen unter dem Straßenbelag, kümmert er sich nun drei Tage lang um archäologische Funde und Fragen in Burgaltendorf. Die Untersuchung von Bodendenkmälern mit dem Radar beruht auf einer Kooperation mit der Stadtarchäologie, die in Essen erstmals stattfindet und ein Jahr lang läuft.

Als Fachmann entdeckt er Mauerreste, Fußböden und eine Menge Nägel und Schrauben

So kommen zwei Fachbereiche zusammen, die eigentlich zwei unterschiedliche Schwerpunkte haben. Und sollte sich jemand wundern, dass die Mitarbeiter, die sich sonst etwa mit der Statik von Bauwerken und mit Altlasten befassen, nun Zeit für Burgen haben, dem sagt Martin Krückhans, Leiter des Amtes für Geoinformation, Vermessung und Kataster: „Es ist ein offizieller Auftrag, wir sind interne Dienstleister.“

Der Heimat- und Burgverein Burgaltendorf

Der Heimat- und Burgverein Burgaltendorf kümmert sich seit 1950 um die Burg. Die Mitglieder haben die Pflege und Instandhaltung der Burganlage im Blick und machen sie auch zum Ort für kleinere und größere Veranstaltungen – alles ehrenamtlich.So finden rund um die Burg etwa das Burgfest der Vereine und das Ritterfest Burg Altendorf statt.Der HBV hat rund. Weitere Infos: https://hbv-burgaltendorf.de/

in spannender Auftrag, wie Marten Stübs findet. Dafür hat er sich die Burg, die Vorburg und auch das Gelände drumherum angeschaut, ist es abgelaufen von Ost nach West und dann von Nord nach Süd, den Blick auf den Bildschirm des Bodenradars gerichtet. Zuvor hat er recherchiert, hat Bilder und Karten gesichtet. Nun sieht er auf dem Bildschirm Punktewolken, wie er sie nennt, und entdeckt als Fachmann darin Mauerreste, Fußböden und eine Menge Nägel und Schrauben.

Hinweise darauf, dass die Burg doch eine Wasserburg ist

„Nur ein Schild hängt nicht dran, aus welcher Zeit sie stammen“, sagt er lächelnd. Sie könnten demnach seit der Romanik oder auch der Renaissance dort liegen, ein Römer könnte ebenso etwas fallen gelassen haben wie ein Bauarbeiter aus der viel jüngeren Zeit. Interessanter aber sind ganz andere Entdeckungen, die Marten Stübs gemacht hat. Dazu zählen ein Brunnen (vielleicht romanisch) im Bereich der Vorburg und eine nasse Stelle im Außenbereich, die auf eine Wasserleitung hindeutet. Was vielleicht unspektakulär klingt, könnte darauf hinweisen, dass die Burg doch eine Wasserburg ist – eine der bislang ungeklärten Fragen.

Auf dem Bildschirm des Bodenradars erkennt der Laie Punkte, Fachmann Marten Stübs sieht hier einen alten Brunnen.
Auf dem Bildschirm des Bodenradars erkennt der Laie Punkte, Fachmann Marten Stübs sieht hier einen alten Brunnen. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Das Wichtigste, was Marten Stübs nun herausgefunden haben könnte: Im Bereich der heutigen Vorburg könnte einst die Burg selbst gestanden haben. „Damit hätte unsere heutige Burg einen Vorgänger gehabt“, staunt Rolf Siepmann, Vorsitzender des Heimat- und Burgvereins, über den möglichen Fund, der auch eine frühere Besiedlung des Stadtteils bedeuten und diese möglicherweise bestätigen könnte.

„Denn wir wissen viel zu wenig über unsere Burg“, findet er und ist daher erfreut über den Start des Projektes in Burgaltendorf. So seien ihnen keine Dokumente bekannt, „die belegen, wer die Burg Altendorf wann und warum an dieser Stelle gebaut hat“, sagt Siepmann. Die Bauzeit der Burg wird laut Stadt in die zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts datiert. Zur Besiedlung Burgaltendorfs heißt es wiederum: In einer Urkunde von 1166 wird eine „villa Aldendorpe“ genannt. Und 2021 gab es sogar Funde aus der Jungsteinzeit. , das , die zuletzt zum Kreis Ennepe-Ruhr gehörte, als einer der letzten Stadtteile in die Stadt Essen eingemeindetdas seit 1970 als Stadtteil zu Essen gehört

Weitere Bodendenkmäler werden in Essen untersucht

Zur Historie Burgaltendorfs gehört, dass die Gemeinde Altendorf / Ruhr, die zuletzt zum Kreis Ennepe-Ruhr gehörte, als einer der letzten Stadtteile 1970 in die Stadt Essen eingemeindet wurde. Zur Geschichte der Burg zählt, dass sie seit dem Mittelalter mehrfach um- und ausgebaut sowie renoviert wurde. „Zerstörung und Verfall der Anlage geschahen erst ab dem 19. Jahrhundert“, haben die Heimatforscher in einer Broschüre notiert. Um 1850 kauften dann zwei reiche Bauern die Burg, nutzten sie erst als Steinbruch, bevor sie das Bauwerk an die Gemeinde übergaben. „Die Burgmauern verfielen, der Wohnturm überwucherte fast vollständig mit Efeu“, heißt es weiter.

Dann kam Ende der 1960er Jahre die Buddel-AG und legte die Burg wieder frei, es waren Hattinger Kinder und Jugendliche eines Jungengymnasiums. Beteiligt war ein Oberstudiendirektor, der die Funde nach damaligem Wissen archäologisch analysiert habe. „Wissenschaftlich systematische oder umfassend bauhistorische Untersuchungen gab es bislang nicht“, sagt Siepmann, der sich jetzt schon über die neuen Erkenntnisse freut, da es bislang zwar Forschung in Büchern gebe, aber das sei halt Archäologie ohne Spaten.

Sie stellen das neue Projekt vor: v.li. Rolf Siepmann (Burg und Heimatverein), Marten Stübs und Martin Krückhans (Amt für Geoinformation, Vermessung und Kataster) sowie Stadtarchäologe Johannes Müller-Kissing mit dem Bodenradar.
Sie stellen das neue Projekt vor: v.li. Rolf Siepmann (Burg und Heimatverein), Marten Stübs und Martin Krückhans (Amt für Geoinformation, Vermessung und Kataster) sowie Stadtarchäologe Johannes Müller-Kissing mit dem Bodenradar. © Sagan | Bild

Von Grabungen möchte nun allerdings auch Stadtarchäologe Johannes Müller-Kissing vorerst lieber die Finger lassen. Bei den heutigen Methoden könnten Befunde eher beschädigt werden. So sollen die aktuellen Ergebnisse zunächst ausgewertet und dann Forschern zur Verfügung gestellt werden. Sollte es in dem Bereich aber Bauarbeiten geben, könnte man durchaus etwa den Brunnen freilegen. Möglich wären Grabungen auch mit einem klaren Forschungsauftrag. Aber selbst dann stelle sich die Frage, wer diese übernehme und wer dafür zahle.

Also bleibt es derzeit bei den Ergebnissen, die der Bodenradar auf Bildern zutage gefördert hat und die Rolf Siepmann mit Blick auf eine mögliche, frühere Burg jetzt schon eine Sensation nennt. Zu welchem weiteren Bodendenkmal es nun mit dem Spezialgerät weitergeht, das verrät der Stadtarchäologe noch nicht.